Gerade im Maschinen- und Anlagenbau wird der Wettbewerb des Neugeschäfts über den Preis für die Erstinvestition ausgetragen. Sobald das Equipment jedoch beim Kunden installiert ist, eröffnen sich die neuen Potenziale des Aftermarkets für Serviceleistungen und Ersatzteile. Je nach Markt werden für den Aufbau der Installed Base sehr niedrige Preise mit negativen Margen in Kauf genommen. Man kalkuliert hier mit den bereits antizipierten, langfristig höheren Margen im After-Sales-Market.

Obwohl gerade das Ersatzteilgeschäft auf diesen Märkten ein hohes Umsatz- und Margenpotenzial trägt, wird das Preismanagement in der Praxis wie auch in der Literatur vernachlässigt. Probleme resultieren zum einen in der Unterschätzung des Wertes für das Ersatzteil, was zu hohen Preisnachlässen und falsch interpretierten Marktpreisen führt. Zum anderen ist aber auch die Komplexität des Ersatzteilpricings sehr hoch, insbesondere, wenn es sich um Ersatzteile für kundenindividuelle Lösungen handelt.

Die hohe Varianz und geringe Standardisierung von individualisierten Maschinen und Anlagen steigt mit der über die Jahre wachsenden Installed Base und der umfassenderen Historie. Dies führt nicht selten zu einer Menge von mehreren hunderttausend oder gar Millionen verschiedener Artikelnummern und Preise. Die Zahlen steigen sogar weiter, wenn es sich um internationale Konzerne handelt, die über die Zeit immer wieder Wettbewerber akquirieren und in das Portfolio aufnehmen. Somit wird es zu einer großen Herausforderung, ein transparentes und konsistentes Pricing aufzubauen, das all diesen Anforderungen gerecht wird.

Obwohl die Literatur das Value-based Pricing seit geraumer Zeit als den profitableren Ansatz propagiert, insbesondere für Märkte mit einem geringen Grad an Standardisierung und Transparenz, wird in der Praxis immer noch vornehmlich der kostenbasierte Ansatz verwendet.[1] Als Hauptgrund hierfür wird immer noch die Einfachheit des kostenbasierten Ansatzes angeführt. Value-based Pricing sei komplizierter und bedürfe eines komplexeren Prozesses zur Preisbestimmung. Mit einem Cost-plus-Ansatz für die Preiskalkulation ergeben sich vor diesem Hintergrund jedoch zahlreiche Nachteile:

  • Kunden sehen sich dadurch bedingt hoher Preisinkonsistenz gegenüber. Für das gleiche Produkt setzt der Anbieter innerhalb eines kurzen Zeitraums verschiedene Preise an, je nach Ausprägung des Beschaffungswegs, der Losgrößen und der Konstellation der Gesellschaften, die im Prozess involviert sind. Daraus ergeben sich eine Preisunzufriedenheit der Kunden und ein hochpreisiges Image, das durch wenige überteuerte Angebote aufgebaut wird, aber auf andere Leistungen abstrahlt.
  • Für das Angebotswesen bedeutet Cost-plus eine redundante und zeitintensive Kostenkalkulation für jeden einzelnen Artikel, gleichzeitig verursacht es außerdem eine Preisintransparenz selbst innerhalb einer Landesgesellschaft. Der Überblick global erreichbarer Preislevel wird durch den Fokus auf eigene Kosten verdeckt. Somit entsteht eine dezentrale landesgesellschaftsspezifische kostenbasierte Preisstruktur, die mit den Marktpreisen nichts zu tun hat.
  • Aus Vertriebssicht resultiert hieraus eine fehlende Berücksichtigung der unterschiedlichen Marktsegmente und der passenden Preisdifferenzierungsstrategie. Gerade bei größeren Organisationen fehlt es an einem einheitlichen Marktauftreten und einer einheitlichen Angebotsstruktur gegenüber Kunden. Schließlich mündet der starke Fokus auf eigene interne Kosteninformationen in einen Mangel an Mechanismen zur preistechnischen Reaktion auf Markttrends.

Abb. 1 verdeutlicht die Konsequenzen des Cost-plus Pricings, insbesondere bei wenig standardisierten Produkten mit schwankender Kostenstruktur.

Abb. 1: Konsequenzen eines Cost-plus Pricings

Je nach gesetzten Zielmargen werden die Kosten mit einem entsprechenden Faktor zur Preissetzung multipliziert. Der linke Balken repräsentiert den Fall, dass zufällig der resultierende Preis auch genau dem Preis entspricht, den der Kunde gerade noch bereit ist zu bezahlen. Das gleiche Produkt könnte jedoch beim nächsten Mal zu einem anderen Preis angeboten werden, wenn sich die Kostenstruktur ändert, aber derselbe Faktor zur Preiskalkulation herangezogen wird.

Die Profitabilitätspotenziale aus niedrigeren Kosten werden direkt über den niedrigeren Preis an den Kunden weitergereicht. Trotz eventueller Bemühungen, die Kosten durch Prozessoptimierungen zu senken, bleibt in diesem Fall die Marge auf dem gleichen Niveau wie die ursprünglich gesetzte Zielmarge. Werden die Kosten höher, führt der gleiche Faktor zu einem Preis, zu dem der Anbieter das Geschäft verliert.

Bemühungen, Kosten in den Produktionsprozessen zu reduzieren, sollten nicht grundsätzlich zu niedrigeren Preisen führen. Vielmehr sollten diese Investitionen bei gleichbleibendem Preislevel zu höheren Margen führen (Abb. 2). Nur dadurch entstehen Anreize, in Prozesseffizienz zu investieren. Gleichzeitig liegt es an der Vertriebsorganisation, die Preisbereitschaften de...

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