Leitsatz

1. Zur Prüfung der Auslastung einer Ferienwohnung müssen die individuellen Vermietungszeiten des jeweiligen Objekts an Feriengäste mit denen verglichen werden, die bezogen auf den gesamten Ort im Durchschnitt erzielt werden (Bestätigung der Rechtsprechung).

2. Dabei kann das FG auf Vergleichsdaten eines Statistikamtes auch dann zurückgreifen, wenn diese Werte für den betreffenden Ort nicht allgemein veröffentlicht, sondern nur auf Nachfrage zugänglich gemacht werden.

3. Die Bettenauslastung kann Rückschlüsse auf die ortsübliche Vermietungszeit zulassen.

 

Normenkette

§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 EStG

 

Sachverhalt

Die Kläger vermieteten eine Einliegerwohnung in ihrem ansonsten selbst genutzten Haus als Ferienwohnung mit Verlust. Sie wohnen in einer bekannten Ferienregion.

Das FA bezweifelte unter Bezug auf eine die Region betreffende Statistik, die auch Hotels einschloss, eine ausreichende Anzahl an Vermietungstagen und ermittelte prognostisch einen hohen Gesamtunterschuss, weshalb es die Einkünfteerzielungsabsicht verneinte. Die Kläger verwiesen dagegen auf örtliche Zahlen für größere Privatvermieter (mehr als 10 Betten). Danach wäre eine Prognose entbehrlich gewesen.

Das FG (FG Mecklenburg-Vorpommern, Entscheidung vom 23.10.2019, 3 K 276/15; Haufe-Index 13616226) hat der Klage stattgegeben. Mit der Revision wollte das FA wohl näher klären lassen, wie der Vergleich der Vermietungszeiten im Einzelfall zu verstehen ist.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Revision des FA zurückgewiesen und die tatsächliche Würdigung des FG im Ergebnis bestätigt. Das Urteil enthält neben einer aktuellen Darstellung der geltenden Grundsätze viele interessante Einzelheiten zu den tatsächlichen und rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Prüfung, ob die Anzahl der durchschnittlichen Vermietungstage erheblich unterschritten worden ist.

 

Hinweis

1. Bei der Vermietung einer Ferienwohnung, die nicht selbst genutzt wird, muss die Einkünfteerzielungsabsicht anhand einer Prognose überprüft werden, wenn die ortsübliche Vermietungszeit erheblich, d.h. um mindestens 25 %, unterschritten wird. Streitig war, wie die ortsübliche Vermietungszeit festgestellt werden kann/darf:

a) Zum rechtlichen Maßstab gehört die Aussage, dass es insofern auf den gesamten Ort ankommt. Dabei meint "Ort" nicht unbedingt den Bereich der politischen Gemeinde. Unter Umständen kann das Gebiet mehrerer Gemeinden gemeint sein; es kann aber auch auf eine viel kleinere Einheit ankommen (z.B. einen Hotelkomplex).

Nach welchen Kriterien der unbestimmte Rechtsbegriff "Ort" ausgefüllt werden muss, führt der BFH in der Entscheidung nicht aus. Es liegt jedoch auf der Hand, dass es darum gehen muss, Objekte zu vergleichen, die hinsichtlich ihrer Vermietbarkeit in etwa gleichen Bedingungen unterliegen. Das hängt von den konkreten Umständen ab. Auf einer kleineren Insel (wie etwa Amrum) könnte es sein, dass es nicht erforderlich ist, zwischen den einzelnen Orten zu differenzieren. Auf einer größeren Insel wie Rügen stellt sich dies wohl anders dar (vgl. dazu Leitsatz 1).

b) In der Statistik müssen außerdem vergleichbare Objekte erfasst sein. Insofern lässt der BFH durchblicken, dass die Übernachtungszahlen von Hotelbetrieben nicht unbedingt mit denen privater Ferienvermieter verglichen werden können. Dass die Gemeinde im Streitfall nur Zahlen von Vermietern mit mehr als 10 Betten erhoben hatte, wozu die Kläger nicht gehörten, war dagegen unschädlich. Die Würdigung des FG, wonach diese Zahlen auf die Verhältnisse der Kläger besser passten als die für die gesamte Insel erhobenen (auch Hotels einschließenden) Zahlen, hat der BFH jedenfalls nicht beanstandet.

2. Ausführlich beschäftigt sich das Urteil weiter mit der erforderlichen Qualität der Vergleichszahlen:

a) Sie müssen – soweit möglich – repräsentativ sein. Das ist aber nicht mathematisch zu verstehen. Ein mathematisch repräsentativer Stichprobenraum wird kaum jemals zur Verfügung stehen. Erforderlich ist eine hinreichend große Zahl. Eine nur kleine Anzahl einzelner Vergleichsvermieter genügt jedenfalls nicht. Im Streitfall hat der BFH die möglicherweise mathematisch zweifelhafte Größe der Stichprobe nicht beanstandet, sondern darauf verwiesen, dass es sich um amtliche Daten handele.

b) Die Daten müssen nicht veröffentlicht sein. Es genügt dem BFH, dass sie auf Anfrage jedermann zur Verfügung gestellt werden (Leitsatz 2).

c) Unschädlich war schließlich auch, dass die Gemeinde die Bettenauslastung und nicht die Vermietungstage erhoben hatte. Zwar stellt der BFH auf einen Vergleich der durchschnittlichen Vermietungstage ab. Er hat aber klargestellt, dass eine Statistik, in der die Übernachtungszahlen erfasst sind, auch Aussagen zu den Vermietungstagen erlaubt. Diese Zahlen sind nicht untauglich, können aber zulasten des Klägers gehen, denn bei der "Umrechnung" muss dann stets die volle Belegung der Wohnungen unterstellt werden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 26.5.2020 – IX R 33/19

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