U1 (Schneider aus Dresden) ist Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG, da er selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht tätig ist, er wird im Rahmen seines Unternehmens tätig. Er führt Lieferungen nach § 3 Abs. 1 UStG aus, da er dem Abnehmer (Zwingli) Verfügungsmacht an den Gegenständen verschafft; da es sich bei der Lieferung von 100 Waschmaschinen nicht um "einen" Gegenstand oder eine Sachgesamtheit handelt, liegen 100 Lieferungen vor. Da die Gegenstände unmittelbar vom ersten Unternehmer in der Reihe zum letzten Abnehmer gelangen, liegt nach § 3 Abs. 6a Satz 1 UStG ein Reihengeschäft vor. Da der erste Unternehmer in der Reihe die Gegenstände befördert, sind die Lieferungen 1 zwischen U1 und U2 die Beförderungslieferungen[1], deren Ort sich nach § 3 Abs. 6 Satz 1 UStG bestimmt. Die Lieferungen sind damit dort ausgeführt, wo die Beförderung beginnt. Der Ort der Lieferung ist damit in Dresden, der Verkauf der Waschmaschinen führt zu steuerbaren Umsätzen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG.

 
Praxis-Tipp

Seit 2020 feste gesetzliche Zuordnungsregelung

Seit dem 1.1.2020 ist es eindeutig gesetzlich geregelt, dass in dem Fall, in dem der erste Unternehmer in der Reihe den Gegenstand befördert oder versendet, immer die erste Lieferung die Beförderungs- oder Versendungslieferung ist. Bis 31.12.2019 entsprach dies aber ohne gesetzliche Absicherung auch der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung.

Die Lieferungen 1 können nicht steuerbefreit sein, da die Gegenstände der Lieferungen nicht aus Deutschland heraus gelangen, die Lieferungen sind steuerpflichtig.

 
Praxis-Tipp

Ausfuhrlieferung setzt körperliches Gelangen in Drittlandsgebiet voraus

Dass der Leistungsempfänger aus der Schweiz kommt, ist für die Prüfung der Steuerpflicht unerheblich. Eine Ausfuhrlieferung kann nur dann vorliegen, wenn die Gegenstände tatsächlich in das Drittlandsgebiet gelangt sind.[2]

U2 (Zwingli aus Zürich) ist ebenfalls Unternehmer nach § 2 Abs. 1 UStG, da er selbstständig, nachhaltig und mit Einnahmeerzielungsabsicht tätig ist. Er wird im Rahmen seines Unternehmens tätig und führt Lieferungen nach § 3 Abs. 1 UStG aus, da er dem Abnehmer (Müller) Verfügungsmacht an den Gegenständen verschafft. Im Rahmen des Reihengeschäfts handelt es sich um die unbewegten Lieferungen, deren Ort sich nach § 3 Abs. 7 Satz 2 UStG bestimmt. Da im vorliegenden Fall die unbewegten Lieferungen nach den bewegten Lieferungen ausgeführt werden, sind die Lieferungen nach § 3 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 UStG dort ausgeführt, wo sich die Gegenstände der Lieferung am Ende der Beförderung befinden. Damit sind die Lieferungen in Freiburg ausgeführt und nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar in Deutschland. Eine Steuerbefreiung für die Lieferungen der Waschmaschinen ist nicht gegeben.

 
Praxis-Tipp

Ausländischer Unternehmer ist Steuerschuldner im Inland

Für die Lieferungen, die der Unternehmer Zwingli aus der Schweiz ausführt, entsteht in Deutschland Umsatzsteuer. Steuerschuldner für die Lieferungen ist nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG der Unternehmer aus der Schweiz. Eine Übertragung der Steuerschuldnerschaft nach § 13b UStG kann in den Fällen einer normalen Lieferung nicht erfolgen.

Da Zwingli in Deutschland steuerbare und steuerpflichtige Umsätze ausführt, für die er die Umsatzsteuer schuldet, muss er sich in Deutschland umsatzsteuerrechtlich erfassen lassen. Zuständig ist für Zwingli das Finanzamt in Konstanz.[3] Die in Deutschland entstehende Umsatzsteuer hat Zwingli in einer ordnungsgemäßen Rechnung gegenüber dem Abnehmer Müller ausweisen.

 
Praxis-Tipp

Ordnungsgemäße Rechnung setzt Registrierung im Inland voraus

Damit die Rechnung von Zwingli aber nach § 14 Abs. 4 UStG ordnungsgemäß ist und bei Müller zum Vorsteuerabzug berechtigt, muss Zwingli in der Rechnung seine (deutsche) Steuernummer oder seine (deutsche) USt-IdNr. angeben – dies setzt die Registrierung und Veranlagung in Deutschland voraus.

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