Leitsatz

Bei der Prüfung, ob die den Gesellschafter-Geschäftsführern einer GmbH zugesagten Gewinntantiemen 50 % des Gewinns der Gesellschaft übersteigen, sind dem handelsrechtlichen Jahresüberschuss zur Ermittlung der 50%-Bemessungsgrundlage nicht nur die ertragsabhängigen Steuern und die Tantiemen, sondern auch die steuerlichen Sonderabschreibungen hinzuzurechnen.

 

Sachverhalt

Zwei Gesellschafter-Geschäftsführer halten je 50 % der Geschäftsanteile an einer GmbH. An jeden Geschäftsführer wurde 1995 eine Tantieme von 75.000 DM ausbezahlt.

Die Tantiemezahlungen waren in der Gesellschafterversammlung vom 16.12.1994 mit dem Wortlaut festgesetzt worden: "Die derzeit festgesetzten Geschäftsführergehälter von DM 8.000 bleiben bis auf weiteres bestehen. Für das Jahr 1995 wird eine Tantieme pro Gesellschafter-Geschäftsführer von 75.000 zusätzlich beschlossen".

Das Finanzamt behandelte die Tantieme in der Einspruchsentscheidung in vollem Umfang als verdeckte Gewinnausschüttung. Im Rahmen des finanzgerichtlichen Verfahrens wurde die Höhe der verdeckten Gewinnausschüttung entspr. BMF, Schreiben v. 1.2.2002, BStBl 2002 I S. 219 wie folgt neu berechnet:

Jahresüberschuss lt. Bilanz 833 DM
zzgl. Gewinntantieme 150.000 DM
zzgl. Körperschaftsteuer - 1.141 DM
zzgl. Solidaritätszuschlag 86 DM
zzgl. Kapitalertragsteuer 9.416 DM
Bemessungsgrundlage für die 50 %-Grenze 159.194 DM
davon 50 % 79.597 DM
verdeckte Gewinnausschüttung 70.403 DM

Eine vom Jahresüberschuss abgezogene Sonderabschreibung in Höhe von 449.562 DM blieb bei der Zurechnung unberücksichtigt.

 

Entscheidung

Entsprechend der bisherigen Rechtsprechung besteht eine (rein steuerrechtliche) Regelvermutung, dass eine mehr als 50 %-ige Gewinnbeteiligung über eine Tantiemevergütung gesellschaftsrechtlich veranlasst ist. Darin liegt der Gedanke einer grundsätzlich hälftigen Teilung des erwirtschafteten Erfolgs zwischen der Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschafter-Geschäftsführern zugrunde. Entscheidend ist somit der erwirtschaftete Erfolg mit der Konsequenz, dass rein steuerrechtliche Vorgänge wie der Ansatz von Sonderabschreibungen, die mit tatsächlichen wirtschaftlichen Wertverlusten nichts zu tun haben, keine Berücksichtigung finden können. Wären sie anzusetzen, würde nicht der erwirtschaftete Erfolg zur Bemessungsgrundlage gemacht, sondern eine von tatsächlichen Vorgaben abweichende Subventionsregelung. Die Wohltat, die mit der Sonderabschreibung beabsichtigt ist, würde sich bei den Gesellschafter-Geschäftsführergehältern ins Gegenteil verkehren. Die Behandlung von Gesellschafter-Geschäftsführergehältern als verdeckte Gewinnausschüttungen wäre noch dazu von bloßen Zufällen abhängig, je nachdem in welcher Höhe Sonderabschreibungen in Anspruch genommen werden.

Indem der BFH in seiner Rechtsprechung auf den "handelsrechtlichen Jahresüberschuss" abstellt und nicht auf den Jahresüberschuss lt. Steuerbilanz, lässt er die Möglichkeit der Auslegung dahingehend offen, dass für die Ermittlung "des erwirtschafteten Erfolgs" und damit des wirtschaftlich tatsächlichen Sachverhaltes auf den handelsrechtlichen Jahresüberschuss vor Korrektur durch die für Steuerzwecke gewählte Sonderabschreibung abgestellt wird. Der Grundsatz der umgekehrten Maßgeblichkeit der Steuerbilanz für die Handelsbilanz (§ 5 Abs. 1 Satz 2 EStG) wird dadurch nicht unterlaufen, es wird lediglich dem Anliegen des Bundesfinanzhofs Rechnung getragen, dass der tatsächliche wirtschaftliche Jahreserfolg bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die 50 %-Grenze Anwendung findet.

Damit ist die vom Finanzamt ermittelte 50 %-Grenze von 79.597 DM um 224.781 DM (= ½ von 449.562 DM) auf 304.378 DM zu erhöhen mit der Folge, dass die Tantiemezahlungen über 150.000 DM diese Grenze unterschreiten und ein Ansatz von verdeckten Gewinnausschüttungen entfällt.

 

Hinweis

Das Finanzgericht legt den Begriff des handelsrechtlichen Jahresüberschusses anders aus als die gängige Praxis in der Finanzverwaltung. Es hat jedoch die Revision ausdrücklich zugelassen, sodass noch nicht endgültige Klarheit herrscht.

Trotzdem kann in vergleichbaren Fällen nur empfohlen werden, Rechtsmittel einzulegen und ggf. auf das Revisionsverfahren beim BFH unter dem Az. I R 72/05 hinzuweisen.

 

Link zur Entscheidung

Sächsisches FG, Urteil vom 05.07.2005, 4 K 1926/00

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