Leitsatz

1. Das für die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels erforderliche Merkmal "Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr" ist auch dann erfüllt, wenn der Eigentümer Wohnungen nur an bestimmte Personen auf deren Wunsch veräußert.

2. Eine bestimmte Zahl veräußerter Objekte und ein enger zeitlicher Abstand der maßgebenden Tätigkeiten zwingen im Regelfall zu dem Schluss, dass der Verkäufer die Objekte in mindestens bedingter Veräußerungsabsicht angeschafft oder errichtet hat. Bei der für die Abgrenzung der privaten Vermögensverwaltung vom gewerblichen Grundstückshandel erforderlichen Gesamtwürdigung des Einzelfalls kann diese Vermutung durch gewichtige objektive Umstände widerlegt werden.

3. Die konkreten Anlässe und Beweggründe für die Veräußerungen (z.B. plötzliche Erkrankungen, Finanzierungsschwierigkeiten oder unvorhergesehene Notlagen) sind im Regelfall nicht geeignet, die aufgrund der Zahl der veräußerten Objekte und dem zeitlichen Abstand der maßgebenden Tätigkeiten vermutete (bedingte) Veräußerungsabsicht im Zeitpunkt der Anschaffung oder Errichtung auszuschließen.

 

Normenkette

§ 15 Abs. 2 EStG , § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG

 

Sachverhalt

Der Kläger tätigte in den Jahren 1986 und 1991 folgende Grundstücksgeschäfte:

1. Auf einem im Januar 1986 erworbenen Grundstück in D ließ er ein Gebäude mit vier Läden, zwei Büros und drei Wohnungen errichten, die er nach Bezugsfertigkeit ab Dezember 1986 bzw. ab März 1987 vermietete. Nach Teilung des Grundstücks in Wohnungs- und Teileigentum durch Teilungserklärung vom 29.8.1988 veräußerte der Kläger mit Verträgen vom 30.8.1988 einen Laden im Erdgeschoss und zwei Wohnungen. Die Erwerber hatten dem Kläger am 12.12.1986 jeweils Darlehen in Höhe des späteren Kaufpreises gewährt.

2. Bei einer Zwangsversteigerung erwarb der Kläger im Februar 1986 zwei (vermietete) Eigentumswohnungen in E von einem seiner Mandanten für insgesamt 206.000 DM. Der Mandant kaufte die Wohnungen mit Vertrag vom 1.3.1989 für je 200.000 DM zurück.

3. In der Zeit vom 24.8.1991 bis 10.12.1991 veräußerte der Kläger vier parzellierte Baugrundstücke, die er zusammen mit sechs weiteren Baugrundstücken im März 1991 in A und St erworben hatte, an drei Interessenten für insgesamt 161.040 DM.

Das FA hielt im Anschluss an eine Betriebsprüfung die Veräußerung der vorgenannten neun Objekte innerhalb von vier Jahren für eine gewerbliche Tätigkeit des Klägers. Das FG gab der Klage statt. Die Revision führte zur Klageabweisung.

 

Entscheidung

Zu Unrecht habe das FG die Immobiliengeschäfte als Vermögensverwaltung angesehen. Der Kläger habe innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs insgesamt neun Objekte angekauft und wieder veräußert. Dies lasse den Schluss zu, dass er bereits bei Erwerb eine bedingte Verkaufsabsicht gehabt hätte. Unerheblich seien die Motive, finanzielle Schwierigkeiten und Krankheiten, die zu den Veräußerungen geführt hätten. Der Kläger habe auch – entgegen der Auffassung des FG – insoweit am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen, als er Wohnungen an seine Mieter veräußert oder von einem Mandanten angekauft und später wieder an diesen zurückverkauft hätte.

 

Hinweis

Nach ständiger Rechtsprechung ist die Grenze von der Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb überschritten, wenn innerhalb eines Zeitraums von bis zu fünf Jahren mehr als drei Objekte an- und wieder verkauft werden. In diesen Fällen wird aufgrund der äußeren Umstände vermutet, dass der Steuerpflichtige von Anfang an zumindest eine bedingte Veräußerungsabsicht hatte.

Mit diesem Urteil hat der BFH bestätigt, dass persönliche oder finanzielle Beweggründe, wie z.B. Krankheit oder Gefälligkeit gegenüber Bekannten, die Vermutung einer von Anfang an bestehenden bedingten Veräußerungsabsicht nicht entkräften können, da unklar ist, ob nicht auch ohne diese Umstände die Grundstücke verkauft worden wären. Es bleibt also dabei, dass die Vermutung einer von Anfang an bestehenden bedingten Veräußerungsabsicht nur widerlegt werden kann, wenn ein Objekt verkauft wird, das zuvor zu eigenen Wohnzwecken dauerhaft genutzt werden sollte, oder wenn der Veräußerer das Objekt längerfristig vermietet hatte.

Die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels erfordert jedoch – wie jede andere gewerbliche Tätigkeit auch – eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Hierfür ist jedoch weder eine besondere Werbung noch eine Bekanntgabe der Veräußerungsabsicht an einen größeren Personenkreis notwendig. Vielmehr genügt, wenn sich der Steuerpflichtige mit Kaufinteressenten, z.B. Bekannten oder bisherigen Mietern, die an ihn herantreten, auf Verhandlungen einlässt und Verträge abschließt. Dies zeigt seine Bereitschaft zu Veräußerungen an einen unbestimmten Personenkreis. Zudem muss eine Beteiligung am allgemeinen Verkehr nicht bei jedem einzelnen Verkaufsgeschäft vorliegen, sondern es genügt, wenn dies bei einer Gesamtbetrachtung der Verkaufsgeschäfte der Fall ist. Die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels wird daher an diesem Tatbestandsmerkmal...

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