Leitsatz

Verkauft der Eigentümer einer in Wohnungseigentum aufgeteilten Mehrfamilienhauses innerhalb von 5 Jahren mehr als 3 Wohnungen, handelt es sich nicht um einen gewerblichen Immobilienhandel, wenn die Verkäufe auf erheblichen Druck der finanzierenden Bank veranlasst wurden. Die Steuerpflicht von privaten Veräußerungsgeschäften bleibt davon unberührt, wenn deren Voraussetzungen vorliegen.

 

Sachverhalt

Zwischen 1992 und 1995 errichtete der Kläger ein Mehrfamilienhaus auf einem erworbenen Grundstück. Für die Mieter wurden für 10 Jahre Staffelmietverträge abgeschlossen, zwei Wohnungen wurden an die eigenen Kinder verbilligt vermietet. Die geplanten Herstellungskosten von 2,495 Mio. DM wurden um fast 200.000 DM überschritten. Bis Ende 1998 war der von der Bank finanzierte Betrag auf 2,945 Mio. DM aufgelaufen. Am 24.10.1997 wurde die erste der Wohnungen zu einem Veräußerungspreis von 215.000 DM verkauft. Der letzte von insgesamt sechs Verkäufen datiert auf den 11.04.2000 mit einem Veräußerungspreis von 300.000 DM. Die Verkaufserlöse überstiegen die anteiligen Herstellungskosten um jeweils 15.000 DM bis über 50.000 DM, insgesamt knapp 220.000 DM. Die Verkäufe kamen auf maßgeblichen Druck der finanzierenden Bank zustande. Sie hatte angedroht, das gesamte Objekt zwangsversteigern zu lassen, wenn der Kredit nicht um die Erlöse aus dem Verkauf einzelner Wohnungen zurückgeführt werde. Die Bank hatte bereits den bei ihr tätigen Immobilienexperten eingeschaltet, so wie sie regelmäßig vor der Einleitung von Zwangsmaßnahmen verfuhr. Die finanzielle Schieflage entstand nicht nur aus der erheblichen Überschreitung der ursprünglich eingeplanten Herstellungskosten sondern auch dadurch, dass der Gewerbebetrieb des Klägers ab 1993 einen dramatischen Gewinnrückgang zu verzeichnen hatte. Vom kalkulierten Gewinnniveau von jährlich ca. 160.000 DM wich der Gewinn in den Jahren 1992 bis 2000 um durchschnittlich fast die Hälfte nach unten ab. In den Jahren 1993 und 2000 betrug er sogar nur weniger als 60.000 DM. Das Finanzamt setzte den Veräußerungsgewinn aus den Wohnungsverkäufen im Jahr 1999 auf 219.530 DM und für das Jahr 2000 auf 18.693 DM fest, wobei die in Anspruch genommene Absetzung für Abnutzung jeweils in den Veräußerungsgewinn eingeflossen ist.

 

Entscheidung

Das Gericht sah die Voraussetzungen für einen gewerblichen Grundstückshandel als nicht gegeben an. Eine private Vermögensverwaltung ist anzuerkennen, solange sich die Tätigkeit nach dem Gesamtbild der Verhältnisse noch als Fruchtziehung von Grundbesitz darstellt, wobei die Substanz erhalten wird und es nicht entscheidend in den Vordergrund tritt, die substanziellen Vermögenswerte auszunutzen. Die von der Rechtsprechung entwickelte Drei-Objekt-Grenze soll die Rechtsanwendung nur vereinfachen, sodass ihr nur indizielle Bedeutung zukommt. Auf sie kommt es laut BFH nicht an, wenn sich bereits aus anderen und ganz besonderen Umständen im Rahmen einer Gesamtschau zweifelsfrei eine von Anfang an bestehende oder aber fehlende Äußerungsabsicht ergibt.

Einer im Grunde stets bestehenden bedingten Veräußerungsabsicht kommt dann ausnahmsweise keine Bedeutung zu. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Immobilieneigentümer nur aufgrund einer akuten Zwangslage veräußert, um einer drohenden Zwangsversteigerung zuvorzukommen. Das Gericht hat im Streitfall eine derartige Ausnahmesituation angenommen, weil einerseits der als Zeuge vernommene Sachbearbeiter der finanzierenden Bank ausdrücklich bestätigt hat, dass der Kläger über Jahre hinweg sich der Möglichkeit der Veräußerung einzelner Wohnungen strikt verschlossen hat und sich die Bank daraufhin dazu entschloss, die Zwangsversteigerung einzuleiten. Der Kläger konnte dies nur abwenden, in dem er in den Jahren 1999 und 2000 sukzessive mehrere Wohnungen einzeln veräußert hat. Auch aus dem Abschluss langfristiger Mietverhältnisse schloss das Gericht, dass eine Veräußerungsabsicht nicht von Anfang an vorlag. Sprechen aber die festgestellten Umstände dezidiert gegen eine von Anfang an vorliegende Veräußerungsabsicht, so kann ein gewerblicher Grundstückshandel nur dann angenommen werden, wenn weitere Umstände darauf hindeuten, die den Verkäufen als solchen ein gewerbliches Gepräge geben und dass der Verkäufer wie ein Händler am Markt auftritt, was nicht festzustellen war. Positiv fiel zugunsten des Klägers auch ins Gewicht, dass er nach dem Jahr 2000 (als die Finanzierung wieder durch die laufenden Erträge gesichert war) keine weiteren Wohnungen mehr veräußert hat. Das Gericht hat allerdings private Veräußerungsgeschäfte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG angenommen. Allerdings sind die Absetzungen für Abnutzungen zur Ermittlung des privaten Veräußerungserlöses nicht hinzuzusetzen, da nach § 52 Abs. 39 Satz 4 EStG der maßgebliche § 23 Abs. 3 Satz 4 EStG nicht anzuwenden war, wenn das Wirtschaftsgut vor dem 31.7.1998 hergestellt und veräußert worden ist. Der Fertigstellungstermin der Immobilie war jedoch bereits der 1.2.1995.

 

Hinweis

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