Entscheidungsstichwort (Thema)

Promotionsstudium einer Diplompsychologin als kindergeldrechtliche Berufsausbildung. Familienleistungsausgleich

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bereitet sich die Tochter nach dem Studienabschluss ernsthaft und nachhaltig auf die Promotion vor, befindet sie sich auch dann weiter in Berufsausbildung, wenn sie während dieser Zeit Teilzeit-Arbeitsverträge als wissenschaftliche Hilfskraft an der Universität mit bis zu 50 % der regulären Arbeitszeit eingeht, die ihr genügend Zeit für eine nachhaltige Promotionsvorbereitung lassen.

2. Zum Ausschluss des Kindergeldanspruchs bei einer Vollzeiterwerbstätigkeit des Kindes sowie zur Abgrenzung von Halbtagstätigkeit und Nebenjobs.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a, S. 2, § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin Kindergeld für ihre Tochter A. für den Zeitraum 01.01.2000 bis 31.03.2000 zusteht.

Die Klägerin bezog laufend Kindergeld für ihre am 13.09.1975 geborene Tochter. Diese studierte an der Technischen Universität D. Psychologie. Am 20.03.2000 schloss sie ihr Studium als Diplompsychologin ab. Seit dem 01.04.2000 ist sie im Promotionsstudiengang Psychologie eingeschrieben.

Vom 01.04.2000 bis 30.06.2000 war A. an der Universität als wissenschaftliche Hilfskraft mit einer durchschnittlichen monatlichen Arbeitszeit von zunächst 70 Stunden (April), dann 82,5 Stunden beschäftigt.

Mit Wirkung vom 01.07.2000 wurde die Tochter am Institut für Pädagogische Psychologie und Entwicklungspsychologie als wissenschaftliche Mitarbeiterin mit der Besoldungsgruppe BAT-O II a und einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden angestellt. Zu den laut Arbeitsvertrag vereinbarten Arbeitsaufgaben gehörte unter anderem die „Forschung zur eigenen wissenschaftlichen Weiterqualifikation (Promotion)” mit einem zeitlichen Umfang von 40 % der Arbeitszeit. Das Arbeitsverhältnis war bis zum 30.06.2002 befristet; als sachlicher Grund für die Befristung wurde die „Erbringung von Dienstleistungen nach § 50 SächsHG zur Weiterbildung als wissenschaftlicher (…) Nachwuchs oder zur beruflichen Aus-, Fort- oder Weiterbildung (§ 57 b Abs. 2 Nr. 1 HRG)” angegeben.

Diese Tätigkeiten setzten ein abgeschlossenes Studium voraus (Diplomzeugnis).

Aus der Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin sowie aus vorangegangenen Beschäftigungen als studentische bzw. wissenschaftliche Hilfskraft erzielte die Tochter im Jahr 2000 Einnahmen in Höhe von 20.698,10 DM.

Der Beklagte errechnete aus diesen Einnahmen und berücksichtigten Werbungskosten in Höhe von 4.219,42 DM Einkünfte in Höhe von 16.478,68 DM im Kalenderjahr 2000 und hob mit Bescheid vom 27.06.2001 die Kindergeldfestsetzung für A. wegen Überschreitung der maßgeblichen Einkommensgrenze von 13.500,- DM ab 01.01.2000 auf.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat die Klägerin Klage zum Sächsischen Finanzgericht erhoben, mit der sie die Zuerkennung eines Anspruchs auf Kindergeld für A. bis zum 31.03.2000 begehrt.

Bei der Tätigkeit der Tochter als wissenschaftliche Mitarbeiterin handele es sich weder um ein Studium noch um einen anderen Teil einer Berufsausbildung, sondern um eine berufliche Tätigkeit, die lediglich die Möglichkeit biete, sich unter anderem auf die Promotion vorzubereiten. Die Doktorarbeit werde neben der beruflichen Beschäftigung geschrieben. Der Ausbildungsanteil (d. h. der Anteil der eigenen wissenschaftlichen Weiterqualifikation) an der von der Tochter ausgeübten Tätigkeit sei mit acht Wochenstunden so gering, dass er nicht prägend für das Dienstverhältnis sei. Die vorangegangenen Arbeitsverträge als wissenschaftliche Hilfskraft hätten keinerlei Ausbildungscharakter gehabt; darin unterscheide sich der Streitfall auch von dem Sachverhalt, der dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 09.06.1999, VI R 92/98, zugrunde gelegen habe.

Das Promotionsstudium sei nicht zur Berufsausbildung der Tochter erforderlich, diese sei vielmehr mit dem Erwerb des Diploms abgeschlossen. Dies ergebe sich schon daraus, dass für den Einsatz als wissenschaftliche Hilfskraft/wissenschaftliche Mitarbeiterin lediglich ein Diplomzeugnis und nicht etwa die Promotion gefordert werde. Die Erlangung des Doktorgrades stelle nur eine Weiterqualifizierung innerhalb des erlernten Berufes dar. Sie sei eine wissenschaftliche Dienstaufgabe der Tochter im Rahmen ihrer Beschäftigung an der Professur.

Folglich habe sich die Tochter nur bis zum 31.03.2000 in Ausbildung befunden. Da in diesem Zeitraum keine Einkünfte und Bezüge erzielt worden seien, sei Kindergeld für die Zeit bis zum 31.03.2000 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Bescheid vom 27.06.2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.11.2001 dahingehend abzuändern, dass die Kindergeldfestsetzung für das Kind A. erst ab dem 01.04.2000 aufgehoben wird;

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die To...

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