Leitsatz

Es gibt einleuchtende Sachgründe, die es rechtfertigen, Kapitalerträge aus Gesellschafterdarlehen unter den in § 32d Abs. 2 Nr. 1b EStG näher bezeichneten Voraussetzungen von der Anwendbarkeit des abgeltenden Steuersatzes auszunehmen.

 

Sachverhalt

In seiner Einkommensteuererklärung wies der Steuerpflichtige in Zeile 22 der Anlage KAP 16.320 EUR laufende Einkünfte aus sonstigen Forderungen jeder Art aus, die der tariflichen Einkommensteuer unterliegen. Hierbei handelte es sich um Zinsen aus einem am 2.1.2000 vom Steuerpflichtigen einer GmbH gewährten Darlehen, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er ist. Im Einspruchsverfahren gegen den Einkommensteuerbescheid stellte er die Verfassungsmäßigkeit der Regelung in § 32d Abs. 2 Nr. 1b EStG in Frage und verwies auf die Möglichkeit, missbräuchliche Gestaltungen über § 42 AO tariflich zu besteuern. Aufgrund der Tatsache, dass er zufälligerweise an der GmbH, der er ein Darlehen gewährt habe, beteiligt sei, werde er schlechter gestellt als ein fremder Dritter oder Darlehensgeber, der zu weniger als 10 % an der darlehensempfangenden GmbH beteiligt wäre. Der persönliche Steuersatz des Steuerpflichtigen lag im Streitjahr über 25 %.

 

Entscheidung

Das FG wies die Klage ab und bestätigte die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelung. Der Abgeltungssteuersatz soll dazu beitragen, die Attraktivität und die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Finanzplatzes zu verbessern, um den Kapitalabfluss ins Ausland zu bremsen. Dagegen sollten mit dem Abgeltungssteuersatz keine Anreize dafür geschaffen werden, Eigenkapital in die privilegiert besteuerte private Anlageebene zu verlagern und durch Fremdkapital zu ersetzen. Gestaltungen seien zu verhindern, bei denen aufgrund der Steuersatzspreizung betriebliche Gewinne z. B. in Form von Darlehenszinsen abgesaugt würden und so die Steuerbelastung auf den Abgeltungssteuersatz reduziert werde. Unternehmerische Entscheidungen über die Finanzierungsstruktur des Unternehmens sollten steuerlich unverzerrt bleiben. Deshalb seien die in § 32d Abs. 2 Nr. 1 EStG vorgesehenen Ausnahmen geboten. Bei den von dieser Vorschrift erfassten Fallgestaltungen bestehe grundsätzlich die Gefahr, die Steuerspreizung auszunutzen, ohne dem Sinn und Zweck der Einführung des abgeltenden Steuersatzes zu entsprechen. Bei diesen gestzgeberischen Überlegungen handelt es sich nach Auffassung des FG um einleuchtende Sachgründe, die es rechtfertigen, Kapitalerträge aus Gesellschafterdarlehen unter den in § 32d Abs. 2 Nr. 1b EStG näher bezeichneten Voraussetzungen von der Anwendbarkeit des abgeltenden Steuersatzes auszunehmen, auch wenn es dadurch - wie im Streitfall - zu einer Schlechterstellung von Gesellschaftern als Darlehensgläubiger kommen kann. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es bei derartigen Gesellschafterdarlehen an dem typischerweise zwischen fremden Dritten bestehenden Interessengegensatz fehlt und damit die Gefahr missbräuchlicher Gestaltungen besteht, die der Gesetzgeber durch entsprechende Vorschriften unterbinden wollte.

 

Hinweis

Zinserträge aus Darlehensverträgen, die von einer Kapitalgesellschaft an einen Anteilseigner gezahlt werden, der zu mindestens 10 % an der Gesellschaft beteiligt ist,unterliegen also zu Recht der tariflichen Einkommensteuer und nicht dem Abgeltungssteuersatz. Der Gesetzgeber durfte ohne Verfassungsverstoß typisierend davon ausgehen, dass ab einer Beteiligungshöhe von 10 % Gesellschafter mit ihren Kapitalgesellschaften vermehrt auf Steuerersparnis ausgerichtete Gestaltungen vereinbaren. Insoweit enthält die Regelung in § 32d Abs. 2 Nr. 1b EStG bereits eine generelle, sich noch im verfassungsrechtlichen Rahmen bewegende Missbrauchsverhinderungsklausel.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil vom 12.04.2012, 14 K 335/10

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