vorläufig nicht rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Rettungsassistent - Regelmäßige Arbeitsstätte

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zum Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte.
  2. Ist der ArbN nicht an einer dauerhaften betrieblichen Einrichtung tätig, liegt regelmäßig eine Auswärtstätigkeit vor.
  3. Ein Rettungsassistent hat keine regelmäßige Arbeitsstätte in der Rettungswache (Rechtslage bis einschließlich 2013).
 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5 Nr. 5, § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3, Abs. 5

 

Streitjahr(e)

2010, 2011, 2012

 

Tatbestand

Streitig ist das Vorliegen einer regelmäßigen Arbeitsstätte.

Der Kläger wohnt mit seiner Familie in A. Er erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Rettungsassistent. Arbeitgeberin war die YYY GmbH mit Sitz in C. Auf den vorgelegten Arbeitsvertrag vom XX. XX 2007 wird Bezug genommen.

Der Kläger wurde als Rettungswagen- und Krankentransportfahrer in der Rettungswache am Krankenhaus B eingesetzt. Die Arbeitgeberin des Klägers nutzte in den Räumlichkeiten des Krankenhauses drei Garagen, einen Aufenthalts- bzw. Ruheraum, eine kleine Küche und sanitäre Einrichtungen. Eine Kantine gab es nicht.

Das Krankenhaus wurde nicht von der Arbeitgeberin sondern von einem Klinikverbund - ZZZ GmbH - betrieben. Die Räumlichkeiten der Rettungswache waren von der Arbeitgeberin des Klägers angemietet worden. Die Verwaltung der Arbeitgeberin des Klägers befand sich an ihrem Sitz in C.

Die Aufträge für den Rettungswagen wurden über die Rettungsleitstellte verteilt. Die durchschnittliche Einsatzzeit eines einzelnen Einsatzes betrug ca. 2 Stunden. Hinzu kamen noch die sog. Rüstzeiten, in denen das Fahrzeug gereinigt und wieder aufgefüllt werden musste (im Idealfall 15 Minuten).

Die Aufgabe des Klägers bestand in dem Fahren des Rettungs- und Krankentransportwagens. Außerdem hatte er auf der Rettungswache das Fahrzeug zu reinigen und es mit Medikamenten zu befüllen. Im Übrigen wartete er auf der Wache auf seine Einsätze. Er war nicht in den Klinikbetrieb eingebunden.

In seinen Einkommensteuererklärungen der Jahre 2010 bis 2012 beantragte der Kläger die Berücksichtigung folgender Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit:

Fahrten zwischen dem Wohnort und dem Krankenhaus B:

 2010

2011

 2012

Arbeitstage

199 Tage

185 Tage

169 Tage

einfache Entfernung

 9 km

Kilometer für Hin- und Rückfahrt

 16 km

 16 km

geltend gemachter Betrag

 538 €

 888 €

 812 €

Verpflegungsmehraufwand:

 2010

2011

 2012

geltend gemachter Betrag

 822 €

 996 €

1.002 €

Der Einkommensteuerbescheid 2010 erging am XX. XX 2011. Die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte wurden antragsgemäß mit 538 € berücksichtigt. Die geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen wurden nicht zum Abzug zugelassen.

Der Einkommensteuerbescheid 2011 erging am XX. XX 2012. Die Fahrtkosten wurden wie beantragt mit 888 € berücksichtigt. Der Abzug der Verpflegungsmehraufwendungen wurde versagt.

Der Einkommensteuerbescheid 2012 erging am XX. XX 2014. Die Fahrtkosten wurden mit der Entfernungspauschale in Höhe von 406 € berücksichtigt (169 Tage x 8 km x 0,30 €). Aufwendungen für Verpflegungsmehraufwendungen wurden nicht berücksichtigt.

Die Abweichungen von den geltend gemachten Beträgen wurden damit begründet, dass es sich bei der Rettungswache am Krankenhaus B um die regelmäßige Arbeitsstätte des Klägers handele. Von dieser sei der Kläger weniger als acht Stunden abwesend gewesen.

Der Kläger legte mit am XX. XX 2011 (Einkommensteuer 2010), mit am XX. XX 2012 (Einkommensteuer 2011) und mit am XX. XX 2014 (Einkommensteuer 2012) eingegangenem Schreiben Einspruch ein. Er führte aus, dass er überwiegend auf dem Rettungswagen - also im Fahrbetrieb - tätig sei und nicht auf der Rettungswache. Deshalb habe er Anspruch auf Verpflegungsmehraufwand. Der Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit des Klägers liege auf dem Fahrzeug und nicht in der Rettungswache. Es handele sich bei der Tätigkeit um eine Fahrtätigkeit im Sinne von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 3 EStG, so dass allein die Abwesenheit von der Wohnung für die Verpflegungsmehraufwendungen maßgebend sei. Der Kläger verwies auf das Urteil des BFH vom 19. Januar 2012 VI R 36/11.

Er legte eine Bescheinigung seiner Arbeitgeberin vor, wonach er eine wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden hatte. Die tarifliche Arbeitszeit von 39 Stunden werde als Vollarbeitszeit vergütet. Die restlichen 9 Wochenstunden seien tariflich ausgeweitete Arbeitszeit. Der Kläger werde sowohl bei Krankentransporten auf einem Krankenwagen als auch im qualifizierten Rettungsdienst auf einem Rettungswagen eingesetzt. Die tatsächlichen Einsätze und die damit verbundenen Zeiten würden variieren. Es könne in der jeweiligen Schicht jederzeit eine Alarmierung durch die Feuerwehreinsatz- und Rettungsleitstelle erfolgen. In der ausgeweiteten Arbeitszeit habe der Kläger teilweise Freistunden, könne aber auch zu Einsätzen herangezogen werden. Er verrichte dann auch Zusatzaufgaben, die in der normalen Arbeitszeit (39 Stunden) ni...

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