Rz. 9

ESRS 1.2 fordert von den Anwendern die Offenlegung aller wesentlichen Informationen zu nachhaltigkeitsbezogenen Auswirkungen, Risiken und Chancen des Unternehmens gemäß den geltenden ESRS. Diese Zielsetzung ist breiter als in IFRS S1.1 formuliert, wo die Bereitstellung von für die primären Adressaten entscheidungsnützlichen Informationen über die wesentlichen nachhaltigkeitsbezogenen Risiken und Chancen, denen das berichtende Unternehmen ausgesetzt ist, gefordert wird. Daraus resultieren bereits die zwei grundsätzlichen Unterschiede, die sich auch im Folgenden immer wieder zeigen werden:

  • Erstens werden nach den ESRS auch die Auswirkungen des Unternehmenshandelns explizit mit einbezogen, d. h. die Inside-Out-Perspektive, und nicht nur die (entscheidungsnützlichen) Risiken und Chancen.
  • Zweitens umfasst der Adressatenkreis analog zu GRI 101-1.1 alle Stakeholder bis hin zu der gesamten Öffentlichkeit und nicht nur die Investoren und Gläubiger, wie nach den IFRS oder aber auch nach dem IIRC-Framework für eine integrierte Berichterstattung.[1]

Das Unternehmen legt nach ESRS 1.4–11 wesentliche nachhaltigkeitsbezogene Informationen offen, die branchenunabhängige (primär nach den ESRS), branchenspezifische (noch zu standardisieren durch EFRAG) und unternehmensspezifische (wenn konkret benötigt) Informationen umfassen.

[1] Vgl. IIRC-Framework (2021), abrufbar unter https://www.integratedreporting.org/resource/international-ir-framework/, Abruf 19.12.2023, sowie bereits Müller/Stawinoga, PiR 2013, S. 271 ff.

3.2.1 Anwendung der CSRD

 

Rz. 10

Um den Forderungen der EU-Nachhaltigkeitsberichterstattung zu entsprechen, müssen die Unternehmen die vorgeschriebenen Konzepte der CSRD einhalten:[1]

Informationsqualität: Zu meldende Informationen müssen relevant, wahrheitsgetreu dargestellt, vergleichbar, überprüfbar und verständlich sein (ESRS 1.19f.). Was als üblich für die Lage- und Finanzberichterstattung anzusehen ist, ist gerade im Nachhaltigkeitskontext häufig nicht einfach zu erreichen, da es schlicht an geeigneten erprobten Abbildungssystemen dazu mangelt, die zügig aufgebaut werden müssen.

Doppelte Wesentlichkeit: Das Unternehmen muss die wesentlichen Informationen melden, die erforderlich sind, damit die Nutzer die Auswirkungen des Unternehmenshandelns auf Nachhaltigkeitsbelange seiner Umwelt (Inside-Out-Perspektive) und der Nachhaltigkeitsbelange auf die Entwicklung, Leistung und Position des Unternehmens (Outside-In-Perspektive) verstehen (ESRS 1.21 ff.).

Sorgfaltspflichten (Nachhaltigkeits-Due-Diligence): Die Unternehmen müssen die tatsächlichen und potenziellen nachteiligen Auswirkungen (grundsätzlich Menschenrechtsverletzungen) im Zusammenhang mit ihrer Geschäftstätigkeit, ihren Produkten oder Dienstleistungen durch ihre eigenen Aktivitäten und ihre Geschäftsbeziehungen identifizieren, bewerten, verhindern, mindern und beheben (ESRS 1.58 ff.).

Berichtsgrenzen inkl. Wertschöpfungskette: Wesentliche tatsächliche oder potenzielle (nachteilige) Auswirkungen, Risiken und Chancen im Zusammenhang mit der Wertschöpfungskette des Unternehmens, einschließlich seiner Produkte und Dienstleistungen, seiner Geschäftsbeziehungen und seiner Lieferkette, sind zu berücksichtigen (ESRS 1.62 ff.).

Zeithorizont: Nachhaltigkeitsbelange sind über einen angemessenen kurz-, mittel- und langfristigen Zeithorizont zu betrachten, der rückblickende und zukunftsgerichtete Informationen enthält (ESRS 1.73 ff.).

 

Rz. 11

Die qualitativen Anforderungen an die Nachhaltigkeitserklärung (ESRS 1.19) unterteilen sich in

  • grundlegende qualitative Merkmale von Informationen (fundamental qualitative characteristics of information):

    • Relevanz (relevance) (ESRS 1.QC1 bis QC4) und
    • wahrheitsgetreue Darstellung (faithfulrepresentation) (ESRS 1.QC5 bis QC9) sowie
  • sich verbessernde qualitative Merkmale von Informationen (enhancing qualitative characteristics of information):

    • Vergleichbarkeit (comparability) (ESRS 1.QC10 bis QC12),
    • Überprüfbarkeit (verifiability) (ESRS 1.QC13 bis QC15) und
    • Verständlichkeit (understandability) (ESRS 1.QC16 bis QC20).

Die Relevanz zielt unmittelbar auf die übergeordnete Zielsetzung der Entscheidungsnützlichkeit ab. Damit eine Information also entscheidungsnützlich ist, muss sie einen der beiden folgenden Werte (oder auch beide gemeinsam) vermitteln:

  • Prädiktiver Wert (predictive value): Eine Information ist dann von prädiktivem (auch: prognostischem) Wert für die Nutzer der Nachhaltigkeitsberichterstattung, wenn sie dafür genutzt werden kann, Einschätzungen und Erwartungen über zukünftige Ergebnisse abzuleiten (ESRS 1.QC2).
  • Bestätigender Wert (confirmatory value): Eine Information ist dann von bestätigendem Wert für die Nutzer der Nachhaltigkeitsberichterstattung, wenn sie demgegenüber Einschätzungen und Erwartungen, die in der Vergangenheit angestellt wurden, bestätigen oder widerlegen kann – somit dient sie der Evaluation (ESRS 1.QC3).

Aus der Relevanz entspringt das Konzept der Wesentlichkeit (ESRS 1.QC4). Um entscheidungsnützlich zu sein, müssen die Information...

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