vorläufig nicht rechtskräftig

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [X R 20/10)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablauf der Festsetzungsfrist im Fall des § 171 Abs. 8 Satz 1 AO in Liebhabereifällen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zum Beginn und zum Ablauf der Festsetzungsfrist.
  2. Bei vorläufiger Steuerfestsetzung endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheit beseitigt ist und die Finanzbehörde hiervon Kenntnis erhalten hat.
  3. Für den Beginn der Jahresfrist des § 171 Abs. 8 Satz 1 AO kommt es auf die „positive Kenntnis” von der Beseitigung der Ungewissheit an. Ein bloßes „Kennenmüssen” von Tatsachen, die das FA bei pflichtgemäßer Ermittlung erfahren hätte, steht der Kenntnis nicht gleich.
  4. Die Ungewissheit, ob ein Stpfl. mit oder ohne Einkünfteerzielungsabsicht tätig geworden ist, ist beseitigt, wenn die für die Beurteilung der Einkünfteerzielungsabsicht maßgeblichen Hilfstatsachen festgestellt werden können und das FA davon positive Kenntnis hat.
 

Normenkette

AO §§ 165, 171 Abs. 8 S. 1

 

Streitjahr(e)

1996, 1997

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 21.08.2013; Aktenzeichen X R 20/10)

BFH (Urteil vom 21.08.2013; Aktenzeichen X R 20/10)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die von der Klägerin für die Streitjahre erklärten Verluste aus ihrem Reithallenbetrieb steuerlich anzuerkennen sind.

Die im Jahr 1944 geborene Klägerin betreibt seit dem Jahr 1985 eine Reithalle in X. Das mit einer Reithalle und Nebengebäuden bebaute Betriebsgrundstück, ein 8.664 m2 großer Teil des ihrem Ehemann gehörenden Grundstücks von 16.801 m2, hatte die Klägerin von ihrem Ehemann „einschließlich aufstehender Gebäude und Betriebsvorrichtungen zur Ausübung eines Reithallenbetriebes” gepachtet. Der Pachtvertrag aus dem Jahre 1985 hatte eine Laufzeit von 3 Jahren und verlängerte sich jeweils um 3 Jahre, solange er nicht gekündigt wurde. Der Pachtvertrag war mit einer Frist von 1 Jahr zum jeweiligen Laufzeitende kündbar. Der Ehemann verstarb im Jahr 1996, nachdem er sich 1994 von seiner Ehefrau getrennt hatte. Der verstorbene Ehemann hinterließ ein Testament, in dem er seine Ehefrau enterbte und insgesamt 11 Erben einsetzte. Nach Testamentsanfechtung und Verwaltung des Nachlasses durch einen vom Amtsgericht eingesetzten Nachlasspfleger stellte das Amtsgericht Stadthagen am 22.06.1999 einen Erbschein aus, der die beiden gemeinsamen Söhne der Klägerin und ihres verstorbenen Ehemannes O und D als alleinige Erben zu je 1/2 auswies. Am 17.08.1999 schlossen die Klägerin und ihre beiden Söhne einen außergerichtlichen Erbauseinansetzungsvertrag, in dem die Zugewinnausgleichs- und Pflichtteilsansprüche der Klägerin in der Weise erfüllt wurden, dass der Klägerin der gesamte Grundbesitz in X – zu dem auch das bisherige Pachtgrundstück mit der Reithalle gehörte – und weiterer Grundbesitz in Ungarn übertragen wurde. Die Klägerin übernahm außerdem auf dem Grundstück in X ruhende dingliche Lasten und bestimmte Darlehensverpflichtungen ihres verstorbenen Ehemannes. Außerdem wurden ihr Ansprüche aus einer Lebensversicherung und Teilgeschäftsanteile an der Fa. H GmbH übertragen.

In ihrer Bilanz auf den 31.12.1999 aktivierte die Klägerin den betrieblich genutzten Teil des Grundbesitzes in X mit einer Teilfläche von 8.664 m2 als Betriebsvermögen. Die Wertansätze (Grund und Boden 129.600 DM, Gebäude 1.570.000 DM) übernahm sie aus einem Verkehrswertgutachten des vereidigten Sachverständigen M vom 17.08.2001. Die übernommenen Verbindlichkeiten passivierte sie in dieser Bilanz mit rund 750.000 DM.

Neben dem Reithallenbetrieb unterhielt die Klägerin noch einen Handel mit … . Daneben war sie bei der Firma H GmbH angestellt, an der zunächst ihr Ehemann und nach seinem Tod ihre gemeinsamen Söhne maßgeblich beteiligt waren.

In den Jahren 1985 bis 1994 wurde die Klägerin mit ihrem verstorbenen Ehemann zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Einkommensteuerveranlagungen erfolgten hinsichtlich der fraglichen Gewinnerzielungsabsicht bezüglich der gewerblichen Einkünfte aus dem Reithallenbetrieb für die Jahre 1988,1989 und 1991-1994 vorläufig gemäß § 165 Abs.1 Abgabenordnung (AO). Die Veranlagungen für die Jahre 1985-1987 und 1990 wurden endgültig durchgeführt. Ab dem Jahr 1995 wurden für die Klägerin Einzelveranlagungen durchgeführt. Die Veranlagungen für die Jahre 1995-1997 und 1999-2002 erfolgten ebenfalls vorläufig. Die Veranlagung für das Jahr 1998 wurde endgültig durchgeführt.

Im Mai und Juni 2004 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Außenprüfung durch. Die Prüfungsanordnung vom 18.05.2004 wies als Gegenstand der Prüfung die Gewerbesteuer für die Jahre 2000-2002 aus. Im Rahmen dieser Prüfung traf der Prüfer umfangreiche Feststellungen zur Frage der Einkünfteerzielungsabsicht der Klägerin im Hinblick auf ihren Reithallenbetrieb.

Auf dem Betriebsgelände in X befänden sich das Reithallengebäude (einschließlich 27 Pferdeboxen, 2 Sattelkammern, Reiterstübchen – ab 2001 Restaurant) und ein Nebengebäude mit angrenzender Strohüberdachung. Das Nebengebäude habe seit 1...

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