Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Aktenzeichen 10 O 509/16)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 01.09.2017 - 10 O 509/16 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens und - insoweit in Abänderung des Beschlusses des Landgerichts vom 30.08.2017 - der ersten Instanz wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt, der Beklagten zu untersagen, gegenüber Verbrauchern die in Ziff. 15 Abs. 4 c) der ABB der Beklagten (Tarif V. B.) enthaltene Klausel zu verwenden oder sich auf diese Klausel zu berufen.

Die Klägerin ist eine qualifizierte Einrichtung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG. Die Beklagte ist eine Bausparkasse. Die Beklagte verwendet in § 15 Abs. 4 c) ihrer ABB für den Tarif "V. B. 15" folgende Klausel:

"Wurden nicht spätestens 15 Jahre nach Vertragsbeginn die Zuteilungsvoraussetzungen erfüllt und die Annahme der Zuteilung erklärt, ist die Bausparkasse berechtigt, den Bausparvertrag mit einer Frist von einem Monat zu kündigen. Wurde der Vertrag erhöht, ist insoweit das Datum der letzten Erhöhung maßgeblich. Die Bausparkasse hat dem Bausparer mindestens sechs Monate vor Ausspruch der Kündigung ihre Kündigungsabsicht mitzuteilen. Die Bausparkasse wird dem Bausparer hierbei ein Angebot unterbreiten, den Bausparvertrag in einen anderen Tarif umzuwandeln."

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (im Folgenden BaFin) erteilte für die streitgegenständlichen ABB des Tarifs V. B. 15 am 17.11.2014 eine Genehmigung.

Der Tarif V. B. 15 wird gemäß § 2 Abs. 1 der ABB in drei Varianten mit unterschiedlich hohen monatlichen Sparbeiträgen (Regelsparbeiträgen) angeboten, wobei die Regelsparbeiträge zwischen 3,75 Promille und 4,4 Promille der Bausparsumme liegen. Die Zuteilungsreife ist bei der vertraglich vorgesehenen Besparung in der Tarifvariante "C.F." nach ca. 8 Jahren, in der Tarifvariante "Niedrige Rate" nach ca. 10,5 Jahren und in der Tarifvariante "Niedriger Zins" nach ca. 11 Jahren zu erwarten. Durch individualvertragliche Vereinbarungen zwischen Bausparern und der Bausparkasse kann von den Regelsparbeiträgen abgewichen werden.

Die Beklagte wurde von der Klägerin mit Schreiben vom 02.11.2016 abgemahnt. Die Beklagte ließ die Abmahnung mit Schreiben vom 11.11.2016 in vollem Umfang zurückweisen.

Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen,

die Klausel verstoße gegen §§ 309 Nr. 4, 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB.

Ein Verstoß gegen § 309 Nr. 4 BGB ergebe sich daraus, dass dem Verbraucher nur mitgeteilt werde, dass der Vertrag gegebenenfalls gekündigt werden wird. Die Beklagte zeichne sich dadurch von ihrer Pflicht, einen Vertragspartner zu mahnen oder eine Frist für eine eventuell notwendige Leistung zu setzen, frei. Nach dem Wortlaut handele es sich um eine bloße Ankündigung, ohne Mitteilung, wie gegebenenfalls die Folgen vermieden werden könnten.

Die Klausel verstoße außerdem gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB. Ein Verstoß gegen § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB sei darin zu sehen, dass bei Bausparverträgen, die auf einen langen Zeitraum angelegt seien und bespart würden, dem Bausparer die Möglichkeit genommen werde, ein Bauspardarlehen zu erlangen. Die Klausel berücksichtige nicht, dass bei einer Vielzahl von Verträgen der Regelsparbeitrag unterschritten werde und mithin auch nach 15 Jahren die Zuteilungsvoraussetzungen nicht zwingend erfüllt seien, auch wenn der Bausparer seinen vertraglichen Pflichten stets nachgekommen sei. Die Klausel berücksichtige außerdem nicht, dass Verträge teilweise unverschuldet nicht wie vorgesehen bespart werden könnten.

Zu berücksichtigen sei ferner, dass die tatsächliche Zuteilung des Darlehens unter Umständen erst erheblich später erfolge, als der von der Beklagten errechnete Zeitpunkt von maximal ca. 11 Jahren nach Vertragsschluss: Da die Bauspardarlehen aus den angesparten Guthaben der anderen Bausparer, deren Vertrag noch nicht zuteilungsreif ist, gewährt würden, sei nicht vorhersehbar, wann wie viel Kapital zur Zuteilung zur Verfügung stehen werde. Der tatsächliche Zuteilungszeitpunkt hänge von der Zielbewertungszahl ab, aus der sich - jedenfalls denktheoretisch - ein weitaus späterer Zuteilungszeitpunkt ergeben könnte.

In die Abwägung, die bei einer Prüfung des Verstoßes gegen § 307 BGB vorzunehmen sei, müsse auch einbezogen werden, dass der Anwendungsbereich dieser ABB keine hochverzinsten (Alt-)Bauspardarlehen seien, sondern solche, die für den Verbraucher mit 0,2 % jährlich verzinst würden.

Eine Möglichkeit zur Kündigung gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB sehe d...

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