Profitables Wachstum

Eine besondere Bedeutung kommt bei der Projektauswahl natürlich dem eingangs erwähnten "profitablen Wachstum" zu. Dieses ist zwar eine wichtige Richtschnur, aber in dieser Formulierung zu allgemein, um damit wirklich die Produktentwicklung und spätere Vermarktung steuern zu können. Doch wie soll im Kontext von Forschungs- und Entwicklungsprojekten, die zunächst über lange Zeit nur Kosten verursachen, die Profitabilität gemessen werden?

4.1 Lebenszyklusbetrachtung

Lebenszyklus­betrachtung

In der Praxis ist hier die Lebenszyklusbetrachtung zu entwickelnder Produkte weit verbreitet, bei der der Kapitalwert eines zukünftigen Produkts ermittelt wird. Neben den F&E-Kosten und den zukünftigen Selbstkosten für Herstellung und Vertrieb sind hier vor allem die erwarteten Umsatzerlöse für den Kapitalwert ausschlaggebend (s. Abb. 5) – Wachstumsstrategien sollten offensichtlich auf Produkte mit hohen Umsatzerwartungen setzen. Die Bedeutung der Lebenszyklusbetrachtung in F&E wird auch durch den in einigen Branchen verbreiteten Einsatz von Target-Costing- oder Life-Cycle-Costing-Ansätzen verdeutlicht.[1]

Abb. 5: Zahlungsströme im Lebenszyklus eines Produkts

[1] vgl. Schmitt, Berücksichtigung von Vorleistungen in der Kalkulation am Beispiel der F&E-Kosten, in: Gleich/Klein (Hrsg.), Der Controlling-Berater, Band 22, 2012, S. 175 – 189.

4.2 Kapitalwertberechnung

Projektsteuerung

Der Kapitalwert wird dabei nicht nur in der Projektauswahl- bzw. Projektgenehmigungsphase eingesetzt, sondern auch zur kontinuierlichen Projektbewertung und -steuerung. So kann bei jeder Anpassung des Projektplans, sei es bezüglich der Höhe der Cashflows oder des Timings, der Einfluss dieser Anpassung auf den Kapitalwert des Projekts bestimmt werden.

Auch der Vergleich verschiedener Handlungsoptionen oder Szenarien ist über den Kapitalwert möglich. Dies funktioniert besonders deshalb so gut, da 2 häufig monierte Schwächen der Kapitalwertmethode bei einer relativen, vergleichenden Betrachtung zweier Projektpläne (vorher/nachher oder Variante A/B) unerheblich sind, nämlich die Unsicherheit über den Diskontierungszinssatz und die Unsicherheit über Betrag und Timing einzelner Zahlungsströme (besonders aus Umsatzerlösen). Denn selbst wenn man sich mit dem Diskontierungszinssatz oder dem Umsatz-Forecast unsicher ist, ist die Aussage über Steigerung oder Senkung des Kapitalwerts aus dem Vergleich zweier Entwicklungsszenarien zur Projektsteuerung sehr wertvoll: Eine Steigerung des Kapitalwerts um x % ist unabhängig vom absoluten Ausgangswert positiv zu beurteilen.

Detaillierungsgrad

Vor diesem Hintergrund einer Feinsteuerung von F&E-Projekten auf Basis des Kapitalwerts ist es wichtig, die Kapitalwertberechnung auch mit einem ausreichenden Detaillierungsgrad durchzuführen. Dies betrifft mehrere Planungsdimensionen, deren Konsistenz durch den Bezug zum Projektplan sichergestellt wird (s. Abb. 6):

  • Plankosten: Durch den Bezug zu einem ausreichend detaillierten Projektstrukturplan (PSP) wird sichergestellt, dass alle Kostenpositionen nicht nur bezüglich Kostenart und Kostenstelle spezifiziert sind, sondern auch einem Arbeitspaket ("PSP-Element") zugeordnet werden. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass Änderungen in der Maßnahmenplanung, die auf Arbeitspaketebene abgebildet werden, z. B. durch Verzögerungen oder Zusatzarbeiten, auch sauber in der Projektbewertung abgebildet werden.
  • Dies hat auch Auswirkungen auf das Timing: Die Projektplanung, die auch zur Ressourceneinsatzplanung dient, bietet i. d. R. eine sehr detaillierte Planung auf der Zeitachse. Dies kann genutzt werden, um die Zeitachse der Kapitalwertberechnung von der üblichen Jahresbetrachtung zumindest für den Beginn der Betrachtung in eine Quartalsbetrachtung zu überführen und mit gebrochenen Jahreszahlen abzuzinsen. Das Zahlenbeispiel in Abb. 6 zeigt die Auswirkung:

Abb. 6: Auswirkung einer quartalsgenauen Cashflow-Planung

Kostenplanung

Durch die quartalsgenaue Kostenplanung macht sich das unterschiedliche Timing der innerhalb eines Jahres anfallenden Kosten beim Kapitalwert (Present Value) signifikant bemerkbar: Während in der Standardmethode (vereinfachend, aber verfälschend) angenommen wird, dass Zahlungsströme zum Jahresende auftreten, wird durch die quartalsgenaue Abzinsung berücksichtigt, ob sich Zahlungsströme gleichmäßig über das Jahr verteilen oder einmalig zu einem bestimmten Zeitpunkt anfallen. Durch die detailliertere Kostenplanung entsteht zudem kein Zusatzaufwand, da diese aus der Projektplanung noch deutlich detaillierter vorliegen würde. Lediglich das Rechenmodell zur Bestimmung des Kapitalwerts (i. d. R. Excel-basiert) muss einmalig angepasst werden.

Richtiges Timing

Doch das Timing der erwarteten Zahlungsströme wirkt sich natürlich nicht nur auf die Kosten aus, auch die Umsätze tragen umso mehr zum Kapitalwert bei, je früher sie im Lebenszyklus auftreten. Doch neben der rechnerischen Vorteilhaftigkeit eines hohen Kapitalwerts kann ein früher Markteintritt noch weitere Vorteile mit sich bringen:

  • Auch F&E-Projekte mit hohem Wert...

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