Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuerpflicht eines Hofladens

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bei Steuerpflichtigen, die Landwirtschaft betreiben und Teile ihrer Erzeugnisse im eigenen Ladengeschäft umsetzen, ist i.d.R. ein einheitlicher land- und forstwirtschaftlicher Betrieb anzunehmen, wenn mehr als 40 v.H. der Erzeugnisse der Landwirtschaft im Durchschnitt der Jahre im eigenen Ladengeschäft umgesetzt werden und dieses mit der Landwirtschaft wirtschaftlich eng verbunden ist. Entscheidend ist grundsätzlich ein Mengenvergleich der Absatzwege.
  2. Liegt der Anteil der im Hofladen umgesetzten eigenerzeugten Produkte im Durchschnitt der Jahre unter 40 v.H., stellt der Hofladen einen eigenständigen Gewerbebetrieb dar.
  3. Der Zukauf von Handelsware kann einen Hofladen zum Gewerbebetrieb machen.
  4. Bei einem Schweinemäster, der daneben den Anbau von Spargel, Himbeeren und Erdbeeren betreibt, dient der Zukauf von Wurst, Schinken, Wein usw. zu Handelszwecken nicht der Vervollständigung der üblichen Produktpalette.
 

Normenkette

EStG §§ 13, 15 Abs. 2; GewStG § 2 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

1992

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.03.2009; Aktenzeichen IV R 21/06)

 

Tatbestand

Streitig ist noch, ob der Hofladen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs als Gewerbebetrieb zu behandeln ist und, wenn das der Fall sein sollte, ob der Beklagte (das Finanzamt) nach Änderung seiner Rechtsauffassung zur umsatzsteuerlichen Behandlung des Hofladens berechtigt war, den Gewinn aus Gewerbebetrieb bereits für die Streitjahre zu erhöhen.

X war in den Streitjahren Inhaber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs (Schweinemast, Anbau von Spargel, Himbeeren und Erdbeeren). X betrieb auch einen Hofladen, über den er einen Teil der selbsterzeugten landwirtschaftlichen Produkte, aber auch zugekaufte Handelsware (Wurst, Schinken, Sauce Hollandaise, Heidelbeerwein, Wein, Marmelade, Nudeln, Liköre – Einzelheiten siehe nachfolgende Tabelle) an Endverbraucher absetzte. Die übrigen Erzeugnisse wurden ab Hofstelle an Wiederverkäufer bzw. weiterverarbeitende Betrieb veräußert.

X ermittelte seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 i. V. m. § 5 Einkommensteuergesetz (EStG). Er beurteilte seine Gesamttätigkeit als einheitlichen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb und erklärte insoweit Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. X verstarb…und wurde von den Klägern beerbt.

Eine Außenprüfung traf zu dem Betrieb des X für die Wirtschaftsjahre 1992/93 bis 1994/95 folgende unstreitige Feststellungen:

Nach Wirtschaftsjahren:

1992/93

1993/94

1994/95

DM

DM

DM

1.

Umsatz insgesamt

1.031.208

1.062.021

1.022.811

a. davon Verkauf Schweine

338.749

240.938

115.987

b. davon Ab-Hof-Verkauf

606.959

745.404

830.500

2.

Erlöse Endverbraucher

(in 1 b enthalten)

331.207

456.690

478.102

3.

70 v. H. von 2. =

Einkaufswert der im Hofladen

verkauften Produkte

231.844

319.683

334.671

4.

3. in v. H. von 1.

22,5

30

32,5

5.

Zukauf

a. Wurst

ca. 15.000

35.000

15.000

b. Schinken

mind. 8.100

1.797

c. Sauce Hollandaise

1.456

665

d. Heidelbeerwein/Wein

480

10.567

e. Marmelade, Nudeln, Liköre

2.505

Summe Zukauf

23.100

36.936

30.534

Nach Kalenderjahren:

1992

1993

1994

DM

DM

DM

6.

Erlöse Endverbraucher

393.456

398.924

542.903

Der Beklagte (das Finanzamt) gelangte dem Prüfer folgend zu der Auffassung, dass die Einkünfte aus dem Betrieb des Hofladens (Erlöse Endverbraucher) aufgrund des als nicht unerheblich angesehenen Zukaufs von Handelswaren nicht Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, sondern Einkünfte aus Gewerbebetrieb seien. Es unterwarf die gesamten in dem Hofladen erzielten Umsätze der Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes. Hieraus ergaben sich Zahllasten von 21.746 DM (1992) und 29.083 DM (1994). Den Gewinn des Hofladens ermittelte das Finanzamt ausgehend von den nach Abzug der Umsatzsteuer verbliebenen Nettoerlösen u. a. durch Abzug des Nettoaufwands für den Laden (Anlage 8 des Berichts über die Außenprüfung vom 21. April 1998).

Da der Hofladen von dem übrigen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb räumlich getrennt war und die selbsterzeugten landwirtschaftlichen Produkte regelmäßig und nach den Berechnungen des Prüfers nachhaltig zu weniger als 40 v. H. im Hofladen abgesetzt wurden, sah das Finanzamt den Hofladen als selbständigen Gewerbebetrieb an und erließ für die Streitjahre Bescheide über den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag vom 27. August 1998. 1993 überschritt der Gewinn aus Gewerbebetrieb nicht den Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Gewerbesteuergesetz (GewStG).

Das Einspruchsverfahren blieb in der Streitfrage, ob überhaupt Gewerbesteuerpflicht besteht, erfolglos (Einspruchsbescheid vom 7. Mai 2002), führte aber zu einer Herabsetzung der Messbeträge mit Bescheiden vom 29. April 2002, weil u. a. eine Gewerbesteuerrückstellung antragsgemäß gewinnmindernd berücksichtigt wurde. Hiergegen richtet sich die Klage.

Während des Klageverfahrens änderte das Finanzamt dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 6. Dezember 2001 (V R 43/00, BStBl II 20...

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