Leitsatz

Veräußern zwei gewerbliche Unternehmen die im Rahmen einer sog. Mehrmütterorganschaft gehaltenen Anteile an einer Organgesellschaft, so ist der Veräußerungsgewinn nicht etwa wegen der mit der Veräußerung einhergehenden Beendigung der zwischengeschalteten Beherrschungs-GbR steuerfrei, sondern gehört zum Gewerbeertrag der Organträgerinnen.

 

Normenkette

§ 2 Abs. 2 GewStG , § 7 GewStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin war in der Rechtsform einer OHG Organträgerin für zwei Organ-GmbH, an denen sie zu 100 % beteiligt war. Diese beiden GmbH waren ihrerseits je zur Hälfte an einer weiteren (Unter-)GmbH beteiligt und hatten einen Beherrschungsvertrag mit dieser abgeschlossen. Zugleich hatten sie eine GbR als Innengesellschaft gegründet, die Träger der gemeinsamen Willensbildung zur Beherrschung sein sollte.

Im Jahr 1982 veräußerten die beiden GmbH ihre Anteile an der Unter-GmbH und erzielten dadurch einen Gewinn von ca. 6,5 Mio. DM. Die GbR stellte gleichzeitig wegen Erledigung ihres Geschäftszwecks ihre Tätigkeit ein.

Das FA erfasste den Gewinn aus den Anteilsveräußerungen im Gewerbeertrag der Klägerin als Organträgerin. Die Ansicht der Klägerin, der Gewinn sei gewerbesteuerfrei (Abschn. 38 Abs. 3 GewStR 1998), teilten weder FG noch BFH.

 

Entscheidung

Der BFH setzt sich mit verschiedenen Einwänden der Klägerin gegen die Gewerbesteuerpflicht auseinander. Sie betreffen einerseits die Steuerpflicht auf der Ebene der veräußernden GmbH, andererseits die organschaftliche Zurechnung der Gewinne bei der Klägerin.

Die unterschiedliche Behandlung der Veräußerungen von Anteilen an Personen- oder Kapitalgesellschaften benachteilige die beiden GmbH nicht gleichheitswidrig. Allenfalls könne man an der Rechtfertigung der Gewerbesteuerfreiheit des Gewinns aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen zweifeln. Eine Steuerfreiheit könne sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Teilbetriebsveräußerung ergeben, denn mangels einer 100%igen Beteiligung hätten die GmbH keine Teilbetriebe veräußert.

Eine Kürzung bei der Klägerin nach dem gewerbesteuerlichen Schachtelprivileg (§ 9 Nr. 2a GewStG) komme nicht in Betracht, denn diese betreffe nur ausgeschüttete Gewinne.

Die Gewinne seien auch nicht der GbR als Organträgerin zuzurechnen und bei dieser nach Beendigung der gewerblichen Tätigkeit angefallen. Organträger des (Unter-)Organkreises seien allein die beiden GmbH gewesen. Eine zwischengeschaltete GbR könne nur dann selbst Organträger sein, wenn sie eine eigene gewerbliche Tätigkeit entfalte, nicht aber wenn sie nur eine Innengesellschaft zur Sicherung eines einheitlichen Beherrschungswillens sei.

 

Hinweis

1. Der I. Senat des BFH hat bekanntlich mit seinem Urteil vom 9.6.1999, I R 43/97 (BStBl II 2000, 695) seine frühere Rechtsprechung zur Mehrmütterorganschaft aufgegeben und entschieden, dass eine Organschaft unmittelbar mit den Muttergesellschaften besteht. Dieser Rechtsprechung schließt sich nun auch der IV. Senat des BFH an.

Er nutzt die Entscheidung zugleich zur Klarstellung einer Frage, die sich aus den Urteilsgründen des I. Senats ergeben hatte. Dort heißt es, es entspreche den tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten besser, "eine organschaftliche Einbindung der Untergesellschaft nicht nur zu der zwischengeschalteten GbR, sondern unmittelbar zu deren Gesellschaftern für möglich zu halten". Damit ist nicht gemeint, dass regelmäßig eine Organschaft sowohl zur GbR als auch zu den Muttergesellschaften besteht. Die GbR kann vielmehr nur dann Organträger sein, wenn sie selbst einen eigenen Gewerbebetrieb unterhält. Ansonsten ist eine wirtschaftliche Eingliederung nicht vorstellbar. Diese Voraussetzung wird von der zwischengeschalteten GbR in der Regel – wie auch im Streitfall – nicht erfüllt werden.

Beachten Sie aber, dass die neue Rechtsprechung zur Mehrmütterorganschaft von der Finanzverwaltung nicht angewendet wird. Im BMF-Schreiben vom 4.12.2000 (BStBl I 2000, 1571) wird angeordnet, dass im Hinblick auf eine beabsichtigte Gesetzesänderung Altfälle weiter offen zu halten und Neufälle nach der bisherigen Verwaltungsauffassung unter Vorbehalt zu veranlagen sind. Die angekündigte Regelung ist nun in dem Entwurf für ein Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz enthalten, das die Schaffung eines § 14 Abs. 2 KStG vorsieht, der die bisherige Verwaltungsmeinung festschreibt. Dies soll auch rückwirkend gelten (§ 34 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 KStG-E). Gegen die rückwirkende gesetzliche Korrektur der Rechtsprechung werden gewichtige verfassungsrechtliche Bedenken geäußert (insbesondere Kirchhof/Raupach, DB 2001, Beilage 3).

2. Die Entscheidung streift auch die Gewerbesteuerbefreiung für Gewinne aus der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen. Gehören die Anteile an einer Mitunternehmerschaft zu einem Betriebsvermögen, wird seit einem BFH-Urteil aus dem Jahr 1962 ein Veräußerungsgewinn dort gewerbesteuerlich nicht erfasst, wenn er sich dem Grund nach bereits im Gewerbeertrag der Mitunternehmerschaft niederschlagen müsste.

Das ist nicht der Fall, wenn die Per...

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