Zusammenfassung

 
Überblick
  • Für Geschäftsbereiche mit hoher Sortimentskomplexität hat die kostenbasierte Preissetzung diverse Nachteile. Bei schwankenden Kosten entsteht eine Preisinkonsistenz gegenüber den Kunden. Durch einen zu starken Fokus auf interne Kosten werden Markttrends vernachlässigt und mögliche Margenpotenziale übersehen.
  • Die Digitalisierung ermöglicht jedoch ein datengetriebenes und auf Entscheidungsregeln basierendes Instrumentarium für automatisierte Preissetzungsprozesse.
  • Dieser Beitrag erarbeitet einen Ansatz, Preissetzungsregeln aus dem von Kunden wahrgenommenen Wert abzuleiten. Daraus resultiert eine Harmonisierung der Preise innerhalb der Produktfamilien und eine durch Marktdaten gesteuerte segmentspezifische Preisstruktur.

1 Neue Daten und neue Instrumente

Die Digitalisierung eröffnet für Unternehmen bei der Preisgestaltung im Ersatzteilgeschäft eine Vielfalt neuer Möglichkeiten. Gerade für Geschäftsbereiche mit hoher Sortimentskomplexität ist es sehr aufwendig, einzelne Artikel durch einzelne Preisanalysen und individualisierte Entscheidungsprozesse zu bepreisen. Hier können datengetriebene Preissetzungsregeln die Komplexität vereinfachen, indem sie präzise definieren, wie auf bestimmte Parameter preislich reagiert werden soll.

Die digitale Transformation wirkt sich auf 4 wesentliche Aspekte der gesamten Geschäftswelt aus, hat aber auch speziell für das Pricing folgende 4 Neuerungen mit sich gebracht:[1]

  1. Eine wesentliche Neuerung stellt die Vernetzung von Ressourcen dar. ERP-Systeme spielen hier eine zentrale Rolle, da sie preisrelevante Informationen eines Unternehmens zentralisiert aufbereiten und zur Verfügung stellen. Zusätzlich werden durch eine gegebene Vernetzung aber auch Informationen nach außen kommuniziert und Preisdatenbanken oder sogar digitale Preisschilder in Supermärkten von zentraler Stelle gesteuert. Eine entsprechende Informationsverarbeitung kann eine Vielzahl an Daten zusammenstellen und übersichtlich aufbereiten.
  2. Ein weiteres Resultat im Zuge der digitalen Transformation: Informationstransparenz zur Entscheidungsfindung. Im Zuge der Digitalisierung sind zahlreiche Angebote für Pricing-Tools auf dem Markt erschienen, die die preisrelevanten Daten der Kunden in übersichtlichen Dashboards aufarbeiten und Transparenz schaffen.
  3. Diese technische Assistenz erleichtert wiederum die Entscheidungsfindung bei komplexen Sachverhalten durch Aufbereitung und Darstellung der relevanten Information.
  4. Schließlich ist es nur noch ein Schritt, die aufgearbeiteten Information nach einem vorab definierten Entscheidungsmuster automatisiert zu verarbeiten, um standardisierte Aufgaben in der Preissetzung von Maschinen mithilfe dezentraler Entscheidungen zu bewältigen.

Somit eröffnet sich mit der Digitalisierung für das Pricing ein datengetriebenes und auf Entscheidungsregeln basierendes Instrumentarium. Dieser Beitrag erarbeitet einen Ansatz, solche Preissetzungsregeln aus dem von Kunden wahrgenommenen Wert abzuleiten. Hierzu wird ein Wertkonzept erarbeitet auf dessen Grundlage eine automatisierte Preisgestaltung mithilfe IT-gestützter Transparenz stattfindet. Die Vorgehensweise wird anhand der Preissetzung für Ersatzteile geschildert.

[1] Roll/Krampitz, 2017.

2 Die Problematik kostenbasierter Preissetzung

Gerade im Maschinen- und Anlagenbau wird der Wettbewerb des Neugeschäfts über den Preis für die Erstinvestition ausgetragen. Sobald das Equipment jedoch beim Kunden installiert ist, eröffnen sich die neuen Potenziale des Aftermarkets für Serviceleistungen und Ersatzteile. Je nach Markt werden für den Aufbau der Installed Base sehr niedrige Preise mit negativen Margen in Kauf genommen. Man kalkuliert hier mit den bereits antizipierten, langfristig höheren Margen im After-Sales-Market.

Obwohl gerade das Ersatzteilgeschäft auf diesen Märkten ein hohes Umsatz- und Margenpotenzial trägt, wird das Preismanagement in der Praxis wie auch in der Literatur vernachlässigt. Probleme resultieren zum einen in der Unterschätzung des Wertes für das Ersatzteil, was zu hohen Preisnachlässen und falsch interpretierten Marktpreisen führt. Zum anderen ist aber auch die Komplexität des Ersatzteilpricings sehr hoch, insbesondere, wenn es sich um Ersatzteile für kundenindividuelle Lösungen handelt.

Die hohe Varianz und geringe Standardisierung von individualisierten Maschinen und Anlagen steigt mit der über die Jahre wachsenden Installed Base und der umfassenderen Historie. Dies führt nicht selten zu einer Menge von mehreren hunderttausend oder gar Millionen verschiedener Artikelnummern und Preise. Die Zahlen steigen sogar weiter, wenn es sich um internationale Konzerne handelt, die über die Zeit immer wieder Wettbewerber akquirieren und in das Portfolio aufnehmen. Somit wird es zu einer großen Herausforderung, ein transparentes und konsistentes Pricing aufzubauen, das all diesen Anforderungen gerecht wird.

Obwohl die Literatur das Value-based Pricing seit geraumer Zeit als den profitableren Ansatz propagiert, insbesondere für Märkte mit einem geringen Grad an Standardisierung und Transparenz, wird in der Praxi...

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