Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 26 O 319/16)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 20.2.2017 (26 O 319/16) in der Fassung der Nichtabhilfeentscheidung vom 12.3.2017 (26 O 319/16) aufgehoben und der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten wird für zulässig erklärt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die gemäß §§ 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG, 567 ff. ZPO statthafte sofortige Beschwerde der Klägerin ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht verwiesen. Zur Entscheidung über das Klagebegehren sind die ordentlichen Gerichte berufen.

Selbst wenn zur Bestimmung der Zuständigkeit auf den N Vertrag vom 21.9.2015 (Anlage K 1) und nicht (nur) auf den im Zusammenhang damit abgeschlossenen Fortbildungsvertrag mit Rückzahlungsklausel vom 21.9.2015 (Anlage K 2) abgestellt wird, handelt es sich nicht um eine Rechtsstreitigkeit, über die die Arbeitsgerichte zu entscheiden hätten. Denn der Beklagte ist Handelsvertreter und fällt auch nicht unter die Regelung der § 5 Abs. 3 ArbGG i.V.m. § 92 a HGB.

Zur Begründung kann zunächst auf den mit der Beschwerdeschrift zur Akte gereichten Beschluss des Senats vom 15.9.2008 (19 W 18/08, veröffentlicht in: OLGR 2009, 567 f. m.w.N.) verwiesen werden, der einen N-Vertrag der Klägerin betraf, welcher sich in den für die vorliegend relevanten Fragen maßgeblichen Punkten nicht in entscheidungserheblicher Weise von den Vereinbarungen unterscheidet, die die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits getroffen haben:

1. Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Beklagten davon auszugehen ist, dass er ein Handelsvertreter der Klägerin war.

Gemäß § 1 Ziffer 1 des zwischen den Parteien geschlossenen N-Vertrages vom 21.9.2015 sollte der Beklagte - nach erfolgtem Sachkundenachweis, zu dessen Erlangung der Fortbildungsvertrag diente - als selbständiger Gewerbetreibender im Sinne der §§ 84 ff. HGB tätig werden. Der Wortlaut des Vertrages allein ist zwar nicht entscheidend für die Frage, ob ein Vertragspartner als selbständiger Handelsvertreter tätig geworden ist oder werden soll, weil es grundsätzlich nicht auf die von den Parteien gewählte Bezeichnung, sondern vor allem auf das Gesamtbild der vertraglichen Gestaltung und die (geplante) tatsächliche Handhabung ankommt. Jedoch ist vorliegend weder im Hinblick auf die vertraglichen Bestimmungen noch aufgrund der (beabsichtigten) tatsächlichen Durchführung des Vertrages von einer Arbeitnehmereigenschaft des Beklagten auszugehen. Er ist danach vielmehr als selbständiger Handelsvertreter einzuordnen. Dies ergibt sich zunächst aus der gesamten Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses, welches dem gesetzlichen Leitbild des Handelsvertreters in vollem Umfang entspricht. Der Beklagte sollte gemäß § 1 Ziffer 3 des N-Vertrages den Ort und die Zeit seiner Tätigkeit frei bestimmen können. Nach § 2 Ziffer 1 des N-Vertrages war der Beklagte verpflichtet, seine Dienste in Person und mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes zu erbringen. Er sollte gemäß § 4 Ziffer 1 lit. a) für seine Tätigkeit Vergütungen in Form von Provisionen und Honoraren erhalten. Gemäß § 5 sollte der Beklagte die ihm im Rahmen seiner Tätigkeit unmittelbar entstandenen Aufwendungen, insbesondere EDV-, Telefon-, KFZ-, Reise- und Bewirtungskosten sowie die Kosten der Versicherung gegen Vermögensschäden, selbst tragen. Die Beiträge zur Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung hatte die Klägerin gemäß § 6 Satz 2 nur für das erste Jahr ab Vertragsschluss übernommen, ab dem zweiten Jahr waren sie von dem Beklagten zu zahlen. § 13 Ziffern 1 und 2 des N-Vertrages legte die Kündigungsfristen des § 89 Abs. 1 HGB zugrunde. § 14 des Vertrages enthielt nähere Bestimmungen zum Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB. Darüber hinaus sollten gemäß § 15 des Vertrages im Übrigen die Vorschriften des HGB Anwendung finden, soweit in dem Vertrag nichts anderes bestimmt war. Auch die weiteren vertraglichen Vereinbarungen stehen einer Einordnung des Beklagten als selbständiger Handelsvertreter nicht entgegen. Die Regelung in § 2 Ziffer 5 des Vertrages, wonach der Beklagte andere Personen ausschließlich zu Hilfstätigkeiten im Rahmen seiner eigenen persönlichen Organisation beschäftigen durfte, spricht nicht entscheidend gegen die freie Gestaltung seiner Tätigkeit. Der Beklagte sollte im Bereich der Versicherungs- und Finanzberatung sowie der Versicherungs- und Finanzvermittlung tätig werden. Die Klägerin hatte im Hinblick auf das Haftungsrisiko und die schutzwürdigen Belange ihrer Kunden ein berechtigtes Interesse daran, den Kreis der für sie tätigen Handelsvertreter überschauen zu können und nur solche Personen für sie tätig werden zu lassen, die die entsprechenden Voraussetzungen und Kenntnisse für die von ihr a...

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