Einführung

Zu den zentralen Nachteilen der Vollkostenrechnung (VKR) gehört, dass sie den Erfolgsbeitrag einzelner Produkte nicht unmittelbar ausweist und schwer zu erkennen ist, wie sich das Produktionsprogramm verbessern lässt. Diese Nachteile versucht man in der Praxis vor allem mit der Deckungsbeitragsrechnung (DBR) auszugleichen. Allerdings ist die Einführung einer Deckungsbeitragsrechnung regelmäßig mit relativ hohem Aufwand verbunden, weil es notwendig ist, beide Systeme parallel laufen zu lassen. Die Vollkostenrechnung wird beispielsweise auf Grund bilanzieller Vorschriften für Bewertungszwecke benötigt. Dennoch ist es möglich, den Produkterfolg – definiert als Umsatz minus variable Kosten – auch mit Hilfe der Vollkostenrechnung relativ genau auszuweisen. Bei bestehender bzw. vorhandener Vollkostenrechnung sind häufig nur geringfügige Modifikationen vorzunehmen, sodass auf die Einführung einer vollständigen Deckungsbeitragsrechnung verzichtet werden kann.

Das Praxisbeispiel eines produzierenden Unternehmens, der Tool-GmbH, zeigt, wie Sie auch ohne Einführung einer Deckungsbeitragsrechnung den Erfolg einzelner Produkte zumindest näherungsweise ermitteln können. Zudem wird ausgeführt, wie Sie Rangfolgen nach Deckungsbeitrag bzw. Produktertrag erstellen oder Preisuntergrenzen ermitteln können. Aus den vorliegenden Ergebnissen können Sie in einem nächsten Schritt Maßnahmen zur Optimierung der Produkterfolge ableiten.

1 Ausgangslage

1.1 Systembedingte Nachteile der Vollkostenrechnung

Die Vollkostenrechnung hat in der Praxis verschiedene systembedingte Nachteile. Einer davon ist die Tatsache, dass es nicht ohne weiteres möglich ist, den Erfolg einzelner Produkte, Dienstleistungen oder Aufträge auszuweisen. Für ein Unternehmen ist ein Produkt erfolgreich und sollte aus betriebswirtschaftlicher Sicht weiter im Programm gehalten werden, wenn der Umsatz höher liegt als die variablen Kosten, es also einen positiven Deckungsbeitrag erwirtschaftet. Grundsätzlich gilt: Je höher der Deckungsbeitrag, desto mehr sollten die Verkaufsanstrengungen für das jeweilige Produkt gefördert werden. Eine Programmoptimierung bzw. Auslastungsplanung sollte stets so erfolgen, dass die deckungsbeitragsstarken Artikel besonders gefördert und die weniger starken Produkte in den Verkaufsbemühungen in den Hintergrund rücken. Produkte, die keinen positiven Deckungsbeitrag erwirtschaften, sollten aus rein betriebswirtschaftlichen Aspekten nicht weiter im Sortiment verweilen. Für jeden Unternehmer und seine Führungskräfte aus Produktion und Vertrieb ist daher die Kenntnis zumindest der ungefähren Höhe der Erfolgsbeiträge von zentraler Bedeutung, um derartige Entscheidungen richtig treffen zu können.

Deckungsbeitrag = Umsatz – variable Kosten

Im weiteren Verlauf werden die Begriffe "Produkterfolg", "Erfolgsbeitrag" und "Deckungsbeitrag" sowie "variable Kosten" und "Einzelkosten" aus Vereinfachungsgründen synonym verwendet.

Die Aussagen im Beitrag und das Beispiel beziehen sich auf produzierende Betriebe, die ihre Produkte mit Hilfe einer Zuschlagskalkulation kalkulieren. Das Gesagte gilt in den Grundsätzen auch für Dienstleister und Handwerksbetriebe. Die Modifikationen lassen sich auch dort mit ähnlichem Aufwand vornehmen.

Keine produktspezifischen Aussagen mit der Vollkostenrechnung möglich

Die klassische Vollkostenrechnung und die auf ihr basierenden Kalkulationsverfahren, z. B. die nach wie vor weit verbreitete Zuschlagskalkulation, weisen Deckungsbeiträge aber regelmäßig nicht aus, und so können in Unternehmen mit mehreren Produkten in dieser Sache keine unternehmerischen Entscheidungen getroffen werden, bzw. es besteht immer das Risiko von Fehlentscheidungen. Das Problem ließe sich grundsätzlich mit der Einführung einer Deckungsbeitragsrechnung (DBR) lösen. Allerdings ist nicht nur die Einführung einer DBR mit relativ hohem Aufwand verbunden, sondern auch deren Pflege. Hinzu kommt, dass ein Betrieb sowohl Vollkosten- als auch Deckungsbeitragsrechnung parallel laufen lassen muss, da die Vollkostenrechnung u. a. zur Bewertung von Halb- und Fertigwaren benötigt wird.

Typische Fragen, die ein Unternehmer beantworten muss, bei der er aber keine oder unzureichende Entscheidungsunterstützung bei der Verwendung der Vollkostenrechnung erhält, sind:

  • Welchen Erfolgs- bzw. Deckungsbeitrag leisten die einzelnen Produkte?
  • Welche Rangfolge nach Erfolgs- bzw. Deckungsbeitrag gibt es bei den Produkten?
  • Bei welchen Produkten lohnt es sich aus betriebswirtschaftlichen Gründen, diese verstärkt anzubieten und zu verkaufen? Welche Erzeugnisse sollten nicht mehr gefördert bzw. ggf. sogar aus dem Programm genommen werden?
  • Welche Preisuntergrenzen gibt es für die einzelnen Produkte?
  • Erwirtschaften Produkte, bei denen die Vollkostenrechnung einen Verlust ausweist bzw. bei denen ein Marktpreis gegeben ist, der nicht alle Kosten deckt, tatsächlich einen Verlust für das Unternehmen?

Positive Deckungsbeiträge von zentraler Bedeutung

Vor allem die Beantwortung der letzten Frage ist für viele Betriebe von zentraler Bedeutung. Weist die Vollkostenkalku...

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