Leitsatz

1. Ist Art. 11 Abs. 1 VO Nr. 3665/87 auch insoweit mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar, als er eine Sanktion für den Fall vorsieht, dass der Ausführer ohne eigenes Verschulden eine höhere als die ihm zustehende Ausfuhrerstattung beantragt hat?

2. Auch bei bloßen nicht offenkundig unbegründeten Zweifeln an der Gültigkeit der Rechtsakte der Gemeinschaft ist der BFH zur Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs verpflichtet.

3. Der Begriff der höheren Gewalt umfasst auch im Rahmen der Verhängung einer Verwaltungssanktion nicht jedes schuldlose Verhalten.

4. Kann Art. 11 Abs. 1 Unterabs. 3 Buchst. a VO Nr. 3665/87 dahin ausgelegt werden, dass gutgläubig gemachte, auf falschen Informationen des Herstellers beruhende falsche Angaben des Erstattungsantragstellers grundsätzlich ein Fall höherer Gewalt sind, wenn dieser sie nicht oder nur mit Hilfe von Kontrollen im Herstellungsbetrieb als falsch erkennen konnte?

 

Normenkette

VO Nr. 3665/87 Art. 11 Abs. 1 , VO Nr. 1222/94 Art. 7 Abs. 1 , VO Nr. 2988/95 Art. 2 Abs. 3, , VO Nr. 2988/95 Art. 5 Abs. 1

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 04.04.2000, VII R 67/98

Anmerkung

Das Hauptzollamt forderte der Klägerin gewährte Ausfuhrerstattungen zurück. Zusätzlich verlangte es eine Sanktion in Höhe eines bestimmten Betrags der Ausfuhrerstattung nach der entsprechenden EG-Regelung.

Der Senat hegt Zweifel, ob die EG-Verordnung gültig ist. Er äußert Bedenken gegen die Sanktionsregelung, da sie auch in Fällen greift, in denen den Exporteur kein Verschulden trifft. Letztendlich bejaht der Senat in seiner ausführlichen Abwägung der Argumente die Rechtsgültigkeit der Regelung. Gleichwohl legt er die Frage dem EuGH nach Art. 234 Abs. 3 des EG-Vertrags zur Einholung einer Vorabentscheidung vor.

• Denn eine Vorlagepflicht des letztinstanzlichen innerstaatlichen Gerichts (hier des BFH) an den EuGH besteht nicht nur in Fällen, in denen es um die Auslegung von Gemeinschaftsrecht geht, sondern auch dann, wenn über die Gültigkeit gemeinschaftsrechtlicher Normen zu entscheiden ist.

• Die Frage der Gültigkeit ist im Streitfall nicht offenkundig. Bei den bestehenden Zweifeln muss daher vorgelegt werden .

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