Leitsatz

1. Wird eine Gehaltsforderung des Arbeitnehmers dadurch erfüllt, dass dieser mit seinem Arbeitgeber einen Kaufvertrag über eine Eigentumswohnung abschließt und der Kaufpreis mit der fälligen Gehaltsforderung verrechnet wird, stellt sich dann jedoch heraus, dass der Kaufvertrag zivilrechtlich mangels Eintragung des Arbeitnehmers im Grundbuch nicht erfüllt wurde, kann die Veräußerung der Eigentumswohnung durch den Arbeitgeber im Weg der Zwangsversteigerung nicht als Arbeitslohnrückzahlung angesehen werden.

2. Arbeitslohnrückzahlungen sind nur dann anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber die Leistungen, die bei ihm als Lohnzahlungen zu qualifizieren waren, zurückzahlt (Anschluss an BFH-Urteil vom 12.11.2009, VI R 20/07, BFH/NV 2010, 719, BFH/PR 2010, 218). Der Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis wird durch den Abschluss des Kaufvertrags unterbrochen.

 

Normenkette

§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG

 

Sachverhalt

K war bei A angestellt. A konnte aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten Ks Gehalt nicht zahlen. K erwarb darauf von A mit notariellem Kaufvertrag eine Eigentumswohnung (ETW), die auf einem Grundstück der A errichtet werden sollte. Der Kaufvertrag sah vor, dass die A die noch nicht erfüllte Gehaltsforderungen des K (45 716 DM aus 1996, 39 196 DM aus 1997) mit der Kaufpreissumme für die Eigentumswohnung verrechnen konnte. Das FA war von einer Verrechnung der Gehaltsforderungen ausgegangen und hatte in 1996 und 1997 eine Sachzuwendung angenommen und entsprechende Lohneinkünfte angesetzt.

K nutzte ab 30.06.1996 die ETW und erklärte hieraus Vermietungseinkünfte. K wurde allerdings nicht als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen, da die finanzierende Bank der A ihre Grundpfandrechte nicht aufgab. 1999 fiel A in Insolvenz. Im Insolvenzverfahren wurde 2003 die von K genutzte ETW in der Zwangsversteigerung von einem Dritten erworben. K beantragte die Änderung des ESt-Bescheids 2003, weil ihm durch die Zwangsversteigerung das wirtschaftliche Eigentum an der ETW und mithin auch der damalige Arbeitslohn entzogen worden sei, sodass negative Einnahmen aus nicht selbstständiger Arbeit in Ansatz zu bringen seien.

Das FA lehnte dies ab, und auch die Klage blieb erfolglos (Hessisches FG, Urteil vom 13.11.2007, 13 K 3176/06, Haufe-Index 2153868).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Klage ebenfalls ab, allerdings nicht aus den vom FG herangezogenen Gründen, sondern aus den unter Praxis-Hinweisen dargestellten Erwägungen.

 

Hinweis

Der VI. Senat wendet im Besprechungsfall die Grundsätze an, die er insbesondere in den Urteilen zu Beitragsleistungen an Zusatzversorgungskassen (BFH, Urteil vom 07.05.2009, VI R 37/08, BFH/NV 2009, 1513, BFH/PR 2009, 372) und Unfallversicherungen (BFH, Urteil vom 11.12.2008, VI R 9/05, BFH/NV 2009, 474, BFH/PR 2009, 135) sowie in der Entscheidung, dass Gewinnausschüttungen einer Versorgungskasse keine Arbeitslohnrückzahlungen sind (BFH, Urteil vom 12.11.2009, VI R 20/07, BFH/NV 2010, 719, BFH/PR 2010, 218), entwickelt hatte.

1. Die grundlegende Differenzierung lautet: Lohn ist von damit Erworbenem zu unterscheiden. Das mit dem Lohn Erworbene gründet auf einer neuen, vom Arbeitsverhältnis unabhängigen Rechtsbeziehung, die in keinem einkommensteuerrechtlich erheblichen Veranlassungszusammenhangzum Arbeitsverhältnis mehr steht. Kommt es bei dieser vom Arbeitsverhältnis unabhängigen Rechtsbeziehung zu einer zivilrechtlichen Leistungsstörung, besteht kein Veranlassungszusammenhang mehr zum Arbeitsverhältnis, sodass bei entsprechenden Verlusten keine Werbungskosten und keine negativen Einnahmen anzusetzen sind. Umgekehrt sind indessen auch bei gewinnbringenden, nachfolgenden Geschäften keine Lohneinkünfte gegeben. Hätte K im Streitfall die ETW mit Gewinn veräußert, wäre auch das lohnsteuerrechtlich unerheblich gewesen.

2. Hier war mit dem Verlust der ETW Ks privater Vermögensbereich betroffen. Eine Arbeitslohnrückzahlung hätte man (allenfalls) annehmen können, wenn es sich um Rückflüsse an A handelte, sich der Vorgang also als "actus contrarius" zur Lohnzahlung darstellte. Der Verlust der ETW gründete aber auf dem zum Arbeitsverhältnis rechtlich eigenständigen nicht erfüllten Kaufvertrag.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 10.08.2010 – VI R 1/08

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