Für die Ermittlung des handelsrechtlichen Wertansatzes einer Urlaubsrückstellung gelten die allgemeinen Grundsätze. Die Verpflichtung zur Gewährung von rückständigem Urlaub ist nach § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrags anzusetzen.

Im Fall von Urlaubsrückstellungen ergibt sich ein Erfüllungsrückstand aus der Vorleistung des Arbeitnehmers. Nach handelsrechtlicher Auffassung sind für die Bewertung dieses Erfüllungsrückstands die im Erfüllungsjahr (i. d. R. das Folgejahr) aufzuwendenden "Kosten" des Arbeitgebers zugrunde zu legen, d. h. die bei Nachholung bzw. Abgeltung des Urlaubsanspruchs zu erwartenden Aufwendungen.[1] Demnach ist der Erfüllungsrückstand aus einem individuellen Arbeitsverhältnis in Höhe des Anteils an den "Gesamtaufwendungen des Arbeitgebers zur Erfüllung seiner Verpflichtung aus dem Arbeitsverhältnis" zu bemessen, der auf die Gewährung von rückständigem Jahresurlaub im Jahr der Erfüllung (i. d. R. das Folgejahr) entfällt.

Der auf den Erfüllungsrückstand entfallende Anteil an den "Gesamtaufwendungen des Arbeitgebers zur Erfüllung seiner Verpflichtung aus dem Arbeitsverhältnis" im Erfüllungsjahr ergibt sich aus dem Verhältnis der tatsächlichen Arbeitstage des Arbeitnehmers im Jahr der Erfüllung und den am Bilanzstichtag offenen Resturlaubstagen des Arbeitnehmers.

Rechnerische Wertermittlung des Erfüllungsrückstands aus einem Arbeitsverhältnis:

  • Es wird der "Gesamtaufwand des Arbeitgebers zur Erfüllung seiner Verpflichtung aus dem Arbeitsverhältnis" durch die Anzahl der im Jahr der Erfüllung tatsächlich zu leistenden Arbeitstage des Arbeitnehmers dividiert.
  • Der so ermittelte "Gesamtaufwand des Arbeitgebers zur Erfüllung seiner Verpflichtung aus dem Arbeitsverhältnis" je Tag (= Tageswert Gesamtaufwand des AG) wird mit der Anzahl der offenen Resturlaubstage des Arbeitnehmers multipliziert.
  • Das Ergebnis entspricht dem Wert des Erfüllungsrückstands aus dem jeweiligen Arbeitsverhältnis (Individualberechnung).

Die Berechnung muss im Fall der Individualberechnung für jeden Mitarbeiter mit rückständigem Urlaub durchgeführt werden. Dazu sind für jeden Mitarbeiter folgende Eckdaten/Parameter zu ermitteln:

  • Gesamtaufwand zur Erfüllung der vom Arbeitgeber geschuldeten Leistung aus dem Arbeitsverhältnis;
  • Tatsächlich (zu erwartende) Arbeitstage des Arbeitnehmers im kommenden Geschäftsjahr;
  • Resturlaubstage des Arbeitnehmers.
[1] Vgl. Bertram, in Bertram/Kessler/Müller, Haufe HGB Bilanz Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 249 HGB Rz. 332.

4.1 Ermittlung Gesamtaufwand zur Erfüllung der vom Arbeitgeber geschuldeten Leistung aus dem Arbeitsverhältnis

Für die Bestimmung des "Gesamtaufwands des Arbeitgebers zur Erfüllung seiner Verpflichtung aus dem Arbeitsverhältnis" sind alle Komponenten einzubeziehen, die im Jahr der Erfüllung nach vernünftiger kaufmännischer Schätzung anfallen werden. Dabei gelten die Preisverhältnisse am Abschlussstichtag, wobei zum Abschlussstichtag feststehende zukünftige Erhöhungen (z. B. vereinbarte Tariferhöhungen) einzubeziehen sind.[1]

Der "Gesamtaufwand zur Erfüllung der vom Arbeitgeber zukünftig geschuldeten Leistung aus dem Arbeitsverhältnis" lässt sich wie folgt ermitteln:[2]

 
  Laufend zu erbringende Lohn- und Gehaltsleistung
+

Nebenverpflichtungen des Arbeitgebers, wie z. B.:

  • Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung
  • Unfallversicherung der Berufsgenossenschaft
  • Beitrag zu überbetrieblichen Ausgleichskassen
+ Nebenleistungen, auf die der Arbeitnehmer einen unbedingten Rechtsanspruch hat (z. B. Urlaubsgeld oder 13. Monatsgehalt)
+

Weitere Nebenleistungen:

  • Ist der Anspruch auf Nebenleistungen vom Eintritt zukünftiger Bedingungen abhängig (z. B. Umsatzgrößen), so sind diese in Abhängigkeit von der Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens zu berücksichtigen (z. B. Jubiläumszuwendungen, umsatzabhängige Tantiemen)
  • Nicht zu berücksichtigen sind gewinnabhängige Ansprüche, wie Tantiemen oder Weihnachtsgeldansprüche
+ Periodisierte Anteile solcher Leistungen, die erst später ausbezahlt werden (z. B. Pensionsleistungen)
+ Anteilige Gemeinkosten
= Gesamtaufwand zur Erfüllung der vom Arbeitgeber geschuldeten Leistung aus dem Arbeitsverhältnis
[1] Vgl. IDW, Bilanzsteuerrechtliche Behandlung der Verpflichtung zur Gewährung von Jahresurlaub, WPg 1992, S. 330.
[2] In enger Anlehnung an: IDW, Bilanzsteuerrechtliche Behandlung der Verpflichtung zur Gewährung von Jahresurlaub, WPg 1992, S. 330.

4.2 Ermittlung der tatsächlichen Arbeitstage

Der "Gesamtaufwand zur Erfüllung der vom Arbeitgeber geschuldeten Leistung aus dem Arbeitsverhältnis" ist auf die im Folgejahr tatsächlich zu leistenden Arbeitstage des betrachteten Arbeitnehmers zu verteilen. Von der Gesamtzahl der Arbeitstage werden daher die Urlaubstage ebenso abgezogen wie erwartete Krankheitstage. Damit errechnen sich die Anzahl der tatsächlichen Arbeitstage eines Arbeitnehmers bei einer 5-Tage-Woche wie folgt (beispielhafte Werte):

 
= 52 Wochen × 5 Tage 260 Tage
- abzüglich Feiertage (abhängig vom Bundesland) 10 Tage
- abzüglich Jahresurlaub Folgejahr (z. B. 30 Tage) 30 Tage
- abzüglich erwartete Krankheitstage (z. B. nach dem Durchschnitt der letzten...

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