Leitsatz

Preisnachlässe, die ein Reisebüro ohne Weiterberechnung gegenüber dem Reiseveranstalter seinen Kunden gewährt, mindern das Entgelt des Reisebüros. Nach richtlinienkonformer Auslegung der §§ 10 und 17 UStG oder unmittelbarer Anwendung der Richtlinie 77/388/EWG ist für die entgeltsmindernde Berücksichtigung der Preisnachlässe unschädlich, dass zwischen dem Reisebüro als Vermittler für den Reiseveranstalter und dem Kunden keine unmittelbare Leistungsbeziehung besteht.

 

Sachverhalt

Die Steuerpflichtige betrieb ein Reisebüro. Im Rahmen dieser Betätigung gewährte sie ihren Kunden bei Buchung einer Reise nach eigenem Ermessen Preisnachlässe bis zu 3 % des Reisepreises. Je nach Reiseveranstalter zahlte der Kunde die von ihm gebuchte Reise direkt im Reisebüro oder er musste den Reisepreis unmittelbar an den Veranstalter überweisen (sog. Direktinkasso). Für die Vermittlung der Reise erhielt die Steuerpflichtige von den Reiseveranstaltern eine Provision, die im Durchschnitt 10 % des Reisepreises betrug. Der Preisnachlass wurde bei Zahlung des Reisepreises in Abzug gebracht bzw. in Fällen des Direktinkassos den Kunden gegen Vorlage der vom Reiseveranstalter zugesandten Reiseunterlagen erstattet. Eine Weiterberechnung der Preisnachlässe gegenüber den Reiseveranstaltern erfolgte nicht. Die Steuerpflichtige kürzte in den abgegebenen Umsatzsteuererklärungen ihre Umsätze aus den erhaltenen Provisionen um die gewährten Preisnachlässe. Nach einer Betriebsprüfung vertrat das Finanzamt die Rechtsauffassung, dass sich die Preisnachlässe nicht umsatzmindernd auswirken dürften, weil sie weder das Entgelt des Reiseveranstalters noch die Provision des Reisebüros herabsetzten. Das Finanzamt wies darauf hin, dass das Reisebüro auch nicht berechtigt sei, den Kunden eine Gutschrift über den Preisnachlass mit Umsatzsteuerausweis zu erteilen und hieraus die Vorsteuer geltend zu machen. Zwischen dem Kunden und dem Reisebüro finde kein Leistungsaustausch statt. Die Steuerpflichtige machte im Wesentlichen geltend, dass der vom EUGH vertretene Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer erfordere, dass nur derjenige Betrag der Umsatzsteuer unterworfen werde, den der Endverbraucher zu zahlen habe.

 

Entscheidung

Nach Rechtsauffassung des FG führen die Preisnachlässe zu einer Entgeltsminderung. Die Reduzierung der Umsätze um Preisnachlässe ergibt sich aus der richtlinienkonformen Auslegung der §§ 10 Abs. 1 und 17 Abs. 1 UStG bzw. aus der unmittelbaren Anwendung der Richtlinie 77/388/EWG, auf die sich die Steuerpflichtige berufen darf. Die Rechtsnorm des § 17 UStG billigt einem Unternehmer das Recht auf Berichtigung der Umsatzsteuer zu, wenn er den Umsatz ausgeführt und sich seine Bemessungsgrundlage geändert hat. Eine nachträgliche Minderung der Bemessungsgrundlage erfordert, dass sich der die Minderung begründende Umstand unmittelbar innerhalb der Leistungsbeziehung zwischen Reiseveranstalter und Kunden abspielt. Dem Gemeinschaftsrecht zufolge sind in die Bemessungsgrundlage Rabatte und Rückvergütungen auf den Preis nicht einzubeziehen, die dem Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger eingeräumt werden und die er zum Zeitpunkt der Umsatzbewirkung erhält. Die Berücksichtigung der Preisnachlässe ist nach Ansicht des EUGH auch geboten, wenn der Unternehmer, der den Nachlass gewährt, im Verhältnis zum Endverbraucher als Dritter betrachtet werden kann (vgl. EUGH, Urteil v. 15.10.2002, C-427/98, Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland, Slg. 2002, I-8315, Rdnr. 45). Ohne Abzug der Entgeltsminderungen entsteht innerhalb der Unternehmerkette mehr Umsatzsteuer als die Kunden wirtschaftlich tragen. Zwischen Reisebüros und ihren Kunden besteht ein unmittelbarer, von Vertrauen geprägter Kontakt zur Beratung, Vertragsanbahnung und Vertragsabwicklung. Entgegen dieser Vertrauensbeziehung sind die rechtlichen Leistungsbeziehungen aufgrund vertraglicher Besonderheiten bei Reisebüros anders geregelt. Eine Nichtberücksichtigung der Preisnachlässe kann nach Auffassung des FG nicht von den EUGH-Urteilen vom 13.12.1989 (C-342, Genius Holding, Slg. 1989, 4227) und vom 19.06.2003 (C-149/01, First Choise Holidays, Rdnr. 30 ff) abgeleitet werden, da der EUGH in anderen Entscheidungen ausdrücklich betont hat, dass es auf die Unmittelbarkeit bei Preisnachlässen nicht ankommt. Der Senat hat die Revision zugelassen.

 

Link zur Entscheidung

FG des Landes Brandenburg, Urteil vom 25.11.2003, 1 K 1387/02

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