rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf der Bestellung als Steuerberater: Vermutung des Vermögensverfalls aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unabhängig vom Verschulden

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ein Vermögensverfall wird nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Steuerberaters eröffnet worden ist oder der Steuerberater in das vom Insolvenzgericht bzw. vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis eingetragen ist. Für den Eintritt der Insolvenz ist ein Verschulden des Steuerberaters nicht erforderlich.
  2. Die gesetzliche Vermutung, dass ein Steuerberater in Vermögensverfall geraten ist, wenn über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, kann der Berater trotz Fortbestehens der Eintragung bzw. des Insolvenzverfahrens durch den Nachweis widerlegen, dass seine wirtschaftlichen Verhältnisse gleichwohl geordnet sind und er in der Lage ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen.
  3. Den betroffenen Steuerberater trifft die Darlegungs- und Feststellungslast, dass in seiner konkreten Situation entgegen der gesetzlichen Vermutung des Vermögensverfalls ausnahmsweise die Auftraggeberinteressen nicht gefährdet sind.
 

Normenkette

StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4

 

Streitjahr(e)

2004

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 20.12.2005; Aktenzeichen VII B 104/05)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um den Widerruf des Klägers als Steuerbevollmächtigter.

Der 19XX geborene Kläger wurde 19XX zum Steuerbevollmächtigten bestellt. Seit der Bestellung zum Steuerbevollmächtigten war er zunächst selbstständig, zeitweise auch in einer Sozietät, als Steuerbevollmächtigter tätig. Zuletzt führte er als Steuerbevollmächtigter eine Kanzlei in A in der Rechtsform eines Einzelunternehmens.

Mit Beschluss des Amtsgerichts A vom 09.12.2003 wurde über das Vermögen des Klägers wegen Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt…bestellt. Die Finanzverwaltung informierte den Beklagten über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und teilte weiterhin mit, dass der Kläger gegenüber dem Finanzamt A Steuerschulden i.H.v. XX.XXX,XX € habe. Diese resultierten in einer Höhe von XX.XXX,XX € aus einer geänderten Festsetzung nach einer Betriebsprüfung. Rechtsbehelfsverfahren seien nicht anhängig. Weiterhin seien Umsatzsteuerbeträge für das 3. und 4. Quartal 2003 i.H.v. X.XXX,XX  € offen. Auch habe der Kläger seine Steuererklärungen nicht immer pünktlich abgegeben. Umsatzsteuervoranmeldungen seien ebenfalls häufig verspätet eingereicht worden.

Die Beklagte hörte den Kläger mit Schreiben vom 05.03.2004 zu einem möglichen Widerruf der Bestellung als Steuerbevollmächtigten an. In einer schriftlichen Stellungnahme wandte der Kläger gegen den beabsichtigten Widerruf ein, er habe den Insolvenzantrag gestellt, weil die Einnahmen aufgrund einer unverschuldeten Rückenerkrankung zurückgegangen seien. Während der Krankheit seien jedoch keine Mandanten vernachlässigt oder gefährdet worden. Lediglich bei der Einhaltung von Abgabefristen für Steuererklärungen sei er in Rückstand geraten. Seinen Mandanten gegenüber habe er sich immer als zuverlässig erwiesen, was auch daran zu ersehen sei, dass der größte Teil seiner Mandanten nicht in der Umgebung von A ansässig sei. Viele Mandaten seien ihm erhalten geblieben, obwohl diese zwischenzeitlich weggezogen bzw. der Kläger seine Kanzlei verlegt habe. Weiterhin erhob der Kläger Einwendungen gegen das Zustandekommen der Steuernachforderungen aufgrund der Betriebsprüfung. Im Rahmen einer mündlichen Anhörung wies der Kläger darauf hin, er habe zwar neben den Abgaberückständen gegenüber dem Finanzamt (FA) noch weitere Schulden i.H.v. etwa 50.000 €. Lediglich aufgrund seiner langwierigen Krankheit und der dadurch bedingten Umsatzrückgänge habe er die gegen ihn bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllen können. Um sich eine neue Existenz aufbauen zu können, beabsichtige er die Aufnahme einer Tätigkeit als angestellter Steuerbevollmächtigter. Mit Schreiben vom 31.08.2004 legte der Kläger gegenüber dem Beklagten eine von ihm selbst erstellte Übersicht über seine wirtschaftliche Situation für das Kalenderjahr 2004 vor. Danach habe er für die Monate Januar bis August Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit i.H.v. 2.XXX,XX € erzielt. Weiter erziele er aus nichtselbstständiger Tätigkeit ein monatliches Bruttoeinkommen i.H.v. 1.XXX,- €. Für 2005 erwartet der Kläger aus seiner Tätigkeit als angestellter Steuerbevollmächtigter steigende Vergütungen.

Mit Bescheid vom 24.09.2004 widerrief die Beklagte die Bestellung des Klägers als Steuerbevollmächtigter gem. § 46 Abs. 2 Nr. 4 Steuerberatungsgesetz (StBerG). Zur Begründung verwies sie darauf, dass der Vermögensverfall vermutet werde, da über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei. Insbesondere bestünden Steuerrückstände i.H.v. über XX.XXX €. Der Kläger sei nicht in der Lage, diese zu tilgen, so dass auch ein tatsächlicher Vermögensverfall vorliege. Es sei au...

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