vorläufig nicht rechtskräftig

Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (Aktenzeichen des BFH: ) [VII B 44/01]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung für Umsatzsteuer: Verletzung von Erklärungspflichten

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zu den Voraussetzungen der Haftung des GmbH-Geschäftsführers nach §§ 69 AO, 35 Abs. 1 GmbHG und 34 Abs. 1 AO.
  2. Ein etwaiges Mitverschulden des FA beim Erlass eines Haftungsbescheides ist im Rahmen des Ermessens zu prüfen. Ein Mitverschulden des FA ist nur zu beachten, wenn die Beitreibung infolge vorsätzlicher oder besonders grober Pflichtverletzung fehlgeschlagen ist.
  3. Haben vor Erlass des Haftungsbescheides noch Pfändungsmöglichkeiten bestanden, die das FA nicht ausgeschöpft hat, reicht das allein nicht aus, eine besonders grobe Pflichtverletzung anzunehmen.
  4. Ist beim Amtsgericht bereits die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt und waren Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos, ist das FA nicht gehalten, seine Forderungen durch Einzelvollstreckung weiterhin geltend zu machen.
 

Normenkette

AO §§ 69, 34; GmbHG § 35 Abs. 1; UStG § 18 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 21.09.2011; Aktenzeichen VII B 44/11)

 

Tatbestand

Streitig ist die Haftung des Klägers nach §§ 34, 69 Abgabenordnung (AO).

Der Kläger war nach dem Gesellschaftsvertrag vom 4. Juli 2007 alleiniger Geschäftsführer der A GmbH (zukünftig GmbH). Alleiniger Gesellschafter der GmbH war ebenfalls der Kläger mit einer Stammeinlage von 25.000 EUR. Die GmbH hat für den Zeitraum Juli 2008 bis Dezember 2008 Umsatzsteuer-Voranmeldungen nach Schätzungen abgegeben. Zahlungen erfolgten nicht.

Am 10. Februar 2009 stellte der Gesellschafter-Geschäftsführer beim Amtsgericht G Insolvenzantrag. Am gleichen Tag wurde Rechtsanwalt B zum vorläufigen Insolvenzverwalter der GmbH bestellt. Gem. § 21 Abs. 2 Ziffer 2, 2.Hs. Insolvenzordnung (InsO) ordnete das Insolvenzgericht mit dieser Bestellung an, dass Verfügungen der GmbH nur mit Zustimmung des vorläufigen Verwalters wirksam sind. Am 30. Juni 2010 ordnete das Insolvenzgericht gem. § 21 Abs. 2 Ziffer 2, 1. Hs. InsO den Übergang der Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis auf den vorläufigen Verwalter an.

Nachdem eine Vollstreckung bei der GmbH zunächst keinen Erfolg brachte, zog der Beklagte eine Inanspruchnahme des Klägers als Haftungsschuldner in Betracht. In der Reaktion auf die Haftungsankündigung teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass sich aufgrund der Monatsjournale Juli bis Dezember 2008 die Einnahmen und Ausgaben ergeben würden. Aus diesen sei ersichtlich, dass bei der Befriedigung der Gläubiger eine Bevorzugung von einzelnen Gläubigern erfolgt sei, um den Vertrag mit dem Auftraggeber hinsichtlich des Objektes „Seniorenresidenz X” zeitgerecht zu erfüllen, da ansonsten die beauftragten Unternehmer mit Arbeitseinstellungen gedroht hätten.

Der Beklagte erließ am 21. April 2009 einen Haftungsbescheid gegen den Kläger. Mit diesem Haftungsbescheid wurde der Kläger in Höhe von 554.414,49 EUR in Anspruch genommen. Dem Kläger wurde danach vorgeworfen, die Umsatzsteuer grob fahrlässig nicht abgeführt zu haben. Auch habe er erheblich verspätet die Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben. Im Einzelnen setzt sich die Haftungssumme wie folgt zusammen:

Steuerart

Zeitraum

Fällig

Betrag in EUR

SZ-Betrag in EUR

Ums.St.-Versp.Z

2007

29.12.2008

100,00

Umsatzsteuer

Juli 2008

15.09.2008

3.808,50

2.172,50

Umsatzsteuer

Juli 2008

15.09.2008

25.086,66

Umsatzsteuer

Sep. 2008

18.12.2008

70.376,00

1.407,00

Umsatzsteuer

Okt. 2008

18.12.2008

76.000,00

1.520,00

Umsatzsteuer

Nov. 2008

16.01.2009

41.101,06

1.185,50

Umsatzsteuer

Dez. 2008

16.02.2009

131.366,00

Umsatzsteuer

Sep. 2008

10.02.2009

106.641,35

1.066,00

Umsatzsteuer

Okt. 2008

10.02.2009

66.382,42

663,50

Ums.St.-Versp.Z

Aug. 2008

13.10.2008

5.000,00

Ums.St.-Versp.Z

Sep. 2008

18.12.2008

5.000,00

Ums.St.-Versp.Z

Okt. 2008

18.12.2008

5.000,00

Ums.St.-Versp.Z

Nov. 2008

16.01.2009

4.110,00

Ums.St.-Versp.Z

Dez. 2008

16.02.2009

5.000,00

Ums.St.-Säum.Z

Juli 2008

18.09.2008

1.428,00

Summe

544.971,99

9.442,50

Summe insgesamt

554.414,49

Gegen den Haftungsbescheid legte der Kläger Einspruch ein, der mit Einspruchsbescheid vom 29. Juli 2009 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Gegen die Einspruchsentscheidung erhob der Kläger Klage.

Der Kläger trägt vor, dass er in der Zeit von Juli 2008 bis einschließlich Dezember 2008 insgesamt 492.582,23 EUR an den Beklagten gezahlt habe. Dies ergebe sich aus dem Journal und den korrespondierenden Kontoauszügen. Darüber hinaus sei zu beachten, dass der Beklagte bereits Ansprüche in Höhe weiterer 342.000 EUR bei dem Unternehmen Y-GmbH (zukünftig Y GmbH) mit Sitz in E gepfändet habe, so dass selbst bei unterstellter Richtigkeit der Ausführungen des Beklagten zur Frage der Haftung dem Grunde nach der Haftungsbescheid jedenfalls der Höhe nach nicht gerechtfertigt wäre. Die Erhöhung der Steuerforderungen durch die Umsatzsteuersonderprüfung vom 17. Juli 2008 in Höhe von 283.217,78 EUR und die Beachtung der gezahlten bzw. gepfändeten Beträge ergebe nur einen Zahlung...

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