LfSt Bayern, 16.7.2008, S 2256.1.1 - 1/3 St 32/St 33

Bezug: BFH-Urteile vom 27.6.2006 (BStBl 2007 II S. 162) und vom 19.12.2007 (BStBl 2008 II S. 480)

Zur Frage der einkommensteuerlichen Behandlung der Rückabwicklung eines Grundstückskaufvertrags nehme ich im Hinblick auf die vorgenannten BFH-Urteile anhand des folgenden Beispielsachverhalts Stellung:

Der Steuerpflichtige A hatte im Januar 2004 ein Mietwohngrundstück zum Kaufpreis von 1 Million EUR erworben. Die Anschaffungsnebenkosten (Notar, Grundbuch, Grunderwerbsteuer) beliefen sich auf 40.000 EUR. A erklärte in den Jahren 2004 und 2005 folgende Vermietungseinkünfte, die bestandskräftig veranlagt sind:

             
      VZ 2004   VZ 2005  
  Mieteinnahmen   40.000 EUR   45.000 EUR  
  Schuldzinsen ./. 35.000 EUR ./. 30.000 EUR  
  Gebäude-AfA ./. 15.000 EUR ./. 15.000 EUR  
  Sonstige Werbungskosten ./. 5.000 EUR ./. 5.000 EUR  
  Verlust ./. 15.000 EUR ./. 5.000 EUR  
             

Anfang des Jahres 2006 entdeckte A an dem Gebäude schwerwiegende bauliche Schäden, die ihm der Verkäufer böswillig verschwiegen hatte. Nach Rücktritt vom Kaufvertrag nach §§ 346, 323 BGB erstattete der Veräußerer A den damals gezahlten Kaufpreis, die seinerzeit angefallenen Notar- und Grundbuchgebühren und die zwischenzeitlich geleisteten Aufwendungen auf das Grundstück einschließlich der gezahlten Schuldzinsen. Gegengerechnet wurden die vereinnahmten Mieten. Außerdem zahlte der Veräußerer Zinsen für den Kaufpreis, der ihm für zwei Jahre zur Verfügung stand (§§ 346 Abs. 1 Satz 1, 347 Abs. 1 Satz 1 BGB). Im Jahr 2006 erhielt A aus diesem Grund 1,09 Millionen EUR, die sich wie folgt zusammensetzen:

Erstattung Kaufpreis und Nebenkosten 1.040.000 EUR
+ Erstattung Schuldzinsen und sonstige Werbungskosten 75.000 EUR
- gegenzurechnende Mieteinnahmen - 85.000 EUR
+ Verzinsung des Kaufpreises 60.000 EUR
Gesamtbetrag 1.090.000 EUR

Welche steuerlichen Auswirkungen ergeben sich aus der Rückabwicklung des Kaufvertrags bei A im Jahr 2006?

Ergebnis:

Bei A ergeben sich im Jahr 2006 folgende Auswirkungen:

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) + 20.000 EUR
-– Einnahmen aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) + 60.000 EUR

Zivilrechtlich entfaltet die Aufhebung des Kaufvertrags Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags. Steuerlich gilt jedoch der Grundsatz, dass zivilrechtlich zurückwirkende Vereinbarungen bzw. Gerichtsentscheidungen keine steuerliche Rückwirkung entfalten können. Wenn der Tatbestand der Einkünfteerzielung verwirklicht worden ist, lässt sich das nicht rückwirkend ändern (§§ 38, 41 AO). Die zivilrechtliche Rückwirkung wird deshalb bei laufend veranlagten Steuern nicht nachvollzogen, sondern beschränkt sich auf einmalig festgesetzte Steuern wie Erbschaftsteuer und Grunderwerbsteuer. Für den Bereich der Einkommensteuer gilt der „Grundsatz der Unabänderlichkeit des verwirklichten Einkünfteerzielungstatbestandes” (BFH vom 21.10.1999, BStBl 2000 II S. 424 sowie vom 15.3.2000, BFH/NV 2000 S. 1185).

Im vorliegenden Fall hat der Steuerpflichtige A bis zur Rückübertragung des Grundstücks den Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung erfüllt. Dieser Tatbestand wird nicht rückgängig gemacht, wenn er das Grundstück rücküberträgt, ihm die Grundstückskosten ersetzt werden und er die vereinnahmten Mieten (im Wege der Verrechnung) herausgibt. Bis zur Vereinbarung über die Rückabwicklung des Kaufvertrags war der Steuerpflichtige rechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer des Grundstücks. Ihm sind deshalb die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zuzurechnen.

Die Vereinbarungen des Jahres 2006 entfalten danach einkommensteuerliche Wirkung erst für dieses Jahr. Dabei ist davon auszugehen, dass sämtliche in der Vereinbarung einzeln aufgeführten Berechnungsposten in diesem Jahr bei dem Steuerpflichtigen zu- bzw. abgeflossen sind, teilweise im Wege der Verrechnung. Damit ergeben sich folgende Auswirkungen bei den verschiedenen Einkunftsarten:

Vermietung und Verpachtung

Die erstatteten (= empfangenen) Schuldzinsen und sonstigen Werbungskosten sind im Jahr der Zahlung als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung anzusetzen (75.000 EUR). Die Herausgabe der vereinnahmten Mieten führt zu negativen Einnahmen (./. 85.000 EUR), so dass sich bei A im VZ 2006 – ohne Berücksichtigung der AfA – zunächst ein Verlust von 10.000 EUR ergibt. Dieses (vorläufige) Ergebnis ist jedoch im Hinblick auf das BFH-Urteil vom 19.12.2007, IX R 50/06 noch bezüglich der AfA zu korrigieren (+ 2 × 15.000 EUR = 30.000 EUR), so dass sich für 2006 insgesamt ein Überschuss von 20.000 EUR (- 10.000 + 30.000) ergibt. Dies begründet sich wie folgt:

Nach Meinung des BFH dient § 7 EStG nicht dem Ausgleich eines eingetretenen Wertverzehrs ohne Aufwand, sondern ist dazu bestimmt, Aufwendungen des Steuerbürgers in Gestalt von Anschaffungs- oder Herstellungskosten für das jeweilige Wirtschaftsgut typisierend periodengerecht zu verteilen. Demzufolge lehnte der BFH im entschiedenen Fall den Abzug der AfA ab,...

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