Der Begriff der "Realteilung" wird vom Gesetz nur vorausgesetzt, aber nicht definiert.[1] Der BFH[2] und die Finanzverwaltung verstanden unter Realteilung ertragsteuerlich – in Anlehnung an das Zivilrecht – lange Zeit die Aufgabe einer Mitunternehmerschaft durch Aufteilung des Gesellschaftsvermögens unter den Mitunternehmern, bei der zumindest einer der bisherigen Mitunternehmer ihm bei der Aufteilung zugewiesene Wirtschaftsgüter in ein anderes Betriebsvermögen überführt. Unter Fortentwicklung dieser Rechtsprechung hat der BFH[3] entschieden, dass das Vorliegen der Realteilung nicht mehr von der Auflösung der Mitunternehmerschaft abhängig sei, sondern auch in Betracht komme, wenn (mindestens) ein Mitunternehmer aus einer unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehenden Gesellschaft unter Mitnahme eines – weiterhin zum Betriebsvermögen des Ausgeschiedenen gehörenden – "Teilbetriebs"[4] ausscheide. In diesem Urteil hat der BFH das Ausscheiden gegen eine aus einem Teilbetrieb bestehende Abfindung nicht als Veräußerung, sondern als Aufgabe des Mitunternehmeranteils nach § 16 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 EStG behandelt und darauf die Regelungen über die Realteilung nach § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG angewendet.

 
Praxis-Beispiel

Übernahme eines Teilbetriebs einer bis zur Realteilung 3-gliedrigen GbR

A, B und C sind Gesellschafter zu je 1/3 einer Steuerberatungs-GbR, die aus 2 Teilbetrieben besteht. A übernimmt den Teilbetrieb 1 (Buchwert: 100.000 EUR, Teilwert: 400.000 EUR), B und C führen den Teilbetrieb 2 (Buchwert 300.000 EUR, Teilwert: 800.000 EUR) als Mitunternehmerschaft fort.

Der BFH[5] hat in seinem genannten Grundsatzurteil entgegen der früheren Auffassung der Finanzverwaltung und in Abänderung des bisher von ihm vertretenen engen Realteilungsbegriffs entschieden, dass eine steuerneutrale Realteilung i. S. d. § 16 Abs. 3 Satz 2 EStG auch dann angenommen werden kann, wenn ein Mitunternehmer – wie hier – unter Übernahme eines Teilbetriebs aus der Mitunternehmerschaft ausscheidet und diese mit den übrigen fortgesetzt wird. Bislang hat der BFH die zivilrechtliche Auflösung der Personengesellschaft vorausgesetzt, daran hält er nicht mehr fest.[6] Für die Anwendung der Realteilungsregeln wird also nicht mehr zwingend die Auflösung der Mitunternehmerschaft gefordert.

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