Entscheidungsstichwort (Thema)

Verjährungsunterbrechung bei unbekanntem Aufenthalt des Schuldners

 

Leitsatz (amtlich)

Bei unbekanntem Aufenthalt des Schuldners muss keine "Unbekannt"-Abmeldung vorliegen, sondern genügen für die Verjährungsunterbrechung von Gerichtskostenforderungen durch die (mit Unbekannt-Vermerk zurückgekommenen) Zahlungsaufforderungen an die letzte Meldeanschrift auch Mitteilungen der Post oder andere Erkenntnisse vor Ort (wie Gebäudeabriss), dass der Schuldner an der - für die Mobiliarvollstreckung interessierenden - Wohnadresse unbekannt ist.

 

Normenkette

BGB § 212; GKG §§ 5, 66; JBeitrO §§ 1, 5, 8

 

Gründe

A.

Streitig ist die Verjährung der Gerichtskostenrechnung für das vom Kläger in eigener Sache geführte Klageverfahren V 135/96 gegen das damalige Finanzamt Hamburg-1 (nachfolgend Finanzamt Hamburg-2).

I.

Die Kosten sind dem Kläger nach übereinstimmender Erledigungserklärung der Beteiligten durch Beschluss vom 12. Dezember 1996 gemäß § 138 Finanzgerichtsordnung (FGO) auferlegt worden (Finanzgerichts-Akte --FG-A-- Vorbl.).

Den als Gerichtskosten anzusetzenden Betrag von 310 DM hat das Finanzgericht der Justizkasse übermittelt. Diese hat den Betrag mit Kassenzeichen XXX am 23. Juni 1997 zum Soll gestellt. Am 24. Juni 1997 hat die Justizkasse dem Kläger die 310 DM berechnet (ab 2002 umgerechnet 158,50 Euro, vgl. FG-A Bl. 10, 29; Justizkasse-Akte --JK-A-- Bl. 286).

Für die Verjährung geht es um deren Unterbrechung im Rahmen zunächst folgender Maßnahmen:

  • 25. August 1997 Mahnung (FG-A Bl. 29).
  • 20. November 1997 Amtsgericht Hamburg-Altona Beschluss zur Durchsuchung der Wohnung an der damaligen Wohn-Meldeanschrift in ... Hamburg mit Beiblatt Forderungsaufstellung vom 04. November 1997. Die spezifizierte Aufstellung über 6.019,75 DM umfasst zugleich 9 weitere offene Forderungen gegen den Schuldner mit Fälligkeiten ab 1995 (JK-A Bl. 24, 28).
  • 28. November 1997 Vollstreckungsauftrag an den Vollziehungsbeamten W zur Mobiliarvollstreckung mit Angabe der Wohn-Meldeanschrift und spezifizierter Aufstellung der Forderungen über 6.019,75 DM (JK-A Bl. 25 ff.).
  • 21. Januar 1998 Vollziehungsbeamter sucht erfolglos die Wohn-Meldeanschrift auf (JK-A Bl. 25).
  • 17. Februar 1998 Vollziehungsbeamter sucht erfolglos die Wohn-Meldeanschrift auf (JK-A Bl. 25).
  • 21. April 1998 Vollziehungsbeamter sucht erfolglos die Wohn-Meldeanschrift auf und beraumt Zwangsöffnungstermin auf 30. April 1998 an (JK-A Bl. 25).
  • 30. April 1998 Zwangsöffnungstermin mit Vermerk des Vollziehungsbeamten: "Schuldner ist unbekannt verzogen." "Das Haus wird z. Zt. abgerissen." Vollziehungsbeamter gibt den Auftrag mit Kosten 48,40 DM zurück. Zuzüglich Schlüsseldienst-Rechnung 82,36 DM (JK-A Bl. 25, 25R, 29).
  • 04. Juni 1998 (zugestellt 6. und 15. Juli 1998) Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen Drittschuldner Rechtsanwalts-Sozietät mit Aufstellung der 10 Forderungen über 6.192,51 DM unter Angabe jeweils von Datum, Kassenzeichen und Betrag der Kostenrechnung (JK-A Bl. 30 ff.).
  • 12. August 1998 mit Fax unter der Faxkennung "RAe H..." und individuell verfasstem Briefkopf des Schuldners mit Büroanschrift rügt dieser, dass die Rechtsanwalts-Sozietät unter der im Beschluss (mit einem Tippfehler) verwendeten Bezeichnung seit 1996 nicht mehr bestehe, und bat er um eine nachvollziehbare Aufschlüsselung der Forderungen (JK-A Bl. 35 f., 45 f.).
  • August 1998 Vollstreckungsauftrag an den Vollziehungsbeamten B zur Mobiliarvollstreckung mit Angabe der Rechtsanwalts-Sozietätsanschrift betreffend andere Forderung wird nach erfolglosen Versuchen vom 7. und 15. September und 26. November 1998 zurückgegeben am 30 November 1998 mit Vermerk: "Schuldner ist Rechtsanwalt. Hier in seinem Büro ist die Vollstreckung aussichtslos" (JK-A Bl. 39).
  • September 1998 Hanseatische Rechtsanwaltskammer bestätigt das Fortbestehen der Anwaltssozietät unter der heute noch verwendeten Bezeichnung (JK-A Bl. 37; vgl. Bezeichnung der Prozessbevollmächtigten im Aktivrubrum).
  • 09. Oktober 1998 Justizkasse übersendet dem Schuldner - unter Bezugnahme auf ohne Reaktion gebliebene Mahnungen und Vollstreckungsversuche - Zweitschriften aller offenen Gerichtskostenrechnungen, die Gegenstand des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses waren (JK-A Bl. 38).
  • Oktober 1999 Meldeanfrage mit Antwort "unbekannt verzogen" (JK-A Bl. 40a)
  • 07. Dezember 1999 Vollstreckungsauftrag an Vollziehungsbeamten B gemäß § 6 Abs. 3 JBeitrO, § 263 GVGA betreffend Aufnahme der noch fehlenden Drittschuldnererklärung der Rechtsanwalts-Sozietät nach Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 04. Juni 1998 (JK-A Bl. 41 f.).
  • 19. Januar 2000, 11.05 Uhr, Vollziehungsbeamter B sucht Rechtsanwalts-Sozietät wegen Abnahme der Drittschuldnererklärung erfolglos auf (JK-A Bl. 42).
  • 20. Januar 2000 Telefonat des Vollziehungsbeamten B mit Rechtsanwalts-Sozietät wegen Drittschuldnererklärung (JK-A Bl. 42).
  • 20. Januar 2000 Fax der Rechtsanwalts-Sozietät mit beigefügtem auf 21. August 1998 datierten Schreiben der Sozietät, dass gepfändete Forderungen nicht bestehen u...

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