Leitsatz (amtlich)

1. Mehrere vom Antragsteller behauptete Pflichtverletzungen bedürfen auch hinsichtlich der Hemmung der Verjährung durch Zustellung eines Mahnbescheids gesonderter Betrachtung.

2. Die Anspruchsbezeichnung in einem Mahnbescheid "Schadensersatz und ungerechtfertigte Bereichung aus Darlehensvertrag vom 21.12.1990" ist zu einer Individualisierung einzelner konkreter Pflichtverletzungen und damit zu einer Verjährungsunterbrechung bezogen auf einzelne Pflichtverletzungen nicht geeignet.

 

Normenkette

BGB § § 199 ff., § 204

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 08.02.2011)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG München I, 28. Zivilkammer, vom 8.2.2011 wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die gem. §§ 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers ist im Ergebnis unbegründet. Das LG hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichenden Erfolgsaussichten bietet (§ 114 ZPO). Auf den angefochtenen Beschluss nebst Nichtabhilfebeschluss wird Bezug genommen und ergänzend folgendes ausgeführt:

Die einzelnen vom Antragsteller behaupteten Pflichtverletzungen bedürfen jeweils gesonderter Betrachtung. Denn eine Klage wegen einer Pflichtverletzung a) unterbricht nicht die Verjährung wegen einer Pflichtverletzung b) (vgl. BGH NJW 2000, 2678; Palandt/Heinrichs, BGB, 70. A. 2011, § 204 Rz. 13). Geht es - wie hier - um den Vorwurf verschiedener Aufklärungs- oder Beratungsfehler, sind die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB getrennt für jede einzelne Pflichtverletzung zu prüfen (BGH v. 24.3.2011 - III ZR 81/10).

Zutreffend und auch von der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen geht das LG davon aus, dass Ansprüche wegen der Klagegründe "Verstoß gegen das RBerG" und "Haustürwiderruf" in der hier vorliegenden Sachverhaltskonstellation von vorneherein nicht in Betracht kommen und deshalb insoweit keine Erfolgsaussicht besteht.

2. Ausgangspunkt der ansonsten gebotenen gesonderten verjährungsrechtlichen Betrachtung muss hier die Vereinbarung über den Verzicht auf die Einrede der Verjährung vom Oktober 2004 (Anlage K 28) sein, die bemerkenswerterweise von der Antragsgegnerin in ihrer Stellungnahme (Bl. 38/39 d.A.) im Rahmen der Erhebung der Einrede der Verjährung nicht einmal angesprochen wird. Dort hat die Antragsgegnerin für alle bekannten und unbekannten Ansprüche des Antragstellers auf die Einrede der Verjährung verzichtet, bevor die Übergangsfrist gem. Art. 229 § 6 EGBGB abgelaufen war (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 70. A. 2011, Art. 229 § 6 EGBGB Rz. 6 m.w.N.). Vor Beendigung dieser Vereinbarung kann daher Verjährung insgesamt nicht eingetreten sein.

a) Nicht gefolgt werden kann der Auffassung des LG, dass der Mahnbescheid vom 20.10.2009 hier deshalb zur erneuten Verjährungsunterbrechung nach Kündigung der Vereinbarung über den Verzicht auf die Einrede der Verjährung (Anlage K 29) insgesamt ungeeignet gewesen wäre, weil er keine hinreichende Anspruchsindividualisierung enthielt.

Zwar weist das LG im Ausgangspunkt zutreffend darauf hin, dass die Zustellung eines Mahnbescheids, mit dem ein Teilbetrag aus mehreren Einzelforderungen geltend gemacht wird, die Verjährung nicht hemmt, wenn eine genaue Aufschlüsselung der Einzelforderungen unterblieben ist und die Individualisierung erst nach Ablauf der Verjährungsfrist im anschließenden Streitverfahren nachgeholt wird (BGH, Urt. v. 17.10.2000; ebenso BGH, Urt. v. 21.10.2008 - XI ZR 466/07).

Darum geht es hier aber nicht. Der Antragsteller macht nicht Teilbeträge aus mehreren Einzelforderungen geltend, sondern einzelne angebliche Schadenspositionen eines einheitlichen Schadensersatzanspruchs. Wenn - wie hier - nur ein Teil eines Gesamtanspruchs, dessen Betrag sich aus einzelnen Positionen zusammensetzt, ohne Aufgliederung oder Bezifferung dieser Positionen im Mahnverfahren geltend gemacht wird, unterbricht dies sehr wohl die Verjährung, und zwar hinsichtlich sämtlicher Positionen bis zur Höhe der mit dem Mahnbescheid verlangten Gesamtsumme; die fehlende Substantiierung kann dann im Laufe des streitigen Verfahrens nachgeholt werden, und zwar auch dann noch, wenn der Anspruch ohne die Unterbrechungswirkung der Zustellung des Mahnbescheids bereits verjährt gewesen wäre (BGH vom 13.5.2011, Gz. V ZR49/10).

b) Gleichwohl bedürfen aber auch insoweit die einzelnen verbleibenden Klagegründe gesonderter Betrachtung. Denn, wie oben bereits ausgeführt, unterbricht eine Klage wegen einer Pflichtverletzung a) nicht die Verjährung wegen einer Pflichtverletzung b) (vgl. BGH NJW 2000, 2678; Palandt/Heinrichs, BGB, 70. A. 2011, § 204 Rz. 13); nichts anderes gilt für das Mahnverfahren. Wenn die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB für verschiedene Aufklärungs- oder Beratungsfehler getrennt für jede einzelne Pflichtverletzung zu prüfen sind (BGH v. 24.3.2011 - III ZR 81/10), wird für die Frage der Verjährungsunterbrechung gem. § ...

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