Leitsatz

1. Eine Schätzung der "bestimmten Zeit" als Tatbestandsvoraussetzung für eine passive Rechnungsabgrenzung erhaltener Einnahmen ist zulässig, wenn sie auf "allgemeingültigen Maßstäben" beruht. Daran fehlt es, wenn die angewendeten Maßstäbe auf einer Gestaltungsentscheidung des Steuerpflichtigen beruhen, die geändert werden könnte.

2. Eine Passivierung erhaltener Zahlungen für eine noch ausstehende zeitraumbezogene Leistung ist nicht als erhaltene Anzahlung, sondern nur unter den Voraussetzungen der passiven Rechnungsabgrenzung möglich.

 

Normenkette

§ 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 Nr. 2, Abs. 6, § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b EStG, § 249 Abs. 1 Satz 1, § 250 Abs. 2, § 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2, Nr. 5, § 253 Abs. 1 Satz 2, § 264 Abs. 2 HGB, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 3 RL 78/660/EWG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, ermittelt ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Innerhalb einer in der Immobilienbranche tätigen Unternehmensgruppe übernimmt sie die für die erfolgreiche Umsetzung geplanter Bauvorhaben erforderlichen Projektentwicklungsmaßnahmen. Sie schließt dazu mit Projektgesellschaften der Gruppe Projektentwicklungs- und -durchführungsverträge ab. Für ihre Leistungen erhält sie als Regiekosten bezeichnete pauschale Tätigkeitshonorare, die Teil der für das jeweilige Objekt kalkulierten Gesamtinvestitionskosten oder Verkaufspreise sind. Die Regiekosten sind, verteilt auf die voraussichtliche Laufzeit des jeweiligen Projekts, in regelmäßigen Raten zu zahlen. Die Klägerin nahm in ihrer Gewinnermittlung für das Streitjahr 2008, in dem sie an mehreren Bauprojekten beteiligt war, eine passive Rechnungsabgrenzung vor. Dieser lag eine Aufteilung der von ihr zu erbringenden Leistungen in fünf Phasen zugrunde, während derer ein in einem Prozentsatz darzustellender Anteil der Gesamtleistung zu erbringen war. Die Klägerin ging dabei davon aus, dass die von ihr geschuldeten Leistungen bei jedem Projekt in diesen fünf Phasen zu erbringen waren und der Prozentsatz für die jeweilige Phase bei jedem Projekt gleich war. In einer Leistungsermittlung bestimmte sie für jedes Projekt, für das sie in dem Streitjahr Regieerlöse erzielte und für das sie einen passiven RAP bildete, den Beginn, die Laufzeit und das Ende jeder Phase und verteilte die Projekterlöse auf die jeweilige Phase ihres Berechnungsschemas. In einer Außenprüfung beanstandete der Prüfer den gebildeten passiven RAP. Es fehle der erforderliche zeitliche und sachliche Zusammenhang zwischen den in den Projektverträgen zugrunde gelegten Zahlungsplänen und den durch die Klägerin zu erbringenden Leistungen. Die Leistungsermittlungen beruhten nur auf Schätzungen der Klägerin, deren Grundlagen nicht bekannt seien. Es sei allerdings von einem Erfüllungsrückstand der Klägerin zum 31.12.2008 auszugehen, der auf 2,5 Mio. EUR geschätzt werde; insoweit sei eine Rückstellung zu bilden. Das FG (FG Düsseldorf, Urteil vom 14.7.2020, 10 K 2970/15 F, Haufe-Index 14058382) wies die Klage, mit der die Klägerin die Minderung des laufenden Gesamthandsgewinns um weitere 2,5 Mio. EUR begehrte, ab.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision der Klägerin als unbegründet zurück. In revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise sei das FG zu dem Ergebnis gelangt, dass die zeitliche Zuordnung der erhaltenen Zahlungen durch die Klägerin den Anforderungen an die Bildung eines passiven RAP nicht genüge, da es sich um nicht hinreichend kontrollierbare Schätzungen der Klägerin handele. Im Ergebnis zutreffend habe das FG es auch abgelehnt, die im Streitjahr erhaltenen Honorare in dem von der Klägerin begehrten Umfang als erhaltene Anzahlungen zu passivieren. Da es sich bei den von der Klägerin nach den einzelnen Projektverträgen zu erbringenden Leistungen um zeitraumbezogene und nicht um zeitpunktbezogene Leistungen handele, komme eine Passivierung der erhaltenen Zahlungen auch nicht als Anzahlung in Betracht. Nicht zu beanstanden sei die Entscheidung des FG schließlich auch insoweit, als es eine Erhöhung der vom FA bereits berücksichtigten Rückstellung für einen Erfüllungsrückstand der Klägerin mit der Begründung abgelehnt habe, dass ohne konkrete Daten zu dem gesamten Erfüllungsaufwand der betroffenen Objekte und dem davon am Bilanzstichtag noch ausstehenden Anteil die Höhe des Erfüllungsrückstands und damit die Höhe der Rückstellung nicht bestimmt werden könne. Ein Verstoß der innerstaatlichen Vorschriften gegen Unionsrecht sei nicht erkennbar.

 

Hinweis

1. Wegen der für eine passive Rechnungsabgrenzung nach § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG erforderlichen zeitlichen Zuordenbarkeit des Entgelts ("bestimmte Zeit") muss die noch ausstehende Gegenleistung zeitbezogen oder periodisch aufteilbar sein. Als Zeitmaßstab kommt nur eine Größe in Betracht, die – wie etwa ein kalendermäßig festgelegter oder berechenbarer Zeitraum – nicht von vornherein Zweifel über Beginn und Ende des Zeitraums aufkommen lässt. Individuelle Schätzungen der Dauer der Gegenleistung sind daher nicht ausreichend. Ausre...

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