1.2.1 Handelsrecht

 

Rz. 8

Gesetzliche Bilanzierungsgebote in Einzelbestimmungen

Besondere gesetzliche Bilanzierungsgebote bestehen für folgende Posten:

  • Entgeltlich erworbener (sogenannter derivativer) Geschäfts- oder Firmenwert. Er gilt als zeitlich begrenzt nutzbarer Vermögensgegenstand (§ 246 Abs. 1 Satz 4 HGB) und ist daher nach dem Vollständigkeitsgrundsatz (§ 246 Abs. 1 Satz 1 HGB) zu aktivieren.
  • Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten (§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB).
  • Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften (§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB).
  • Rückstellungen für im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung, die im folgenden Geschäftsjahr innerhalb von 3 Monaten nachgeholt werden (§ 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HGB).
  • Rückstellungen für im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden (§ 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HGB).
  • Rückstellungen für Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden (§ 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HGB).
  • Aktive Rechnungsabgrenzungsposten für Ausgaben vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen (§ 250 Abs. 1 HGB).
  • Passive Rechnungsabgrenzungsposten für Einnahmen vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen (§ 250 Abs. 2 HGB).
 

Rz. 9

Allgemeine gesetzliche Bilanzierungsgebote

Im HGB gibt es folgende Bilanzierungsgebote, die nicht nur für einzelne bestimmte Posten, sondern allgemein gelten:

  • Aufstellung einer Eröffnungsbilanz zu Beginn des Handelsgewerbes und eines Jahresabschlusses für den Schluss eines jeden Geschäftsjahrs (§ 242 Abs. 1 Satz 1 HGB) sowie einer Gewinn- und Verlustrechnung für den Schluss eines jeden Geschäftsjahrs (§ 242 Abs. 2 HGB).
  • Aufstellung des Jahresabschlusses nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung, insbesondere unter Beachtung des Klarheitsgrundsatzes (§ 243 Abs. 1 und 2 HGB).
  • Aufstellung des Jahresabschlusses innerhalb der einem ordnungsmäßigen Geschäftsgang entsprechenden Zeit (§ 243 Abs. 3 HGB).
  • Aufnahme sämtlicher Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten, Aufwendungen und Erträge (Vollständigkeitsgrundsatz) im Jahresabschluss (§ 246 HGB).
  • Gebot des gesonderten Ausweises der Posten in der Bilanz und ihrer hinreichenden Gliederung (§ 247 Abs. 1 HGB).
 

Rz. 10

Bilanzierungsgebote nach den GoB

Es gibt handelsrechtliche Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung, welche die Aktivierung oder die Passivierung vorschreiben. Sie haben also ein Aktivierungsgebot oder ein Passivierungsgebot zum Inhalt.

Zum Beispiel schreiben folgende Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung eine Aktivierung oder Passivierung in der Handelsbilanz vor:[1]

  • Vollständigkeitsgrundsatz,
  • Realisationsprinzip,
  • Imparitätsprinzip und
  • Grundsatz der Periodenabgrenzung.

1.2.2 Steuerrecht

1.2.2.1 Steuerrechtliche Sondervorschriften

 

Rz. 11

Die Geltung der sich aus handelsrechtlichen Einzelbestimmungen ergebenden Bilanzierungsgebote (Rz. 8 ff.) wird in erster Linie durch die steuerrechtlichen Sondervorschriften in § 5 Abs. 25 EStG eingeschränkt.

  • Für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, sind Verbindlichkeiten (Rz. 8 Pkt. 4) oder Rückstellungen (Rz. 8 Pkt. 2) erst anzusetzen, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind (§ 5 Abs. 2a EStG).
  • Einschränkung der Rückstellungen (Rz. 8 Pkt. 2) für Verletzungen fremder Patent-, Urheber oder ähnlicher Schutzrechte (§ 5 Abs. 3 EStG).
  • Besondere Voraussetzungen für Rückstelllungen (Rz. 8 Pkt. 2) für Dienstjubiläen (§ 5 Abs. 4 EStG).
  • Verbot der Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften (Rz. 8 Pkt. 3) mit Ausnahme für drohende Verluste aus im Rahmen von Bewertungseinheiten abgeschlossenen Sicherungsgeschäften (§ 5 Abs. 4a EStG).
  • Verbot von Rückstellungen (Rz. 8 Pkt. 2) für Aufwendungen, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts sind (§ 5 Abs. 4b Satz 1 EStG).
  • Verbot der Rückstellungen (Rz. 8 Pkt. 2) für die Verpflichtung zur schadlosen Verwertung radioaktiver Reststoffe und ausgebauter oder abgebauter radioaktiver Anlagenteile, soweit Aufwendungen im Zusammenhang mit der Bearbeitung oder Verarbeitung von Kernbrennstoffen stehen, die aus der Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe gewonnen worden sind und keine radioaktiven Abfälle darstellen (§ 5 Abs. 4b Satz 2 EStG).
  • Außer den aktiven Rechnungsabgrenzungsposten für Ausgaben vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen (Rz. 8 Pkt. 8), sind aktive Rechnungsabgrenzungsposten anzusetzen für als Aufwand berücksichtigte Zölle und Verbrauchsteuern, soweit sie auf am Abschlussstichtag auszuweisende Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens entfallen und für als Aufwand berücksichtigte Umsatzsteuer auf am Abschlussstichtag auszuweisende Anzahlungen (§ 5 Abs. 5 Satz 2 EStG).

1.2.2.2 Systembedingte Vorbehalte

 

Rz. 12

Handelsrechtliche Widmung zum Geschäftsvermögen

Handelsrechtlich sind nur die Vermögensgegenstände und Schul...

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