Leitsatz

Werden offensichtliche Fehler des Steuerpflichtigen vom Finanzamt übernommen, liegt eine offenbare Unrichtigkeit vor, auch wenn das Finanzamt die Fehler im ELSTER-Verfahren als eigene übernimmt.

 

Sachverhalt

Die Kläger gaben in den Jahren ab 2002 ihre Einkommensteuererklärung mit dem ELSTER-Formular ab. In der Anlage V des Jahres 2002 machten sie AfA zweimal geltend; einmal als AfA nach § 7 EStG, einmal als erhöhte AfA nach § 7k EStG. Der Bearbeiter korrigierte diese doppelte Inanspruchnahme und wies die AfA nach § 7k EStG als Werbungskosten (Schuldzinsen) aus. In den Jahren 2003 bis 2005 machten die Kläger indes erneut AfA nach § 7 EStG und nach § 7k EStG geltend sowie darüber hinaus Schuldzinsen. Das Finanzamt übernahm diese doppelte Geltendmachung von AfA. Im Rahmen der Veranlagung 2006 fiel dies schließlich dem Finanzamt auf, das daraufhin die bestandskräftigen Bescheide 2003 bis 2005 unter Verweis auf § 129 AO korrigierte. Im Einspruchsverfahren bestritten die Kläger diese Korrekturmöglichkeit. Insbesondere sei kein Rechenfehler oder ein ähnlicher Fehler gegeben. Hingegen habe das Finanzamt den Sachverhalt nicht vollständig ermittelt. Das Finanzamt begründete die Anwendung des § 129 AO damit, dass der Bearbeiter die elektronischen Daten übernommen habe. Die Übernahme von fehlerhaften Angabe des Steuerpflichtigen eröffne die Möglichkeit einer Korrektur nach § 129 AO.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht wies die Klage als unbegründet ab. Die Voraussetzungen für eine Berichtigung nach § 129 AO wurden als gegeben angesehen. Nach § 129 AO könnten Schreibefehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten berichtigt werden. Dies könne auch dann der Fall sein, wenn das Finanzamt offenbare fehlerhafte Angaben des Steuerpflichtigen als eigene übernimmt. Hier sei den Klägern in jedem Jahr der gleiche Fehler unterlaufen, nämlich die fehlerhafte Eingabe der AfA nach § 7k EStG. In der mündlichen Verhandlung hätten die Kläger eingeräumt, dass sie möglicher Weise mit der Eingabe der Daten in die Steuererklärung überfordert gewesen seien. Die fehlerhaften Angaben hätte das Finanzamt als eigene übernommen, zumal im ELSTER-Verfahren kein Abhaken mehr erfolge.

 

Hinweis

Der Entscheidung liegt auf der Linie der Rechtsprechung des BFH zur Übernahme von Fehlern. Werden offensichtliche Fehler des Steuerpflichtigen vom Finanzamt übernommen, ist § 129 AO anwendbar, wenn das Finanzamt die Fehler als eigene übernimmt[1]. Wann dies der Fall ist, kann im Einzelfall durchaus streitig sein. Von Interesse ist das hier besprochene Urteil aber vor allem deswegen, weil es eine Problematik des ELSTER-Verfahrens beleuchtet, bei dem in einem eingeschränkteren Maße als früher eine Kontrolle der übermittelten Daten durch den Sachbearbeiter erfolgt. Zudem ist dieses Programm - zumal in früheren Jahren - nur bedingt als benutzerfreundlich anzusehen gewesen. Es kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass die Finanzverwaltung in Fällen des ELSTER-Verfahrens verstärkt zu einer Berichtigung nach § 129 AO kommt. Hingenommen werden sollte dies indes nicht, da gerade die Möglichkeit einer Anwendung des § 129 AO sehr stark von den Umständen des Einzelfalls abhängt[2].

Das Verfahren ist rechtkräftig. Die Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BFH am 13.8.2010 als unbegründet zurückgewiesen (Az. IV B 20/10).

 

Link zur Entscheidung

FG Nürnberg, Urteil vom 15.10.2009, 6 K 748/2008

[2] Tipke, in: Tipke/Kruse, AO, § 129 AO Tz. 26 zu EDV-Versehen

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