rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterbrechung der Verjährung von Gerichtskosten bei unbekanntem Aufenthalt des Kostenschuldners

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der Unterbrechung der Verjährung einer Gerichtskostenforderung durch Beantragung oder Vornahme gerichtlicher oder behördlicher Vollstreckungshandlungen beginnt auch bei Wiederholung die Verjährung nach jedem An- bzw. Auftrag und jeder Vollstreckungshandlung bzw. -maßnahme neu, und zwar am folgenden Tag; insoweit ist im Übrigen unbeachtlich, in welcher Zeit Vollstreckungsauf- oder -anträge bearbeitet werden, ob oder wann sie zu Vollstreckungsmaßnahmen führen und ob Vollstreckungshandlungen erfolglos bleiben.

2. Dass der an seiner Meldeadresse nicht erreichte oder sich an unbekanntem Ort aufhaltende Schuldner verjährungsrechtlich nicht privilegiert wird, entspricht der gesetzlichen Wertung des § 5 Abs. 3 S. 3 GKG. Deshalb setzt die Verjährungsunterbrechung durch Vollstreckungsanträge oder -handlungen bei den einzuziehenden Gerichtskostenforderungen nicht den vorherigen Zugang der Zahlungsaufforderung und Mahnung beim Kostenschuldner voraus; auch bei einem diesbezüglichen Verstoß bleiben die Verjährungsunterbrechungen durch Vollstreckungsanträge und -handlungen unberührt.

3. Die bei unbekanntem (Wohn-)Aufenthalt des Schuldners an die jeweils letzte Meldeanschrift des Schuldners abgesandten Zahlungsaufforderungen unterbrechen die Verjährung. Dafür ist es nicht erforderlich, dass der Schuldner sich nach unbekannt abgemeldet hat oder von Amts wegen mit unbekannt abgemeldet worden ist, sondern genügen auch Mitteilungen der Post oder andere Erkenntnisse vor Ort, dass der Schuldner an der Wohnadresse unbekannt ist.

 

Normenkette

GKG § 5 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Sätze 1-3; BGB § 212 Abs. 1 Nr. 2, § 214 Abs. 1

 

Tenor

Die aufschiebende Wirkung der Erinnerung gegen die Kostenrechnung vom 18. April 2008 (KSB 615080575807) wird in Höhe des offenen Kostensolls von 167 Euro angeordnet.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist die Verjährung der Gerichtskostenrechnung für das vom Erinnerungsführer in eigener Sache geführte Klageverfahren vom 14. März 2008 (6 K 491/08). Mit als Gerichtsbescheid wirkendem Urteil vom 2. Juli 2008 wies das Gericht die Klage ab und legte dem Erinnerungsführer die Kosten des Verfahrens auf.

Den als Gerichtskosten mit Klageeingang anzusetzenden Betrag von 220 Euro hat das Finanzgericht der Justizkasse übermittelt, den Betrag mit Kassenzeichen 615080575807 am 18. April 2008 zum Soll gestellt und dem Kläger eine entsprechende Rechnung an die in der Klage angegebene Anschrift gesandt. Ein Ausgleich erfolgte nicht. Am 1. Juli 2008 wurde erfolglos der Gerichtsvollzieher mit der Vollstreckung beauftragt. Dieser teilte am 17. Juli 2008 mit, dass der Erinnerungsführer unbekannt verzogen sei. Nach Abschluss des gerichtlichen Verfahrens übersandte die Kostenbeamtin am 15. Oktober 2008 dem Erinnerungsführer eine endgültige Kostenrechnung. Eine Rechnungsstellung und eine Beauftragung des Gerichtsvollziehers am 4. Februar 2009 in Bezug auf eine Adresse in 71282 Hemmingen blieben erfolglos. Die Einwohnermeldeabfrage der Landesjustizkasse ergab eine Anschrift des Erinnerungsführers in Alicante (Spanien). Eine Mahnung nach Spanien vom 16. Juli 2009 kam als „nicht zustellbar” zurück. Im September 2009 wurde die Forderung unbefristet niedergeschlagen, da der Erinnerungsführer sich im Ausland befinden würde. Am 12. August 2013 wurde erneut die Vollstreckung in Höhe des noch offenen Kostensoll von 167 Euro unter der jetzigen Anschrift des Erinnerungsführers versucht. Am 28. Augst 2014 erließ die Landesjustizkasse einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, dem u.a. die offene Forderung zu Grunde liegt. Dagegen wendet sich der Erinnerungsführer und begehrt die aufschiebende Wirkung der Erinnerung nach § 66 Abs. 7 Satz 2 GKG anzuordnen.

Der Erinnerungsführer trägt vor, die Forderungen seien verjährt bzw. unwirksam. Zudem sei nicht das mildeste Mittel angewandt worden und es fehle es an einer Rechtsbehelfsbelehrung.

 

Entscheidungsgründe

II.

Für die Entscheidung, ob die aufschiebende Wirkung der Erinnerung nach § 66 Abs. 7 Satz 2 GKG anzuordnen ist, ist der Einzelrichter zuständig.

Die aufschiebende Wirkung der Erinnerung war anzuordnen, da die Erinnerung erfolgreich sein dürfte.

Die Gerichtskosten sind gemäß § 5 GKG verjährt. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 GKG verjähren Ansprüche auf Zahlung von Kosten in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das Verfahren durch rechtskräftige Entscheidung über die Kosten, durch Vergleich oder in sonstiger Weise beendet ist. Danach hat die Verjährung nach Rücknahme des Antrags auf mündliche Verhandlung mit Ablauf des Jahres 2008 begonnen und wäre frühestens mit Ablauf des Jahres 2012 verjährt, wenn die Verjährung nicht unterbrochen worden wäre.

Gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 GKG wird die Verjährung unterbrochen und beginnt sie neu zu laufen nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB); das heißt gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 2 BGB unter anderem, wenn eine...

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