Entscheidungsstichwort (Thema)

Betrieb gewerblicher Art bei Körperschaft des öffentlichen Rechts (hier: Saalvermietung)

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die u. a. eine Saalvermietung betreibt, tritt mit dieser Tätigkeit zu anderen Unternehmen unmittelbar in Wettbewerb. Innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person hebt sich diese Tätigkeit daher wirtschaftlich heraus.
  2. Die Einstufung der Vermietungstätigkeit als nicht unternehmerische Tätigkeit gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 UStG steht in Widerspruch zu Abschn. 2 Art. 4 Abs. 5 der 6. EG-Richtlinie. Denn die Behandlung der Entgelte für die Saalmiete als nicht steuerbaren Umsatz würde zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen.
  3. Die Körperschaft ist daher Unternehmerin.
 

Normenkette

UStG § 2 Abs. 3; EWGRL 388/77 Abschn. 2 Art. 4 Abs. 5

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.10.2000; Aktenzeichen V R 74/99)

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie ist Unternehmerin und unterhält als Betriebe gewerblicher Art u.a. ein Schwimmbad und Ferienwohnungen.

Zu Beginn der achtziger Jahre sah es die Gemeinde K... als erforderlich an, neben ihren eigentlichen Aufgaben der kommunalen Selbstverwaltung die kulturelle und wirtschaftliche Förderung ihrer Einwohner durch Maßnahmen des nicht öffentlich-rechtlichen Bereichs voranzutreiben. Im Rahmen dieses Konzepts erwarb die Klägerin mit notariellem Vertrag vom 9. Juni 1980 von dem Heimatverein "K..." e.V. mit Sitz in P... (Heimatverein) unentgeltlich verschiedene Grundstücke. Der Zweck des 1950 gegründeten Heimatvereins ist die Pflege und Förderung ostfriesischen Kulturlebens und Brauchtums sowie die Pflege historischer Erinnerungen und die Erhaltung historisch oder kulturell wertvoller Baudenkmäler und Bauwerke. Ferner will der Verein alles fördern, was die Einwohner der Gemeinde K... mit der ostfriesischen Landschaft und ihren Menschen verbindet. Wegen der Einzelheiten wird auf die Vereinssatzung des Heimatvereins verwiesen. Mit dem Vertrag über die Grundstücksübertragung übertrug der Heimatverein der Klägerin u.a. auch die auf den Grundstücken befindliche "A..." und die "..." in P... . Nicht übertragen wurden das Inventar und die Einrichtungsgegenstände. Nach § 7 des Vertrages ist der Heimatverein berechtigt, "im bisherigen und erweiterten Umfang die Gebäude und Grundstücke für seine derzeitigen satzungsmäßigen Zwecke ... zu nutzen, insbesondere für ständige Ausstellungen, für die Unterbringung seiner Sammlungen und sonstigen Bestände sowie für Veranstaltungen. Er hat jederzeit Zugang zu den übertragenen Gebäuden und Anlagen. Die Nutzung erfolgt unentgeltlich. Eine über diese Zwecke hinausgehende Nutzung ist im Einvernehmen mit der nach § 9 zu bildenden Kommission möglich". Für diese Rechte sollte eine entsprechende Dienstbarkeit eingetragen werden. Die Vertragsparteien verpflichteten sich ferner, die Baulichkeiten zu feststehenden Zeiten für Besucher geöffnet zu halten. Wegender Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag vom 9. Juni 1980 verwiesen. Am 15. August 1983 faßte der Verwaltungsausschuß der Klägerin einen Beschluß, wonach der Heimatverein als die für die Erhebung der Eintrittsgelder zuständige Institution erklärt wird und verpflichtet ist, 50% der eingehenden Beträge an die Gemeinde abzuführen. Diesen Beschluß teilte die Klägerin dem Heimatverein mit Schreiben vom 16. September 1983 mit. In der Folgezeit sind die Klägerin und der Heimatverein entsprechend verfahren. Dementsprechend wurden die Eintrittskarten für die "..." unter dem Namen des Heimatvereins ohne Hinweis auf die Klägerin ausgegeben. Eintrittsgelder für die "..." wurden in den Streitjahren nicht erhoben.

Nach Übertragung der Grundstücke restaurierte die Klägerin in den Folgejahren die "..." für ca. 1,3 Mio DM. Die Burg besteht aus einem Kellergeschoß mit 111,3 qm, einem Erdgeschoß mit 179,2 qm, einem Obergeschoß mit 139,9 qm und einemDachraum mit 73,5 qm Nutzfläche. Das Kellergeschoß dient im wesentlichen Versorgungs- und Lagerzwecken. Das Erdgeschoß wird vornehmlich als Museum genutzt, in dem u.a. der Heimatverein seine Einrichtungsgegenstände ausstellt. Ferner befindet sich im Erdgeschoß ein Trauzimmer zur Größe von 27,8 qm, in dem die Klägerin standesamtliche Trauungen durchführt. Im Obergeschoß befindet sich neben einer Teeküche und einem Lesesaal ein Saal zur Größe von 80,8 qm. Dieser Saal wird nach einem bereits anläßlich der Restaurierungsarbeiten gefaßten Konzept der Klägerin ausschließlich von ihr genutzt, indem sie den Saal entgeltlich an Dritte für verschiedene Veranstaltungen vermietet. Soweit der Heimatverein diesen Saal nutzt, hat er hierfür ebenfalls ein Entgelt zu entrichten. Wegen der Nutzflächenberechnung der ... im einzelnen wird auf die von der Klägerin zu den Akten gereichten Nutzflächenberechnung (Bl. 39 der Finanzgerichtsakte) verwiesen. Die Freiflächen der ..., insbesondere der ... hof, wurden von der Klägerin für verschiedene Veranstaltungen, z.B. für Weihnachtsmärkte u...

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