Leitsatz

Es ist ausgeschlossen, für die Einkünfteermittlung nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG (a.F.) von der aufgrund der Wahlrechtsausübung zu Gunsten des § 4 Abs. 1 EStG steuerrechtlich allein zulässigen Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich abzuweichen und den Gewinn für Zwecke des § 32 Abs. 4 S. 2 EStG a.F. nach abweichenden Grundsätzen zu ermitteln.

 

Sachverhalt

Der im Jahr 1984 geborene Sohn der Klägerin befand sich im Streitjahr 2006 in Ausbildung und es wurde laufend Kindergeld gezahlt. In der Erklärung zu den Einkünften und Bezügen des Sohnes hat die Klägerin negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 12.437 EUR erklärt, welche nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt wurden. Unter Berücksichtigung dieses Verlusts ergaben sich insgesamt Einkünfte und Bezüge des Sohnes in Höhe von 5.158,79 EUR. Die Familienkasse (FK) vertrat die Auffassung, dass die gewerblichen Einkünfte mit lediglich ./. 8.964,15 EUR anzusetzen seien, welche nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelt wurden. Die Einkünfte und Bezüge des Sohnes betrugen danach 8.861,36 EUR. Da der Grenzbetrag von 7.680 EUR damit überschritten war forderte die FK das Kindergeld zurück. Mit ihrer Klage trägt die Klägerin vor, die Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb könne nach § 4 Abs. 3 EStG vorgenommen werden, da der Umstand, dass freiwillig eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG beim Finanzamt eingereicht wurde, die Klägerin nicht daran hindere, die Einkünfte und Bezüge des Sohnes gegenüber der FK nach § 4 Abs. 3 EStG zu berechnen.

 

Entscheidung

Das FG hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen. Der Sohn der Klägerin ermittelte seine Einkünfte aus Gewerbebetrieb für das Streitjahr nach § 4 Abs. 1 EStG. Das Wahlrecht, den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln, hat er nicht wirksam ausgeübt. Von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG können weder der Sohn noch die Klägerin für Zwecke der Kindergeldfestsetzung abrücken und den Gewinn abweichend nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln. Obwohl der ESt-Bescheid kein Grundlagenbescheid für das Kindergeld sei, müsse die FK bei der Einkünfteermittlung aber in materiell-rechtlicher Hinsicht die gewerblichen Einkünfte des Sohnes unter Berücksichtigung der zutreffenden Gewinnermittlungsart berechnen. Dies sei im Streitfall der Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG.

 

Hinweis

Die vom FG zugelassene Revision wurde eingelegt und wird beim BFH unter dem Az. III R 33/12 geführt. In diesem Verfahren muss der BFH die Frage klären, ob hinsichtlich der Ausübung des Wahlrechts eine Bindungswirkung für die Kindergeldfestsetzung besteht. Wegen des Wegfalls der Einkunftsgrenze ab 1.1.2012 ist das Verfahren nur noch für vergleichbare Fälle der Jahre bis einschließlich 2011 von Bedeutung, welche jedoch bis zur Entscheidung durch den BFH mit einem Einspruch offen gehalten werden sollten.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil vom 13.12.2011, 14 K 82/11

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