1.2.2.1 Steuerrechtliche Sondervorschriften

 

Rz. 11

Die Geltung der sich aus handelsrechtlichen Einzelbestimmungen ergebenden Bilanzierungsgebote (Rz. 8 ff.) wird in erster Linie durch die steuerrechtlichen Sondervorschriften in § 5 Abs. 25 EStG eingeschränkt.

  • Für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, sind Verbindlichkeiten (Rz. 8 Pkt. 4) oder Rückstellungen (Rz. 8 Pkt. 2) erst anzusetzen, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind (§ 5 Abs. 2a EStG).
  • Einschränkung der Rückstellungen (Rz. 8 Pkt. 2) für Verletzungen fremder Patent-, Urheber oder ähnlicher Schutzrechte (§ 5 Abs. 3 EStG).
  • Besondere Voraussetzungen für Rückstelllungen (Rz. 8 Pkt. 2) für Dienstjubiläen (§ 5 Abs. 4 EStG).
  • Verbot der Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften (Rz. 8 Pkt. 3) mit Ausnahme für drohende Verluste aus im Rahmen von Bewertungseinheiten abgeschlossenen Sicherungsgeschäften (§ 5 Abs. 4a EStG).
  • Verbot von Rückstellungen (Rz. 8 Pkt. 2) für Aufwendungen, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts sind (§ 5 Abs. 4b Satz 1 EStG).
  • Verbot der Rückstellungen (Rz. 8 Pkt. 2) für die Verpflichtung zur schadlosen Verwertung radioaktiver Reststoffe und ausgebauter oder abgebauter radioaktiver Anlagenteile, soweit Aufwendungen im Zusammenhang mit der Bearbeitung oder Verarbeitung von Kernbrennstoffen stehen, die aus der Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe gewonnen worden sind und keine radioaktiven Abfälle darstellen (§ 5 Abs. 4b Satz 2 EStG).
  • Außer den aktiven Rechnungsabgrenzungsposten für Ausgaben vor dem Abschlussstichtag, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen (Rz. 8 Pkt. 8), sind aktive Rechnungsabgrenzungsposten anzusetzen für als Aufwand berücksichtigte Zölle und Verbrauchsteuern, soweit sie auf am Abschlussstichtag auszuweisende Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens entfallen und für als Aufwand berücksichtigte Umsatzsteuer auf am Abschlussstichtag auszuweisende Anzahlungen (§ 5 Abs. 5 Satz 2 EStG).

1.2.2.2 Systembedingte Vorbehalte

 

Rz. 12

Handelsrechtliche Widmung zum Geschäftsvermögen

Handelsrechtlich sind nur die Vermögensgegenstände und Schulden zu bilanzieren, die sachlich dem unternehmerischen Bereich zuzurechnen sind. Hiernach ist das Unternehmens- oder Geschäftsvermögen vom Privatvermögen des Kaufmanns abzugrenzen.[1]

Ein Einzelkaufmann kann Vermögensgegenstände, die ihrer Art nach sowohl Privat- als auch Betriebsvermögen sein können, seinem Unternehmen widmen. Das muss äußerlich erkennbar bekundet werden, z. B. durch eine entsprechende Behandlung in der Buchführung.[2]

Handelsrechtlich gilt die Vermutung, dass alle von einem Kaufmann vorgenommenen Rechtsgeschäfte dem Betrieb seines Handelsgewerbes zuzurechnen sind (§ 344 Abs. 1 HGB). Durch Handelsgeschäfte erworbene Vermögensgegenstände oder begründete Verbindlichkeiten rechnen also handelsrechtlich im Zweifel zum Geschäftsvermögen des Betriebs des Handelsgewerbes.[3]

 

Rz. 13

Steuerrechtliche Unterscheidung zwischen Betriebsvermögen und Privatvermögen

Steuerrechtlich ist streng zwischen dem Betriebsvermögen und dem Privatvermögen zu unterscheiden. Bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich sind die Entnahmen aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen und umgekehrt die Einlagen aus dem Privatvermögen in das Betriebsvermögen zu berücksichtigen (§ 4 Abs. 1 EStG).

Daraus ergeben sich die strengen Abgrenzungen zwischen notwendigem Betriebsvermögen, Privatvermögen und gewillkürtem Betriebsvermögen. Das wird gewährleistet durch die Vorschriften über die Entnahmen und Einlagen, deren Befolgung bei der Besteuerung ausdrücklich durch Gesetz geboten wird (§ 5 Abs. 6 EStG).

 

Rz. 14

Betriebsvermögen bei Personengesellschaften

Der Einkommensteuer sind nicht die Personengesellschaften, sondern die Gesellschafter unterworfen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Hieraus erklärt sich bei den Personengesellschaften die Sonderbehandlung der Wirtschaftsgüter als Betriebsvermögen (Gesamthandsvermögen und Sonderbetriebsvermögen).[4]

 

Rz. 15

Zum Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft gehörende Wirtschaftsgüter sind grundsätzlich notwendiges Betriebsvermögen, da sie nach §§ 238, 242, 246 HGB, § 5 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz EStG auszuweisen sind. Es gibt daher für gewerblich tätige Personengesellschaften im Rahmen des Gesamthandsvermögens grundsätzlich kein gewillkürtes Betriebsvermögen.

 

Rz. 16

Ist aber die Zugehörigkeit zum Gesellschaftsvermögen nicht oder nicht mehr betrieblich veranlasst, rechnen die betreffenden aktiven oder passiven Wirtschaftsgüter zum Privatvermögen, z. B. wenn ein von der Personengesellschaft abgeschlossener Vertrag den Privatbereich eines Gesellschafters betrifft.[5]

 
Praxis-Beispiel

Die A und B OHG gewährt ihrem Gesellschafter A ein Darlehen zu nicht fremdüblichen Konditionen. Die Darlehensforderung wird als Entnahme der Gesellschafter A und B gebucht und im Privatvermögen der Gesellschaft ausgewiesen. Zahlt A Zinsen, sind das keine Betriebseinnahmen, sondern anteilige Einlagen aller Gesellschafter. Durch...

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