Basis des Potenzialanalysemodells ist die Auswahl der Prozesse, die hinsichtlich des RPA-Einsatzes bewertet und miteinander verglichen werden sollen. Für diese Prozesse sind detaillierte Prozessbeschreibungen einzuholen. Sofern diese nicht vorliegen, sind sie anzufertigen. Darüber hinaus sind alle notwendigen Informationen zu beschaffen, die zur Bewertung der Einflussfaktoren für die RPA-Eignung benötigt werden. Die eigentliche Bewertung mit Ausnahme der des Kapazitätsbedarfs erfolgt anhand einer Punkteskala von eins bis vier, wobei vier die bestmögliche Eignung für einen RPA-Einsatz repräsentiert.

Die vorläufigen Punktebewertungen werden anschließend unter Offenlegung der verwendeten Informationen mit anderen Prozessteilnehmern oder neutralen Sachverständigen diskutiert. Das Hinzuziehen dieser Einschätzungen ermöglicht eine fundiertere Bewertung. Bei Bedarf ist die vorläufige Bewertung zu überarbeiten.

Für die weitergehende Beurteilung wird aus den Bewertungen dieser fünf Einflussfaktoren ähnlich der Vorgehensweise bei einer Nutzwertanalyse ein Durchschnitt gebildet.[1] Dieser Durchschnitt wird im Folgenden auf ganze Zahlen ab- oder aufgerundet und als RPA-Eignungs-Score bezeichnet. Dieser gibt an, wie gut ein Prozess für eine effiziente Automatisierung durch einen Softwareroboter auf RPA-Basis geeignet ist.

Als weiterführender Schritt bietet sich die Analyse der Prozessbewertungen anhand eines Netzdiagramms an.[2] Das Netzdiagramm umfasst dabei für jeden der fünf betrachteten Einflussfaktoren eine Achse. Mit einem solchen Diagramm wird verdeutlicht, worin sich die Prozesse in ihrer RPA-Eignung unterscheiden. Darauf aufbauend kann eine solche Analyse als Ausgangspunkt für Prozessoptimierungen dienen. Durch Letztere kann die RPA-Eignung eines Prozesses verbessert werden. Selbst Prozesse mit einem hohen RPA-Eignungs-Score sollten einer Analyse und anschließender Prozessoptimierung unterzogen werden, um die Erfolgschancen der Ausschöpfung der jeweiligen Effizienzgewinne zu verbessern. Ein beispielhaftes Netzdiagramm wird in Abb. 2 dargestellt.

Abb. 2: Visualisierung der Einflussfaktorbewertung per Netzdiagramm

Können bei einem betroffenen Prozess an diesen Stellen keine Optimierungsmaßnahmen ergriffen werden, kann dies die Automatisierung durch einen Softwareroboter unverhältnismäßig erschweren oder ohne die Einbindung weiterführender Technologien wie KI sogar unmöglich machen. Dann sollten die vorhandenen Ressourcen in die Prüfung und ggf. Automatisierung anderer Prozesse investiert werden. Dies gilt auch dann, wenn die übrigen Einflussfaktoren vorteilhafte Bewertungen aufweisen. Der Ausschlussbereich ist zu diesem Zweck auf die Bewertung eines Einflussfaktors mit dem Wert 1 festgelegt worden.

Die Prozesse, die nach Ermittlung des RPA-Eignungs-Scores, der Prozessoptimierungen und der Ausschlussanalyse mithilfe des Netzdiagramms verbleiben, sind in eine Bewertungsmatrix zu überführen. Diese bezieht den im RPA-Eignungs-Score nicht berücksichtigten Kapazitätsbedarf mit ein. Der Kapazitätsbedarf wird hierfür als prozentualer Anteil an der Gesamtkapazität angegeben. Die vier Spalten des RPA-Eignungs-Scores werden in Abb. 3 durch diese zweite Achse in Quadranten unterteilt. Die Farblogik unterstreicht die Kategorisierung der in die Quadranten eingeordneten Prozesse in die Kategorien A, B, C und D.

Abb. 3: Bewertungsmatrix des Potenzialanalysemodells

Die Prozesse in den Quadranten der Kategorie A bieten sich aufgrund ihres hohen RPA-Eignungs-Scores und ihrem verhältnismäßig großen Anteil an der Gesamtkapazität uneingeschränkt für den RPA-Einsatz an. Prozesse der Kategorie B empfehlen sich für Prozessoptimierungen oder einer Behandlung im Rahmen von Initiativen, nachdem Prozesse mit höherem Kapazitätsanteil bereits umgesetzt worden sind. Prozesse mit hohem RPA-Eignungs-Score und niedrigem Kapazitätsbedarf können attraktiv für Pilotprojekte sein. Prozesse der Kategorie C können nur mit großem Aufwand für RPA optimiert werden oder versprechen durch ihren niedrigen Kapazitätsanteil nur geringe Effizienzgewinne, weshalb diese nur in Ausnahmefällen für RPA-Initiativen herangezogen werden sollten. Die Kategorie D beinhaltet Prozesse, die weder bzgl. Kapazitätseinsparungen noch bzgl. ihrer RPA-Eignung nennenswerte Potenziale bieten.

Organisationseinheiten, die bisher noch nicht mit RPA in Berührung gekommen sind und längerfristige Initiativen prüfen wollen, können die Bewertungsmatrix noch in einer weiteren Hinsicht analysieren. So ist für die Ausgestaltung längerfristiger Initiativen bedeutsam, wie viele der betrachteten Prozesse in den Quadranten der Kategorie A liegen und welchen Anteil an der Gesamtkapazität diese einnehmen. Von Bedeutung sind auch die summierten Kapazitätsbedarfe jener Prozesse, die durch Optimierungen in die geeigneten Kategorien verschoben werden können. Auch die Differenzierung der Auswertungsergebnisse nach Teilbereichen der betrachteten Organisationseinheit kann Aufschluss über die weitere Vorgehensweise ...

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