Der Begriff des Nießbrauchs als Nutzungsrecht ist im Einkommensteuergesetz nicht geregelt. Die Grundlagen finden sich im Zivilrecht, namentlich den §§ 1030 ff. BGB. Der Nießbrauch gewährt dem Berechtigten ein höchstpersönliches, d. h. ein unveräußerliches und unvererbliches dingliches Recht, grundsätzlich sämtliche Nutzungen des belasteten Gegenstands zu ziehen.[1] Jedoch kann die Ausübung des Nutzungsrechts einem anderen überlassen werden.[2] Die Rechtsstellung des Eigentümers wird insoweit eingeschränkt. Der Nießbrauch gewährt damit eine umfassende Nutzungsbefugnis, zu der bei Mietwohngrundstücken insbesondere das Recht auf Vereinnahmung des Mietzinses gehört. Die zivilrechtliche Vermieterstellung des Nießbrauchers folgt aus § 567 BGB.

1.1 Einkommensteuerlich relevante Nutzungsverhältnisse

Einkommensteuerrechtlich können sowohl dem Nießbraucher als auch dem Eigentümer Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zugerechnet werden. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung demjenigen zuzurechnen, der den Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung nach § 21 EStG verwirklicht und dadurch Einkünfte erzielt. Diesen Tatbestand verwirklicht derjenige, der Träger der Rechte und Pflichten eines Vermieters ist und mit diesen Rechten und Pflichten Sachen (und Rechte) i. S. d. § 21 Abs. 1 EStG an andere zur Nutzung gegen Entgelt überlässt.[1]

Durch die Nießbrauchsbestellung bestehen 2 grundsätzlich einkommensteuerrechtlich relevante Nutzungsverhältnisse:

  • Zum einen besteht ein Nutzungsverhältnis durch die Überlassung des Wohnraums durch den Nießbraucher an den Mieter;
  • das 2. Nutzungsverhältnis ergibt sich aus der Überlassung des Grundstücks durch den Eigentümer an den Nießbraucher.

Wer im Rahmen dieser Nutzungsverhältnisse eine Sache an einen anderen gegen Entgelt überlässt, erzielt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.[2] Einem Nutzungsberechtigten sind bei Vermietung eines Grundstücks gegen Entgelt Einkünfte i. S. v. § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zuzurechnen, wenn ihm die volle Besitz- und Verwaltungsbefugnis zusteht, er die Nutzungen tatsächlich zieht, das Grundstück im Besitz hat und es verwaltet, sodass er zivilrechtlich als Vermieter anzusehen ist.[3] Den Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung erfüllt auch der am Gesellschaftsanteil einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Nießbrauchsberechtigte, wenn ihm kraft seines Nießbrauchs eine Stellung eingeräumt ist, die der eines Gesellschafters entspricht. Hierfür genügt die bloße Einräumung eines Anspruchs auf Gewinnbezug allerdings nicht.[4]

 
Hinweis

Zurechnung von Einkünften

Durch die Bestellung des Nießbrauchs an einem Gesellschaftsanteil an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft erzielt der Nießbraucher – anstelle des Gesellschafters – die auf den Anteil entfallenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, wenn und soweit er aufgrund der ihm vertraglich zur Ausübung überlassenen Stimm- und Verwaltungsrechte grundsätzlich in der Lage ist, auch an Grundlagengeschäften der Gesellschaft mitzuwirken.

Entsprechendes gilt beim Quotennießbrauch an einem Gesellschaftsanteil. Der Quotennießbraucher erzielt nur dann die auf den Anteil entfallenden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, wenn die vertraglichen Regelungen über die Bestellung des Quotennießbrauchs sicherstellen, dass der Gesellschafter die Entscheidungen – und zwar auch solche, die die Grundlagen der Gesellschaft betreffen – nicht alleine und/oder gegen den Willen des Quotennießbrauchers treffen kann.[5]

Beim Eigentümer führt das für die Bestellung des Nießbrauchs gezahlte Entgelt zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.[6] Auch das (schuldrechtlich vereinbarte) Entgelt für die Ausübung eines dinglichen Wohnungsrechts führt grundsätzlich zu Einnahmen nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG.[7]

Das Entgelt ist regelmäßig im Jahr des Zuflusses als Einnahme aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen. Das gilt unabhängig davon, ob beim Nießbraucher Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anfallen. Bei Vorausleistung des Entgelts durch den Nießbraucher für mehr als 5 Jahre können die Einnahmen auf den Zeitraum verteilt werden, für den die Zahlung geleistet wird.[8]

Von einem "fehlgeschlagenen" Nießbrauch spricht man, wenn der Nießbrauch mangels Eintragung im Grundbuch bürgerlich-rechtlich nicht wirksam bestellt worden ist. In diesem Fall sind steuerlich die Grundsätze zu den obligatorischen Nutzungsrechten[9] anwendbar.[10]

Besonderheiten beim Sicherungsnießbrauch

Ein Sicherungsnießbrauch liegt vor, wenn die Vereinbarung des dinglichen Nutzungsrechts lediglich dazu bestimmt ist, die dem Berechtigten versprochenen Leistungen dinglich abzusichern, ohne dass der Berechtigte selbst auf Art und Umfang Einfluss nehmen kann. Der Sicherungsnießbrauch ist häufig im Zusammenhang mit einer Vermögensübertragung im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge (Vermögensübergabe) anzutreffen.[11] Ein Nießbrauch, der le...

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