Leitsatz

Ein Pflegegebäude, in dem ein Bewohner nicht die tatsächliche Sachherrschaft über seine Unterkunft ausübt, dient nicht Wohnzwecken i.S.d. § 7 Abs. 5 Satz 2 EStG.

 

Normenkette

§ 7 Abs. 5 Satz 2 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist infolge Umwandlung Gesamtrechtsnachfolgerin einer GbR, die in den Streitjahren mehrere bebaute Grundstücke als Seniorenwohnanlage nebst Inventar an eine KG verpachtet hatte. Teil der Anlage sind zwei Pflegegebäude, in denen die KG ein Pflegeheim betreibt. Nach dem Heimvertrag wird den Heimbewohnern Pflege, volle Versorgung und Unterkunft im Pflegebereich gewährt. Anspruch auf Unterkunft in einem bestimmten Zimmer oder in einem Raum mit bestimmter Größe und Ausstattung besteht nicht. Der Heimvertrag wird beendet, wenn keine Pflegebedürftigkeit mehr auf längere Zeit besteht oder wenn sich der Umfang der Pflegebedürftigkeit so verringert hat, dass wesentliche Regelleistungen des Heims nicht mehr erforderlich sind.

Das FA ließ in den Feststellungsbescheiden für die Pflegegebäude die erklärte AfA nach § 7 Abs. 5 Satz 2 EStG 1990 in Höhe von jeweils 7 % der Herstellungskosten als Werbungskosten bei den Einkünften der GbR aus Vermietung und Verpachtung nicht zum Abzug zu, sondern berücksichtigte AfA nach § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG 1990 in Höhe von jeweils 5 % der Herstellungskosten, da die Pflegegebäude nicht Wohnzwecken dienten.

Das FG wies die daraufhin erhobene Klage ab. Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des BFH hat das FG im Streitfall die AfA zu Recht versagt. Denn die Heimbewohner hätten keine Sachherrschaft über ihre Unterkunft, da kein Anspruch auf ein bestimmtes Zimmer bestehe und das Nutzungsverhältnis mit Wegfall der Pflegebedürftigkeit ende.

Vertrauensschutz nach § 176 AO bestehe nicht, da weder eine Rechtsprechungsänderung vorliege noch eine allgemeine Verwaltungsvorschrift als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet worden sei. Vielmehr sei die Finanzverwaltung bereits in Abschn. 42a Abs. 4 Satz 1 EStR 1990 ausdrücklich von der Überlagerung der Wohnzwecke durch überwiegende gewerbliche Zwecke ausgegangen (ebenso BMF, Schreiben vom 11.10.1982, BStBl I 1982, 775, 776, Tz. 11 "Alten- und Pflegeheime" zu § 4b InvZulG).

 

Hinweis

Nach § 7 Abs. 5 Satz 2 EStG 1990 konnten u.a. bei Gebäuden i.S.d. § 7 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG, für die der Bauantrag nach dem 28.2.1989 gestellt worden ist und die vom Steuerpflichtigen hergestellt worden sind, im Jahr der Fertigstellung und in den folgenden drei Jahren 7 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten als AfA abgezogen werden, soweit die Gebäude Wohnzwecken dienen.

1. Ein Gebäude dient Wohnzwecken, wenn es dazu geeignet und bestimmt ist, Menschen auf Dauer Aufenthalt und Unterkunft zu ermöglichen (BFH, Urteil vom 14.3.2000, IX R 8/97, BStBl II 2001, 66). Dies setzt die Eignung der betreffenden Räume zur eigenständigen Haushaltsführung und die tatsächliche und rechtliche Sachherrschaft der Bewohner über sie voraus. Räume, die Wohnzwecken dienen, müssen überdies als Mindestausstattung eine Heizung, eine Küche, ein Bad und eine Toilette enthalten (vgl. BFH, Urteil vom 15.5.2002, X R 36/99, BFH/NV 2002, 1158 m.w.N.).

2. Unter diesen Voraussetzungen können auch Gebäude, in denen Bewohner gepflegt werden, Wohnzwecken dienen.

Dies folgt unmittelbar aus dem Gesetzeszweck des § 7 Abs. 5 EStG 1990, das Angebot auf dem Wohnungsmarkt zu verstärken und eine verbesserte Versorgung mit Mietwohnungen zu erreichen (BTDrucks 11/4688, 10). Dieser Gesetzeszweck wird unabhängig davon erreicht, ob und in welchem Umfang der Bewohner in den als förderungswürdig eingestuften Räumen neben dem Wohnen weitere Dienstleistungen in Anspruch nimmt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 30.9.2003, IX R 2/00

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