Rz. 11

Bei der Aufstellung des Plan-Jahresabschlusses können 2 grundsätzliche Vorgehensweisen unterschieden werden, entweder wird der Plan-Jahresabschluss aus der Unternehmensplanung heraus entwickelt (progressive Planbilanzen und Plan-GuV-Rechnungen) oder der Plan-Jahresabschluss bildet den Ausgangspunkt für die Entwicklung des Planungssystems (retrograde Planbilanzen und Plan-GuV-Rechnungen).

 

Rz. 12

Die progressive Planung beginnt in den einzelnen Funktionsbereichen bzw. Sparten. Hinsichtlich der Koordination der Bereiche bzw. Sparten kann zwischen sukzessivem Vorgehen und dem simultanen Planungsansatz unterschieden werden. Bei der Sukzessivplanung werden die einzelnen Bereiche in der Reihenfolge der vermuteten abnehmenden Beschränkungen geplant (z. B. Absatzplanung wird dann als Ausgangspunkt der Planung gewählt, wenn das Unternehmen davon ausgeht in einer bestimmten Berichtsperiode nicht alles verkaufen zu können, was in dieser Berichtsperiode produziert werden kann).[1] Da Interdependenzen nur stets in eine Richtung berücksichtigt werden können, ist eine suboptimale Gesamtlösung selbst dann möglich, wenn die einzelnen Teilpläne optimal gelöst wurden.[2] Bei der Simultanplanung werden stattdessen sämtliche für das Planungsproblem relevanten Entscheidungen mit einem bestimmten Planungskalkül gleichzeitig getroffen. Das größte Problem der Simultanplanung besteht in der präzisen Formulierung des Entscheidungsproblems mit allen seinen Restriktionen und Unsicherheiten sowie der damit verbundenen hohen Komplexität. Bei einem kurzfristig geringem unternehmensexternem wie -internem Spielraum kommt dem aus der progressiven Planung resultierenden Plan-Jahresabschluss fast zwangsläufig der Charakter eines Prognose-Jahresabschlusses zu, der nur unzureichend eine Vorgabefunktion wahrnimmt.

 

Rz. 13

Bei der retrograden Planung erfolgt ausgehend vom Plan-Jahresabschluss, insbesondere vom angestrebten Planergebnis, die Planung für das gesamte Unternehmen mit seinen betrieblichen Teilbereichen. Besitzen die aus einer Planbilanz und Plan-GuV abgeleiteten Planvorgaben für die einzelnen Unternehmensbereiche (Budgets) keine oder nur eine geringe Realitätsnähe, so handelt es sich um eine retrograde Planung mit reiner Vorgabefunktion, wobei der Realitätsbezug insbesondere durch die Höhe des vorgegebenen Gewinnziels, durch das tatsächliche Ausmaß des Handlungsspielraums zur Beeinflussung der Planansätze sowie durch die Dauer des Planungszeitraums bestimmt ist. Falls der zum Ausgangspunkt gewählte Plan-Jahresabschluss bzw. das Planergebnis unter den gegebenen Handlungsmöglichkeiten als erreichbar erscheint, hat die retrograde Planung sowohl eine Vorgabe- als auch eine Prognosefunktion.[3]

 

Rz. 13a

Zudem ist auch eine Kombination von retrogradem und progressivem planerischen Vorgehen möglich. So können insbesondere im ersten Schritt die aus der retrograden Planung abgeleiteten Vorgaben an die Unternehmensteilbereiche übermittelt werden. Im zweiten Schritt bestätigen die Teilbereiche entweder die sie betreffenden Zielvorgaben oder melden die aus ihrer Sicht erreichbaren Ziele an die zentrale Planungsinstanz im Unternehmen zurück. Dieses Gegenstromverfahren kann anschließend mit von der zentralen Planungsinstanz angepassten Zielvorgaben wiederholt werden bis eine Verständigung auf einen Plan erfolgt, der sowohl aus Sicht der Unternehmensleitung (bzw. der zentralen Planungsinstanz) Vorgabecharakter hat als auch aus Sicht der einzelnen Teilbereiche realisierbar erscheint.

[1] Ähnlich Gutenberg, Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, Bd. 1: Die Produktion, 24. Aufl. 1983, S. 163 ff.
[2] Vgl. Steven, in Küpper/Wagenhofer, Handwörterbuch Unternehmensrechnung und Controlling, 4. Aufl. 2002, Sp. 752.
[3] Vgl. Marettek, Progressive und retrograde Erfolgsplanung, Neue Betriebswirtschaft 1965, S. 69.

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