Entscheidungsstichwort (Thema)

Darlehensverträge zwischen nahen Angehörigen (Betriebsmittel- und Investitionskredite) ohne konkrete Rückzahlungsvereinbarung und – vertraglich möglicher – langfristiger Aufstockung der Darlehensverbindlichkeit um nicht gezahlte Zinsen entsprechen nicht dem unter Fremden Üblichen; Angehörige; Fremdvergleich; Darlehensvertrag; Rückzahlungsvereinbarung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Allein der Umstand, dass Darlehensverträge zwischen nahen Angehörigen nicht schriftlich geschlossen werden, führt nicht zur fehlenden Ernstlichkeit des Darlehensverhältnisses.
  2. Schließen nahe Angehörige Darlehensverträge über Betriebsmittel- und Investitionskredite ohne konkrete Rückzahlungsvereinbarung und führt die Nichtauszahlung der Darlehenszinsen lediglich zu einer um die Zinsen erhöhten Darlehensschuld, die ihrerseits zu verzinsen ist, entspricht das nicht den zwischen Fremden üblichen Kriterien.
  3. Mangels steuerrechtlicher Anerkennung der Darlehensverträge ist der Betriebsausgabenabzug in derartigen Fällen zu versagen.
 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4

 

Tatbestand

Streitig ist der Abzug von Darlehenszinsen als (Sonder-)Betriebsausgaben.

Die Klägerin X bewirtschaftete seit 1973 zunächst als Einzelunternehmerin das .....gut G und erzielte insoweit Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Ab 1979 wurde der Betrieb zusammen mit einer weiteren Hofstelle im Rahmen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) von der “Betriebsgemeinschaft (BG) XY” bewirtschaftet. Durch Vertrag vom 30.11.1987 wurden die Betriebe in die GbR “Betriebsgemeinschaft G” eingebracht und zusammen mit Betrieben weiterer Landwirte bewirtschaftet. Das beklagte Finanzamt (FA) beurteilte diesen Vorgang als Beendigung der BG XY und Neugründung der BG G. Dem folgte der erkennende Senat in seinem Urteil vom 29.04.1993 XIV 364/92 zur Frage der Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres für das Wirtschaftsjahr 1987/88.

Bei der Klägerin waren nach Übernahme des Betriebes Bau- und Renovierungsarbeiten angefallen, an deren Finanzierung sich der Ehemann der Klägerin beteiligte. Nach einem Darlehensvertrag vom 30.06.1974 sollten die bis dahin zinslos gewährten Beträge mit 8 % verzinst werden. Der Vertrag sah wahlweise die Auszahlung der Zinsen oder die Zurechnung zur Darlehensschuld vor. In der Bilanz zum 31.12.1975 war eine (Darlehens-)Verbindlichkeit gegenüber dem Ehemann i.H.v. 79.787,31 DM ausgewiesen. Durch privatschriftliches Schreiben vom 01.06.1976 trat der Ehemann der Klägerin seine Forderung zu gleichen Teilen an die damals minderjährigen Kinder A, B und C ab. Im Dezember 1978 überwies die Klägerin den Kindern den bis dahin aufgelaufenen Darlehensstand von 100.657,92 DM zu gleichen Teilen (jeweils 33.552,64 DM) auf deren Sparbücher.

Im März 1979 wurden jeweils 27.000,00 DM von den Sparbüchern an die Klägerin zurück überwiesen und als Darlehensverbindlichkeit passiviert. Angefallene Zinsen wurden den Darlehensständen hinzugerechnet. Am 31.12.1984 überwies die Klägerin 3 x 8.228,25 DM, insgesamt 24.684,75 DM auf Konten ihrer Kinder. Davon wurden bei der Klägerin 9.135,00 DM als Darlehensrückzahlung und 15.369,75 DM als angefallene Schuldzinsen gebucht.

Am 03.01.1985 überwiesen die – inzwischen volljährigen Kinder – jeweils einen Betrag von 7.500,00 DM zurück. Die Summe von insgesamt 22.500,00 DM wurde ebenfalls als Darlehensschuld passiviert. Über die Hingabe dieser Beträge wurden unter dem Datum vom 02.01.1985 drei gleichlautende Darlehensverträge geschlossen. Die Verträge sehen eine Verzinsung von 8 % vor. Die Zinsen sollten jeweils zum Ende eines Kalenderjahres errechnet und ausbezahlt werden. Für den Fall der Nichtauszahlung sollte der um die Zinsen erhöhte Darlehensbetrag mit 8 % verzinst werden. Die Darlehen waren unbefristet und konnten von beiden Vertragsparteien mit einer Frist von 90 Tagen gekündigt werden. Zum 31.12.1985 wurden an jedes Kind 3.115,00 DM Zinsen, insgesamt mithin 9.345,00 DM ausgezahlt. In den übrigen Jahren wurden die Zinsen jeweils der Darlehensschuld zugeschlagen. Die Darlehensschuld entwickelte sich bis zum 30.06.1992 auf insgesamt 214.667,09 DM. Zur Darlehensentwicklung wird auf die Aufstellung im Nebenbericht des Finanzamtes für Großbetriebsprüfung vom 15.10.1993 ABNr.: ....Gew Bezug genommen (Bl. 62 und 52 Bp.-Akte I).

Die Klägerin setzte die Zinsen in den Vorjahren in ihren Gewinnermittlungen als Betriebsausgaben ab. Eine die Wirtschaftsjahre 1981/82 bis 1985/86 umfassende Betriebsprüfung (Bp.) ließ die Zinsen nicht zum Abzug zu (Sonderbericht des Finanzamtes für Großbetriebsprüfung vom 26.04.1988 ABNr. ...-Bl. 29 bis 34 Bp.-Akte I -). Die Bp. führte zur Begründung an, dass den Darlehensverbindlichkeiten ursprünglich keine formwirksamen Vereinbarungen zugrunde gelegen hätten. Die Abtretung der Darlehensforderung an die Kinder sei wegen der fehlenden Bestellung eines Ergänzungspflegers schwebend unwirksam gewesen, weil die unter Anrechnung auf etwaige Pflichtteilsansprüche vorgenommene Abtretung nicht nur zu einem rechtlichen V...

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