Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 23.05.2018; Aktenzeichen 29 O 448/17)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 29. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 23.5.2018 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

3. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 8.956,50 Euro.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt nach mit Schreiben vom 17.8.2017 erklärtem Widerruf die Rückabwicklung eines teilweise durch ein Darlehen der beklagten Bank vom 3.2.2016 finanzierten PKW-Kaufs.

Bezüglich der Einzelheiten und der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die unter näherer Begründung im Einzelnen weiterhin meint, sie habe den streitgegenständlichen Darlehensvertrag im Jahr 2017 noch widerrufen können, weil ihr ein verbraucherrechtliches Widerrufsrecht zugestanden habe und die zweiwöchige Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt gewesen sei.

Die Klägerin beantragt in der Berufungsinstanz:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von EUR 8.956,50 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB ab dem 10.11.2017 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerseite einen Betrag in Höhe von EUR 2.879,09 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit für die außergerichtliche anwaltliche Rechtsverfolgung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

Zurückweisung der Berufung.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil als richtig.

Wegen der Einzelheiten und wegen des weiteren Vortrags der Parteien in zweiter Instanz wird auf die eingereichten Schriftsätze und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

II. Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet.

Dabei kann offen bleiben, ob die Klägerin den streitgegenständlichen Darlehensvertrag als Verbraucherin abgeschlossen hat und ihr daher ursprünglich ein Widerrufsrecht zustand. Denn auch dann wäre bei Erklärung des Widerrufs die Widerrufsfrist bereits abgelaufen gewesen.

1. Gemäß Art. 229 §§ 32 Abs. 1, 38 Abs. 1, 40 Abs. 1 EGBGB finden die für die Entscheidung maßgeblichen Vorschriften von BGB und EGBGB in ihrer im Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 3.2.2016 gültigen Fassung Anwendung. Zitierungen von BGB und EGBGB im Folgenden beziehen sich auf die Vorschriften in dieser Fassung, soweit nicht anders vermerkt.

2. Unter der Prämisse, dass die Klägerin den streitgegenständlichen Darlehensvertrag als Verbraucherin geschlossen hat, stand ihr beim Abschluss ein Widerrufsrecht zu, §§ 495 Abs. 1, 355 BGB.

Dieses Widerrufsrecht war jedoch bei Erklärung des Widerrufs verfristet. Denn der Klägerin wurde bei Vertragsschluss eine für sie bestimmte Abschrift der Vertragsurkunde im Sinne des § 356b Abs. 1 BGB zur Verfügung gestellt (a)) und die der Klägerin zur Verfügung gestellte Urkunde enthielt alle für die Ingangsetzung der Widerrufsfrist erforderlichen Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB (b)). Damit lief die 14tägige Widerrufsfrist gemäß §§ 355 Abs. 2 S. 2, 356b Abs. 1, 2 BGB mit Vertragsschluss an.

a) Der Klägerin wurde im Sinne des § 356b Abs. 1 BGB eine Abschrift der Vertragsurkunde zur Verfügung gestellt, auch wenn die ihr überlassene Urkunde nicht von beiden Vertragsparteien unterschrieben war.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt der Lauf der Widerrufsfrist nur voraus, dass der Verbraucher ein Exemplar des Vertragsformulars erhält, das nach Unterschriftsleistung des Verbrauchers die Vertragserklärung dokumentiert. Dass gerade das dem Verbraucher überlassene Exemplar seine Unterschrift trägt, ist dazu nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 27. Februar 2018 - XI ZR 160/17 -, Rn. 30, juris). Soweit die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB in der bis zum 12.6.2014 geltenden Fassung ergangen ist, entspricht der Wortlaut von § 356b Abs. 1 BGB in der hier einschlägigen Fassung dem Wortlaut des § 355 Abs. 2 S. 3 BGB in seiner der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrundeliegenden Fassung, so dass kein Anlass besteht, die Frage vorliegend anders zu behandeln.

b) Die Widerrufsfrist ist auch nicht gemäß § 356b Abs. 2 BGB deshalb nicht angelaufen, weil die der Klägerin zur Verfügung gestellte Urkunde nicht die nach § 492 Abs. 2 BGB notwendigen Pflichtangaben enthalten hätte; der Klägerin sind vielmehr alle von ihr als fehlend gerügten Pflichtangaben ordnungsgemäß erteilt worden bzw. es führen denkbare Mängel nicht dazu, dass die Widerrufsfrist nicht angelaufen wäre.

Ob sich die Beklag...

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