Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückwirkende Anwendung des § 8b Abs. 10 KStG im Jahr 2007

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zur Unterscheidung zwischen sog. echter Rückwirkung (Rückbewirkung von Rechtsfolgen) und unechter Rückwirkung (tatbestandliche Rückanknüpfung).
  2. Im Sachbereich des Steuerrechts liegt eine echte Rückwirkung nur vor, wenn der Gesetzgeber eine bereits entstandene Steuerschuld nachträglich abändert.
  3. Für das ESt- und KSt-Recht bedeutet das, dass die Änderung von Normen mit Wirkung für den laufenden VZ der unechten Rückwirkung zuzuordnen ist, da die Steuer erst mit Ablauf des VZ, d. h. des Kj, entsteht.
  4. Die Anwendung des § 8b Abs. 10 KStG auf im Jahr 2007 verwirklichte Sachverhalte führt daher nur zu einer unechten Rückwirkung.
 

Normenkette

KStG § 8b Abs. 10

 

Streitjahr(e)

2007

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Anwendung des § 8b Abs. 10 Körperschaftsteuergesetz (KStG) im Streitjahr 2007.

Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft. Unternehmensgegenstand ist die Entwicklung, Fertigung und der Vertrieb von … .

Am 8. Januar 2007 schloss die Klägerin mit der D Bank einen Rahmenvertrag für Wertpapierdarlehen, in dessen Abwicklung folgende Wertpapiergeschäfte getätigt wurden:

  1. Wertpapierdarlehen vom 8. Januar 2007 bis zum 22. Januar 2007 über 867.502 Aktien der T AG.
  2. Wertpapierdarlehen vom 22. Januar 2007 bis zum 13. Februar 2007 über 7.183.045 Aktien der S Group.

Aus den geliehenen Wertpapieren erhielt die Klägerin am 22. Januar 2007 eine Dividendengutschrift über 867.502 € (T AG) und am 7. Februar 2007 über 264.012,93 € (S Group, zahlbar am 9. März 2007). Entsprechend der Vereinbarung mit der D Bank leistete die Klägerin an die D Bank Kompensationszahlungen i.H.v. der erhaltenen Dividenden zzgl. einer Leihgebühr von 70.916 €, insgesamt 1.202.656 €.

In ihrer Körperschaftsteuererklärung für 2007 erklärte die Klägerin die Dividendengutschriften als steuerfreie Bezüge i.S.d. § 8b Abs. 1 KStG. Jeweils 5 % der Dividende behandelte die Kläger als nicht abziehbare Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG. Die Zahlungen an die D Bank verbuchte die Klägerin in vollem Umfang als Betriebsausgabe.

Dieser Behandlung folgte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) nicht. Im Rahmen der Veranlagung und des anschließenden Einspruchsverfahrens versagte das FA den Betriebsausgabenabzug für die an die D Bank gezahlten Entgelte (Kompensationszahlungen und Leihgebühr) unter Hinweis auf § 8b Abs. 10 KStG. Gleichzeitig verminderte es die nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben nach § 8b Abs. 5 Satz 1 KStG um insgesamt 56.575 € (5 % der Dividenden, 13.200 € und 43.375 €).

Gegen die Anwendung des § 8b Abs. 10 KStG wendet sich die Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit der vorliegenden Klage. Sie ist der Ansicht, dass die Anwendung dieser Norm in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 vorliegend zu einer verfassungswidrigen Rückwirkung führe, da die zur Besteuerung führenden Sachverhalte (Dividendenausschüttungen und Entgeltzahlungen) im Zeitpunkt der Inkrafttretung des Gesetzes im August 2007 bereits vollständig abgeschlossen gewesen seien.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid über Körperschaftsteuer für 2007 vom 8. Januar 2009 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 23. Februar 2009 und der Einspruchsentscheidung vom 9. März 2009 dahingehend zu ändern, dass die Steuer unter Berücksichtigung weiterer Betriebsausgaben i.H.v. 1.202.656 € bei gleichzeitiger Erhöhung der nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben i.H.v. 56.575 € anderweitig niedriger festgesetzt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält an seiner in der Einspruchsentscheidung vertretenen Rechtsauffassung fest. Da es sich vorliegend bei der Anwendung des § 8b Abs. 10 KStG im Streitjahr 2007 um eine sogenannte unechte Rückwirkung handele, sei diese zulässig, da bei der gebotenen Abwägung das Interesse der Allgemeinheit höher einzuschätzen sei als der Vertrauensschutz der Klägerin auf das Fortbestehen der alten Rechtslage.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung -FGO-). Das FA hat die Zahlungen der Klägerin an die D Bank nach § 8b Abs. 10 KStG zu Recht nicht als Betriebsausgabe berücksichtigt.

1. Nach § 8b Abs. 10 Satz 1 KStG in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14. August 2007 (Bundesgesetzblatt I Seite 1912) dürfen die Entgelte, die eine Körperschaft einer anderen für die Überlassung von Anteilen gewährt, nicht als Betriebsausgabe abgezogen werden. Die Zahlungen der Klägerin an die D Bank i.H.v. 1.202.656 € (Kompensationszahlungen und Leihgebühr) hat die Klägerin als Entgelt für die Überlassung von Wertpapieren geleistet. Sie erfüllen damit den Tatbestand des § 8b Abs. 10 Satz 1 KStG. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten zu Recht kein Streit.

Gemäß § 34 Abs. 7 Satz 9 KStG ist die Neuregelung des § 8b Abs. 10 KStG erstmals ab dem Veranlagungszeitraum ...

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