Leitsatz

Liefern private Obsterzeuger Äpfel an eine Kelterei und erhalten hierfür beim Bezug von Säften ohne Apfelanteil einen Preisnachlass, liegt keine außerhalb des umsatzsteuerlichen Leistungsaustausches erfolgende Materialbeistellung vor. Es wird vielmehr ein Tausch mit Baraufgabe begründet, bei dem sich die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage aus dem entrichteten Entgelt und dem Wert der gelieferten Äpfel zusammensetzt.

 

Sachverhalt

Der Kläger betreibt eine Kelterei. Zur Erntezeit liefern unter anderem Privatpersonen ihre eigenen Äpfel. Hierfür erhalten sie kein Bargeld, sondern können die vom Kläger produzierten Obstsäfte billiger beziehen. Soweit die Privatpersonen im Gegenzug zu ihrer Lieferung Apfelsaft erhalten haben, gingen die Prozessparteien übereinstimmend von einer Materialbeistellung aus. Diese begründet keinen Leistungsaustausch und unterliegt daher nicht der Umsatzsteuer. Streitig sind hingegen Fälle, in welchen Kunden Mischsäfte mit Apfelanteil oder Säfte ohne Apfelanteil bezogen haben. Im Rahmen einer Betriebsprüfung ging die Finanzverwaltung hier von einem Tausch mit Baraufgabe aus. Dementsprechend bezog sie auch den Wert der gelieferten Äpfel mit in die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage ein. Nach Ansicht des Klägers stellen auch diese Fälle eine Materialbeistellung dar, da es sich jeweils um Früchte bzw. Fruchtsaft handele. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob er Klage.

 

Entscheidung

Das Gericht folgte dem Finanzamt und wies die Klage als unbegründet ab. In den streitbefangenen Umsätzen hat der Kläger die nach der Verkehrsauffassung wesensbestimmenden Hauptstoffe (z.B. Orangen) selbst beschafft. Das Entgelt das der Kläger für seine Werklieferung erhalten hatte, bestand aus einer Barzahlung und der Gegenlieferung von Äpfeln durch die Obsterzeuger.

In die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage sind folglich nicht nur die Barzahlungen mit einzubeziehen, sondern auch der Wert der gelieferten Äpfel, die nicht zur Herstellung der gelieferten Säfte verwendet wurden. Nach Ansicht des Gerichts ist nicht von einer Materialbeistellung auszugehen, da die von den Auftraggebern zur Verfügung gestellten Stoffe nicht gegen gleichartige und gleichwertige Stoffe ausgetauscht wurden. Äpfel und andere Obstsorten werden am Markt gesondert gehandelt und bewertet und sind nach der Verkehrsauffassung offenkundig weder gleichartig noch gleichwertig.

 

Hinweis

Zwar ist es zulässig, dass bei einer Materialbeistellung die vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Stoffe ausgetauscht werden. Allerdings muss ein Austausch gegen gleichartige und gleichwertige Stoffe erfolgen. Das eigentliche Schicksal der übergebenen Stoffe ist unbeachtlich.

 

Link zur Entscheidung

Sächsisches FG, Urteil vom 21.12.2011, 4 K 1114/07

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