Leitsatz

Sind Schuldner und Gläubiger von Kapitalerträgen Geschwister, kommt der Abgeltungssteuersatz von 25 % nicht zur Anwendung. Aufgrund der typisierenden Betrachtungsweise ist unerheblich, ob die Geschwister sich tatsächlich nahe stehen. Die Regelung ist nicht verfassungswidrig.

 

Sachverhalt

Die Klägerin veräußerte Beteiligungen an ihren Bruder. Der Kaufpreis war in Raten zu zahlen und verzinslich. Der Erwerber zahlte im Streitjahr die erste und zweite Rate zuzüglich Zinsen. Die Klägerin erklärte in der Einkommensteuererklärung die Zinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen, die dem Abgeltungssteuersatz von 25 % unterfallen. Das Finanzamt unterwarf die Einkünfte der tariflichen Einkommensteuer, weil die Zinsen von einer nahe stehenden Person stammten und bei dieser als Betriebsausgaben abzugsfähig seien.

 

Entscheidung

Der Abgeltungssteuersatz findet keine Anwendung, weil Gläubiger und Schuldner einander nahe stehende Personen sind.

Der Begriff der nahe stehenden Person ist zwar gesetzlich nicht definiert. Nach der Gesetzesbegründung soll ein Näheverhältnis vorliegen, wenn von irgendeiner Seite ein beherrschender Einfluss ausgeübt werden kann. Nach Auffassung des FG ist eine enge familienrechtliche Beziehung (Angehörige nach § 15 Abs. 1 Nr. 4 AO) typischerweise dazu geeignet, den zwischen fremden Dritten bestehenden Interessengegensatz einzuschränken oder aufzuheben. Ob die Klägerin und ihr Bruder tatsächlich einander nahe stehen, ist in Anbetracht der typisierenden Betrachtungsweise des Gesetzes unerheblich.

Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Kläger gegen § 32d Abs. 2 Satz 1 Buchst. a EStG teilt der Senat nicht.

 

Hinweis

Das Urteil reiht sich in eine Reihe im Ergebnis gleichlautender FG-Entscheidungen ein.

Außer dem FG München, Urteil v. 26.2.2013, 11 K 2365/10) hat bereits das Niedersächsische FG in seinem Urteil v. 18.6.2012, 15 K 417/10 die Auffassung vertreten, dass bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen Zinseinnahmen von nahen Angehörigen i. S. des § 15 AO nicht dem Abgeltungssteuersatz unterliegen. Alle FG gehen übereinstimmend von der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift aus. Der BFH hat über die Rechtsfrage zu entscheiden (VIII R 9/13).

 

Link zur Entscheidung

FG Baden-Württemberg, Urteil vom 16.04.2013, 8 K 3100/11

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