Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung von Bring- und Abholfahrten der Eltern bei der Ermittlung der für den Ausbildungsfreibetrag relevanten Einkünfte und Bezüge des auswärts untergebrachten Kindes

 

Leitsatz (redaktionell)

Aufwendungen für Familienheimfahrten des zur Berufsausbildung auswärts untergebrachten Kindes können auch dann bei der Ermittlung der für die Kürzung des Ausbildungsfreibetrags relevanten „Einkünfte und Bezüge” des Kindes in Höhe der Kilometerpauschale als Werbungskosten abgezogen werden, wenn die Eltern das Kind mit ihrem Auto an den Wochenenden jeweils am Ausbildungsort abgeholt und nach dem Wochenende wieder an den Ausbildungsort zurückgefahren haben; insoweit ist unerheblich, wer das Fahrzeug tatsächlich gelenkt hat (Ausführungen zur Nutzungsüberlassung i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 4 Buchst. a EStG 1999).

 

Normenkette

EStG 1999 § 33a Abs. 2 Sätze 1-2, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 Sätze 4-5, Nr. 4 S. 4 Buchst.a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.11.2009; Aktenzeichen VI R 59/07)

BFH (Urteil vom 12.11.2009; Aktenzeichen VI R 59/07)

 

Tenor

Der geänderte Einkommensteuerbescheid 1999 vom 02.09.2005 wird dahingehend geändert, dass der Ausbildungsfreibetrag nach § 33 a Abs. 2 Sätze 1 und 2 EinkommensteuergesetzEStG – i.H.v. 779 DM berücksichtigt wird.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe des verbleibenden Ausbildungsfreibetrages für das Kind M. nach Berücksichtigung der eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes gemäß § 33 a Abs. 2 Satz 2 EStG.

Die Kläger werden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Ihre Tochter M. befand sich ganzjährig in Berufsausbildung und war auswärtig untergebracht. M. vollendete im April 1999 das 18. Lebensjahr. Neben einer Ausbildungsbeihilfe in Höhe von 3.181 DM erhielt M. eine Ausbildungsvergütung i.H.v. 7.720 DM. Unstreitig entstanden ihr durch die Ausbildung Werbungskosten i.H.v. 2.040 DM für die Wohnung am Ausbildungsort und i.H.v. 65 DM für typische Arbeitskleidung. Die Kläger holten M. für 40 Wochenenden am 80 km entfernten Ausbildungsort ab und brachten sie anschließend wieder dort hin.

Mit ihrer Einkommensteuererklärung 1999 vom 26.05.2000 machten die Kläger die Familienheimfahrten des Kindes M. als Werbungskosten i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Sätze 4 und 5 i.V.m. Nr. 4 Satz 4 Buchst. a EStG bei der Berechnung der eigenen Einkünfte des Kindes gemäß § 33 a Abs. 2 Satz 2 EStG geltend. Mit Einkommensteuerbescheid vom 14.07.2000 berücksichtigte der Beklagte keinen Ausbildungsfreibetrag für M., weil die Werbungskosten des Kindes ohne Nachweis nicht anerkannt werden könnten. Dagegen legten die Kläger am 21.07.2000 Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 24.10.2001 erkannte der Beklagte die Aufwendungen M. für typische Arbeitskleidung und für die Wohnung am Ausbildungsort als Werbungskosten an, hielt die Kosten für die Familienheimfahrten aber weiterhin für nicht berücksichtigungsfähig. Im Ergebnis verblieb es damit dabei, dass nach § 33 a Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG kein Ausbildungsfreibetrag für M. anerkannt und der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Am 15.11.2001 haben die Kläger Klage erhoben.

Sie sind der Auffassung, die Familienheimfahrten seien nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Sätze 4 und 5 i.V.m. Nr. 4 Satz 4 Buchst. a EStG als Werbungskosten des Kindes M. zu berücksichtigten, weil ein „zur Nutzung überlassenes Kraftfahrzeug” auch ein solches sei, das unentgeltlich zur Verfügung gestellt werde. Der Werbungskostenabzug werde auch nicht dadurch gehindert, dass das Fahrzeug nicht von dem Kind, sondern den Eltern gefahren worden sei.

Nach Hinweis des Berichterstatters auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. Januar 2005 2 BvR 167/02, wonach bei den „Einkünften (…) des Kindes, die zur Bestreitung seines Unterhaltes oder seiner Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind” (§ 33 a Abs. 2 Satz 2 EStG) die Sozialversicherungsbeiträge abzusetzen sind, hat der Beklagte mit geändertem Einkommensteuerbescheid 1999 für die Kläger vom 02.09.2005 die Sozialversicherungsbeiträge des Kindes M. im Streitjahr i.H.v. 1.651 DM berücksichtigt und einen verbleibenden Ausbildungsfreibetrag nach § 33 a Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG i.H.v. 415 DM anerkannt.

Die Kläger beantragen nunmehr sinngemäß,

den geänderten Einkommensteuerbescheid 1999 vom 02.09.2005 dahingehend zu ändern, dass ein Ausbildungsfreibetrag für M. i.H.v. 779 DM berücksichtigt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Für Familienheimfahrten abzugsfähig seien nur die Fahrtkosten mit einem eigenen oder einem zur Nutzung überlassenen Kraftfahrzeug. Die Tochter nutze selbst kein eigenes Kraftfahrzeug. Überlassen heiße, ein Fahrzeug werde einem Dritten...

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