Entscheidungsstichwort (Thema)

Private Nutzung von Vorführwagen als geldwerter Vorteil

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zum Begriff der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG.
  2. Die unentgeltliche/verbilligte Überlassung eines Dienstwagens durch den ArbG an den ArbN für dessen Privatnutzung führt zu einer Bereicherung des ArbN und damit zum Lohnzufluss.
  3. Daher ist auch die private Nutzung von Vorführwagen durch den Angestellten eines Autohauses als geldwerter Vorteil Einnahmen erhöhend zu erfassen.
 

Normenkette

EStG § 8 Abs. 2, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Streitjahr(e)

2003

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.10.2011; Aktenzeichen VI R 64/10)

BFH (Urteil vom 06.10.2011; Aktenzeichen VI R 64/10)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Einnahmen des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit wegen der privaten Nutzung betrieblicher Kraftfahrzeuge um einen geldwerten Vorteil zu erhöhen sind.

Die Kläger sind verheiratet und werden zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Kläger erzielt seit April 2003 als Verkäufer des Autohauses X GmbH Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die GmbH vertreibt in ihren Filialen in … Pkw der Marken BMW und Mini. Der Kläger ist in der Filiale Y beschäftigt. Die Klägerin erzielt ebenfalls Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Die GmbH hält für die berufliche Nutzung durch die Verkäufer auf die Firma zugelassene Vorführwagen vor. Bei Bedarf kommen in jeder Filiale auch Vorführwagen der anderen Standorte zum Einsatz. Für die Vorführwagen werden keine Fahrtenbücher geführt.

Die Rechte und Pflichten des Klägers in Bezug auf diese Wagen ergeben sich aus der Anlage II „Vorführwagen-Regelung” zum Arbeitsvertrag. Die Geschäftsleitung legt Fahrzeugtyp, Ausstattung und Zubehör der Vorführwagen fest. Der Vorführwagen steht dem Kläger für Probe-, Vorführ- und Besuchsfahrten zur Verfügung. In Ziffer 3.4 der Anlage II zum Arbeitsvertrag heißt es: Die private Nutzung des Vorführwagens ist grundsätzlich verboten. Nach Ziffer 4 war der Kläger verpflichtet, ein Fahrtenbuch zu führen und der Geschäftsführung regelmäßig zur Einsichtnahme vorzulegen. Laut Ziffer 5 hatte der Kläger Benzinkosten für Fahrten, die außerhalb des geschäftlichen Bereichs liegen, selbst zu tragen.

Den Klägern hat im Streitjahr ein Daihatsu Cuore als privater Pkw zur Verfügung gestanden, der am 27. Dezember 2002 mit einem Kilometerstand von 111.550 km gekauft und im Mai 2004 bei einem Kilometerstand von 126.600 km abgegeben worden ist. Ferner konnte der Kläger nach seinen Angaben einen Seat Arosa nutzen, der auf seine Schwiegermutter zugelassen gewesen war. Sie soll das Fahrzeug abgegeben haben, als sie arbeitslos geworden ist.

Der Kläger nutzt Vorführwagen aufgrund einer mündlich erteilten Gestattung für seine Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Dabei handelt es sich um Fahrzeuge aus dem niedrigen Preissegment. Die GmbH führte insoweit eine Lohnversteuerung durch, wobei sie einen Bruttolistenpreis von 23.000 EUR zugrunde legte.

Die GmbH hat einen Verkäufer wegen eines Verstoßes gegen die arbeitsvertragliche Nutzungsregelung am 27. Oktober 2005 schriftlich abgemahnt. Dieser Verkäufer hatte während seiner Urlaubszeit einen Vorführwagen auf Rechnung der GmbH an der Vertragstankstelle in unmittelbarer Nähe der Filiale für private Zwecke betankt.

Im Anschluss an eine Lohnsteueraußenprüfung bei der GmbH ging der Beklagte (das Finanzamt) von einer privaten Nutzung(smöglichkeit) der Vorführwagen durch den Kläger aus und setzte in dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid des Streitjahres vom 10. Oktober 2006 hierfür bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers einen zusätzlichen geldwerten Vorteil in Höhe von 2.962 EUR an. Da nicht mehr geklärt werden konnte, welche Vorführwagen dem Kläger zuzurechnen waren, schätzte das Finanzamt den geldwerten Vorteil ausgehend von einem für 1998 ermittelten durchschnittlichen Bruttolistenpreis der Vorführwagen des niedrigen Preissegments von 45.000 DM, der um jährlich 5 v. H. erhöht wurde. Auf diesen Bruttolistenpreis wendete das Finanzamt die sog. 1 v. H. - Regelung (§ 8 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EinkommensteuergesetzEStG) bzw. den Prozentsatz für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (§ 8 Abs. 2 Satz 3 EStG) an.

Die Einnahmeerhöhung setzt sich wie folgt zusammen (Angaben in EUR):

2003

Bruttolistenpreis

29.300

1 v. H. -Regelung

2.637

Fahrten W-A

325,38

Summe

2.962

Während des Einspruchsverfahrens erklärte die Geschäftsleitung der GmbH gegenüber dem Finanzamt, das Nutzungsverbot werde durch das Festhalten der Kilometerstände der Vorführwagen in den jeweiligen Filialen überprüft. Dazu teile der Verkäufer in seiner Filiale wöchentlich schriftlich oder mündlich den Kilometerstand mit. Diese Daten würden per Fax an die Hauptniederlassung übermittelt und dort – meist donnerstags – in Excel-Dateien für jeden Vorführwagen gesondert erfasst. Die Geschäftsleitung überprüfe die Angaben montags, teilweise durch Abgleich mit Übergabeprotokollen für Probef...

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