OFD Münster, 10.6.2011, Kurzinformation Einkommensteuer Nr. 18/2011

Die Neuregelung gilt nach § 52 Abs. 25 Satz 5 EStG i.d.F. des JStG 2010 erstmals für Verluste, für die nach dem 13.12.2010 eine Erklärung zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags abgegeben wird.

 

1. Rechtliche Darstellung:

Durch das Jahressteuergesetz 2010 wurde § 10d Abs. 4 Satz 4 und Satz 5 EStG neu gefasst. § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG ordnet nunmehr an, dass bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags die Besteuerungsgrundlagen so zu berücksichtigen sind, wie sie den Steuerfestsetzungen des Veranlagungszeitraums, auf dessen Schluss der verbleibende Verlustvortrag festgestellt wird, und des Veranlagungszeitraums, in dem ein Verlustrücktrag vorgenommen werden kann, zu Grunde gelegt worden sind. Eine entsprechende Anwendung der Regelungen in § 171 Abs. 10 (Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist des Folgebescheids), § 175 Abs. 1 Nr. 1 (Änderung von Folgebescheiden zur Anpassung an den Grundlagenbescheid) und § 351 Abs. 2 AO (Anfechtungsbeschränkung des Folgebescheids) und § 42 FGO (Anfechtungsbeschränkung des Folgebescheids) lässt der jeweiligen Steuerfestsetzung die Wirkung eines Grundlagenbescheids (§ 182 AO) für die Verlustfeststellung zukommen.

Mit der Neufassung des § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG wird somit eine inhaltliche Bindung des Verlustfeststellungsbescheids an den Einkommensteuerbescheid erreicht, obwohl er verfahrensrechtlich kein Grundlagenbescheid ist.

In Anlehnung an das alte Recht sieht der geänderte § 10d Abs. 4 Satz 5 EStG eine Ausnahme von der Bindungswirkung der Steuerfestsetzung vor. Die Besteuerungsgrundlagen dürfen bei der Feststellung nur insoweit abweichend von § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG berücksichtigt werden, wie die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerbescheide ausschließlich mangels Auswirkung auf die Höhe der festzusetzenden Steuer unterbleibt.

Folglich darf die erstmalige oder korrigierte Verlustfeststellung ausnahmsweise unabhängig von der Steuerfestsetzung zugrunde gelegten Besteuerungsgrundlagen erfolgen, wenn die Korrektur des Steuerbescheids dem Grunde nach (d.h. nach dem steuerlichen Verfahrensrecht) möglich wäre und nur deshalb unterbleibt, weil sich die Höhe der festzusetzenden Steuer nicht ändert.

 

2. Anwendungsbereich:

Fälle mit steuerlicher Auswirkung im Steuerbescheid

  • erstmalige/geänderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags: Die Besteuerungsgrundlage muss betragsmäßig im Steuerbescheid für das Verlustentstehungsjahr berücksichtigt worden sein (Ansatz im Verlustfeststellungsbescheid ggf. unter Abzug eines durchgeführten Verlustrücktrages).

Beispiel: Der Steuerpflichtige reicht seine Einkommensteuererklärung 2010 ein und erklärt lediglich Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 EStG in Höhe von 30.000 EUR. Nachdem der daraufhin erlassene Einkommensteuerbescheid bestandskräftig wird, beantragt der Steuerpflichtige die Berücksichtigung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 EStG in Höhe von – 45.000 EUR. Unter der Annahme, dass keine Änderungsvorschrift nach den §§ 172 ff bzw. § 129 AO greift, kann dieser Verlust nicht nachträglich berücksichtigt werden. Auch der erstmalige Erlass eines Verlustfeststellungsbescheides kann nicht erfolgen, da die Besteuerungsgrundlage nicht im Einkommensteuerbescheid berücksichtigt wurde (§ 10d Abs. 4 Satz 4 EStG n.F.). Die Voraussetzungen des Satzes 5 des § 10d Abs. 4 EStG n.F. sind ebenfalls nicht erfüllt.

Fälle ohne steuerliche Auswirkung im Steuerbescheid

  • erstmalige/geänderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags: Die betragsmäßige Korrektur der Steuerfestsetzung unterbleibt ausschließlich mangels steuerlicher Auswirkung.
 

3. Kein Anwendungsbereich:

§ 10d Abs. 4 Satz 4 und 5 EStG i.d.F. des JStG 2010 hat für den Verlustrücktrag keinerlei Bedeutung. Denn die im Steuerbescheid „zugrunde gelegten” (§ 10d Abs. 4 Satz 4 EStG) Besteuerungsgrundlagen sind nur für die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages bindend.

Da die Neufassung eine Regelung im Zusammenhang mit der betragsmäßig zu berücksichtigen Besteuerungsgröße betrifft, sind etwaige andere Punkte der Verlustfeststellung nicht von dieser Art von Bindungswirkung betroffen (vgl. beispielhafte Aufzählung unter Punkt 4). Der Gesetzgeber hat hier lediglich eine Verknüpfung hinsichtlich der Verlusthöhe zwischen Steuerbescheid und Verlustfeststellung hergestellt.

 

4. Vorgehensweise bei Einsprüchen gegen die Verlustfeststellung:

Ob ein Einspruch gegen den Verlustfeststellungsbescheid die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 358 AO erfüllt, ist anhand der o.g. Ausführungen zu prüfen. Die nachstehenden Fallgestaltungen sollen dies verdeutlichen:

  • Legt der Steuerpflichtige Einspruch gegen den Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags ein und begehrt eine geänderte Feststellung der Höhe nach, ist der Einspruch gem. § 351 Abs. 2 AO in Verbindung mit § 10d Abs. 4 Satz 4 2. Halbsatz EStG n.F. unzulässig. Der Steuerpflichtige muss gegen die Steuerfestset...

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