Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 19.02.1991; Aktenzeichen 2/19 O 323/0)

 

Tenor

Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das am 19.02.1991 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main – Az.: 19 O 323/90 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung fallen der Beklagten zur Last.

Der Wert der Beschwer wird auf 25.000,00 DM festgesetzt.

 

Gründe

(abgekürzt gemäß § 543 Abs. 1 ZPO)

Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, daß das Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung in der Hauptsache erledigt ist, soweit der Verfügungskläger beantragt hat, der Verfügungsbeklagten aufzugeben, sich bei der Gesellschafterversammlung vom 30.11.1990 mit sämtlichen von ihr gehaltenen Geschäftsanteilen der Stimme zu enthalten.

Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist zulässig. Zwar ist dies bei einem Begehren auf Stimmrechtsausübung in der Gesellschafterversammlung einer GmbH in bestimmter Weise in Rechtsprechung und Lehre sehr umstritten (Überblick über den Meinungsstand bei Damm, Einstweiliger Rechtsschutz im Gesellschaftsrecht, ZHR 154 (1990), S. 413 ff., 430 ff.). Die jüngste Entwicklung sowohl in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte als auch im Schrifttum geht aber dahin, den Erlaß einer einstweiligen Verfügung bei Willenbildungskonflikten innerhalb der nicht mitbestimmten GmbH nicht generell für unzulässig zu erachten, sondern die Beurteilung in die materiell-rechtliche Ebene zu verlagern und von der Bewertung der auf dem Spiel stehenden Interessen von Antragsteller und Antragsgegner abhängig zu machen. Das bedeutet, daß an die Voraussetzungen der Verfügung – Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund – besonders hohe Anforderungen zu stellen sind, so daß im Ergebnis einstweiliger Rechtsschutz des Antragstellers nur bei einer besonders schwerwiegenden Beeinträchtigung seiner Belange in Betracht kommt (OLG Hamburg, NJW 1992, S. 186 ff.; OLG Stuttgart, NJW 1987, S. 2449 ff; im Ergebnis ebenso OLG Koblenz NJW 1986, S. 1692 ff., anderer Auffassung aber in NJW 1991, S. 1119 ff.; Damm, a.a.O.; von Gerkan, Gesellschafterbeschlüsse, Ausübung des Stimmrechts und einstweiliger Rechtsschutz, ZGR 1985, S. 166 ff., 187 ff.; Hachenburg-Raiser, GmbHG, 8. Aufl., 1991, Anh. § 47 Rdnr. 257; H. P. Westermann/Pöllath, Abberufungen und Ausschließung von Gesellschaftern/Geschäftsführern in Personengesellschaften und GmbH, 4. Aufl., 1988, S. 87 f.).

Im Streitfall stand die gesamte gesellschaftsrechtliche Stellung des Verfügungsklägers auf dem Spiel, denn die Tagesordnung für die außerordentliche Gesellschafterversammlung für die … am 30.11.1990 enthielt als Punkte 4 und 5 die Kündigung des Verfügungsklägers als Geschäftsführer aus wichtigem Grund und seinem Ausschluß aus der Gesellschaft. Bei einer derartig schwerwiegenden Beeinträchtigung der Belange des Antragstellers kann einstweiliger Rechtsschutz nicht aus Gründen mangelnder Statthaftigkeit versagt werden.

Soweit der Antrag des Verfügungsklägers dem Wortlaut nach über die Tagesordnungspunkte 4 und 5 hinausgeht („… insbesondere zu Punkt 4 und 5 der Tagesordnung …”), beruht dies ersichtlich auf einem Versehen, denn die Tagesordnungspunkte 1 bis 3 kamen als Gegenstand der einstweiligen Verfügung nicht in Betracht, wie der gesamte Vortrag des Verfügungsklägers zeigt, der sich weder gegen die „Besprechung der allgemeinen Finanzsituation der Gesellschaft” noch die „Einzahlung der restlichen Stammeinlage” wendet. Tagesordnungspunkt 1, „Begrüßung”, konnte ohnehin nicht Gegenstand des Verfahrens sein. Der Antrag war daher entsprechend auszulegen und dem wirklichen Willen des Verfügungsklägers gemäß auf die Tagesordnungspunkte 4 und 5 zu beschränken.

Der Verfügungsanspruch ergibt sich aus der „Treuhandvereinbarung und Freistellungserklärung” vom 03.08.1989, die zwischen dem Verfügungskläger und … einerseits und der Verfügungsbeklagten andererseits abgeschlossen bzw. abgegeben wurde. Dieser Vertrag ist nicht mangels notarieller Beurkundung formunwirksam. Das Landgericht hat bereits zutreffend ausgeführt, daß die Vereinbarung einer Treuhand nicht mit einer Veräußerung von Geschäftsanteilen im Sinne von § 15 Abs. 3 und 4 GmbHG gleichzusetzen ist, da die Beteiligten sich bereits bei Übertragung der Gesellschaftsanteile an die Verfügungsbeklagte durch den notariellen Gesellschaftsvertrag vom 02.08.1982 darüber einig waren, daß dies lediglich treuhänderisch geschehen sollte. Hier ist außerdem zu berücksichtiten, daß gem. Abs. 4 der Treuhandvereinbarung die Verfügungsbeklagte ihre Geschäftsanteile und Gesellschafterrechte ausschließlich entsprechend dem Gesellschaftszweck und zum wirtschaftlichen Wohle der Gesellschaft auszuüben hat. Demnach ist sie als Treuhänderin nicht verpflichtet, sich ausschließlich nach den Anweisungen ihrer Treuhänder zu richten. Zwar heißt es in Abs. 3 der Treuhandvereinbarung, daß die Rechte und Pflichten aus dem Gesellschaftsanteil ausschließlich die Treugeber treffen. Daraus ergibt sic...

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