Traditionell dominieren in der Unternehmenspraxis mehrmonatige Planungs- und Budgetierungsprozesse in Kombination mit eher wenigen, häufig recht aufwändigen Forecast-Prozessen. In statischen Umfeldern können umfangreiche Planungs- und Budgetierungsprozesse durchaus ihre Berechtigung haben, wenn sie als eine Art detaillierter Fahrplan fungieren, der den Ressourceneinsatz in Richtung Zielerreichung optimiert.

Dies setzt jedoch voraus, dass Planung und Budgetierung zielorientiert sind; in der Praxis finden sich allerdings häufig Prozesse, die durch fehlende Ambition und "Puffer" ("budgetary slack") geprägt sind, sodass die so definierten "Ziele" auch bei negativer Umfeldentwicklung noch erreichbar sind. Mit solch einer Herangehensweise erweist sich eine umfangreiche Budgetierung schon bei geringer Dynamik als fragwürdig; ab einer gewissen Dynamik werden die detaillierten Informationen ambitionierter Planungen ohnehin schnell nutzlos.

Die in der Praxis vorzufindenden Forecasts sind häufig eher zielorientierte Planaktualisierungen als eine neutrale Vorausschau. De facto planen damit viele Unternehmen mehrmals im Jahr. Die ursprüngliche, aufwendige Budgetierung wird dadurch im Zeitverlauf automatisch entwertet.

In einem tendenziell dynamischen Umfeld, was inzwischen Standard für die große Mehrheit der Unternehmen sein dürfte, bedarf es einer regelmäßig aktualisierten Vorausschau, also einer Reihe von Forecasts bis hin zu monatlichen Forecast-Prozessen bei hoher Dynamik. Diese Forecasts bilden dann die zentrale Basis für Entscheidungen, basierend auf den jeweils voraussichtlich angenommenen Entwicklungen.

Gleichzeitig bedarf es aber auch bei hoher Dynamik weiterhin einer Planung i. S. v. einer Zielsetzung – andernfalls würde das Unternehmen ziellos agieren. Die häufig zu hörende Aussage, dass (rollierende) Forecasts die Planung ersetzen sollen, ist also fragwürdig. Die Zielsetzungs-Planung sollte weitgehend Top-down orientiert sein und verschiedene Eingangsgrößen zusammenführen: die aktuellen Forecast-Ergebnisse, die Unternehmensziele und die Auswirkungen der Ergebnisse des Strategieprozesses (insb. große Veränderungsmaßnahmen) sowie weitere Prämissen zur Entwicklung von Markt und Produktprogramm.

Es hat sich bewährt, die Zielsetzung (bzw. das "Target Setting") als eigenständigen Prozess (und nicht z. B. als Ende des Strategieprozesses o. ä.) zu konzipieren. Die Zielsetzung sollte durch ein aggregiertes Planungsmodell im Sinne eines Eckwerteplanungsmodells unterstützt werden, das die Integration der verschiedenen Inputs zu den resultierenden Zielwerten transparent unterstützt. Auf diese Weise kann die Zielsetzung sowohl ambitioniert und Strategie-orientiert als auch realistisch erfolgen. Das Controlling spielt eine zentrale Rolle bei der Entwicklung der Top-down-Ziele, indem es das Management durch die Herleitung von Zielvorschlägen unterstützt. Abb. 2 zeigt überblicksartig, wie eine solche Prozessveränderung bei der Firma Lanxess umgesetzt wurde.

Abb. 2: Veränderung der Prozesse bei Lanxess mit einem kompakten Target Setting statt einer umfangreichen Budgetierung[1]

[1] Horváth Planungsfachkonferenz, 2020.

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