Entscheidungsstichwort (Thema)

Verluste im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zum Begriff des Steuerstundungsmodells i. S. des § 15b Abs. 1 EStG.
  2. Bei den Einkünften aus KapV ist § 15b EStG sinngemäß anzuwenden. Ein vorgefertigtes Konzept i. S. des § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG kann auch vorliegen, wenn die positiven Einkünfte nicht der tariflichen ESt unterliegen.
  3. Bei der Beteiligung an einem thesaurierenden Investmentfonds liegt eine modellhafte Gestaltung bzw. ein vorgefertigtes Konzept i. S. des § 15b Abs. 2 EStG nur vor, wenn dieser auf die Erzielung von Steuervorteilen angelegt ist, nicht aber schon, wenn die Beteiligung dem Anleger einen individuellen Steuervorteil bietet.
 

Normenkette

EStG §§ 15b, 20 Abs. 2b

 

Streitjahr(e)

2008

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.06.2017; Aktenzeichen VIII R 46/14)

BFH (Urteil vom 28.06.2017; Aktenzeichen VIII R 46/14)

 

Tatbestand

Streitig ist die Frage, ob negative Zwischengewinne nicht abgezogen werden können, weil ein Steuerstundungsmodell im Sinne des § 15 b Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) vorliegt.

Die Kläger sind verheiratet und werden zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Mit Datum vom 18. Dezember 2008 erwarb der Kläger 1.018,496 Anteile an dem am 28. September 2007 in Luxemburg errichteten thesaurierenden Investmentfonds LUX Multi-Flex Madone zum Kurs von 981,84 € je Anteil. Die Anschaffungskosten dieser Wertpapiere betrugen danach 1.000.000,11 €. In der Kaufabrechnung wies die C S einen steuerpflichtigen negativen Zwischengewinn in Höhe von 460.288,90 € aus. Diesen negativen Zwischengewinn gab der Kläger auf der Anlage KAP zur Einkommensteuererklärung 2008 als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen an.

Der Beklagte berücksichtigte den negativen Zwischengewinn in dem Einkommensteuerbescheid 2008 vom 26. August 2010 nicht. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO). Am 18. November 2010 legten die Kläger gegen den Einkommensteuerbescheid 2008 Einspruch ein. Da zu diesem Zeitpunkt die Einspruchsfrist bereits abgelaufen war, legte der Beklagte das Schreiben als einen Antrag auf Änderung des Einkommensteuerbescheides 2008 gemäß § 164 Abs. 2 AO aus. In der Sache begehrten die Kläger die Berücksichtigung des negativen Zwischengewinns aus den Investmentpapieren LUX Multi-Flex Madone. Der Beklagte lehnte den Änderungsantrag mit Bescheid vom 15. Dezember 2010 ab. Der dagegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg.

Mit ihrer Klage begehren die Kläger die Änderung des Einkommensteuerbescheides 2008 unter Berücksichtigung der negativen Zwischengewinne aus den Investmentzertifikaten LUX Multi-Flex Madone. Ein Steuerstundungsmodell gemäß § 20 Abs. 2 b EStG in Verbindung mit § 15 b EStG liege nur vor bei einer modellhaften Gestaltung, die weitere Zusatzleistungen zur Kapitalanlage desselben Anbieters beinhalte. Der Kläger habe jedoch keine Zusatzleistungen in Anspruch genommen. Die Finanzierung erfolge durch Eigenkapital. Die Kläger verweisen auf die Kommentierung im Kommentar Hermann/Heuer/Raupach § 20 Randnummer 645 sowie den Aufsatz von Brandter/Geiser in DStR 2009, 1732 ff.

Die Kläger beantragen,

unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 15. Dezember 2010 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Oktober 2011 den Beklagten zu verpflichten, die Einkommensteuer 2008 unter Berücksichtigung eines negativen Zwischengewinns in Höhe von 460.288,90 € bei den Einkünften aus Kapitalvermögen niedriger festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zwar handele es sich bei dem Investmentfonds LUX Multi-Flex Madone um ein Investmentvermögen, bei dem entsprechend § 9 Investmentsteuergesetz ein sogenannter Ertragsausgleich stattfindet. Bei diesem stellten die beim Erwerb gezahlten Zwischengewinne beim Erwerber der Anteile grundsätzlich negative Einnahmen aus Kapitalvermögen dar. Allerdings liege im Streitfall ein steuerschädliches Steuerstundungsmodell im Sinne des § 15b EStG vor. Gemäß § 15b Abs. 1 EStG dürften Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürften auch nicht nach § 10 d EStG abgezogen werden. Sie würden lediglich die Einkünfte mindern, die der Steuerpflichtige in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben Einkunftsquelle erziele. Gemäß § 20 Abs. 2 b EStG in der für das Streitjahr 2008 geltenden Gesetzesfassung sei § 15b EStG bei den Einkünften aus Kapitalvermögen sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG liege ein Steuerstundungsmodell im Sinne des § 15b Abs. 1 EStG vor, wenn dem Steuerpflichtigen aufgrund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten werden solle, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen. Gemäß § 15b Abs. 3 EStG sei das Ausgleichs und Abzugsverbot des Abs. 1 allerdings nur anzuwenden, wenn innerhalb der Anfangsphase das Verhältnis der Summe der prognostizierten Verl...

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